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Gastfeindschaft

Schon Willi Reichert hat das Lied von den ukrainischen Bauern gesungen, die „lustige Leut“ seien. Aus den Bauern sind nun Kämpfer geworden, die im Verein mit dem russischen Bären in Europa allerlei Unsinn treiben. Jetzt haben sie ein paar OSZE-Militärbeobachter festgesetzt. Die konnte man dieser Tage im Fernsehen beobachten. Sie wirkten verängstigt und angespannt. Ihr Sprecher gab sich große Mühe, den Vorgaben der Geiselnehmer zu entsprechen. Wer kann es ihm verdenken?
Der Chef dieser prorussischen Mafia hat ein ganz besonderes Wort für seine Gefangenen gefunden. Sie seien seine Gäste, gab er kund. Das ist eine sprachliche List mit lateinischer Herkunft, denn zwischen den Wörtern für „Gast“, „Freund“, „Fremder“ und „Feind“ bestehen dort etymologische Zusammenhänge. Offenbar war man sich auch in der Antike nicht immer klar, ob man jemandem freundlich oder feindlich begegnen soll. In der Ost-Ukraine ist die Sache insofern noch klar, als die Festgenommenen Faustpfänder sind, mit denen man beim Westen etwas herausschlagen will. Damit die Gekidnappten mitspielen, gibt man ihnen Kost und Logis und lässt sie in einem Gästehaus übernachten.
Wer weiß, vielleicht werden sie sogar noch echte Gäste. Man kann Putin ja viel vorwerfen, aber seine Gäste, zum Beispiel den alten Kumpel Schröder, behandelt er zuvorkommend. Und vielleicht löst sich nach der Geburtstagsparty das ganze Ukraine-Problem in Wohlgefallen auf, weil der Herrscher im Kreml sich nicht lumpen lässt und dem siebzigjährigen Genossen ein nettes Gastgeschenk macht, dem die Ost-Ukrainer dann nacheifern.

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Plastikmüller

Die schöne Müllerstochter aus dem Märchen konnte Stroh (oder war es Häckerling?) zu Gold spinnen, was sie zu einer attraktiven Partie machte. Auch der Landkreis Böblingen hat eine Goldader entdeckt. Er ist auf Plastikmüll scharf und bietet zwei Verfahren an, wie der Kunststoff zu ihm gelangt: die orangene Tonne und den Wertstoffhof. Dessen Name ist Programm: Die dort abgegebenen Stoffe sind so wertvoll, dass sie in Geld umgewandelt werden können.

Und welche Rolle spielen dabei wir Bürger? Wir sind die dienstbare Familie Müller. Wir sind die Bringschuldner, wir müssen das Wertvolle zum Wertstoffhof tragen oder fahren. „Bringen bringt’s“, und zwar dem Landkreis. Wer seine Wertstoffe (Kleinelektronik, wertvolle Plastik, Holz) abgeholt haben will, zahlt pro Leerung 3,50 €. Die riesige Tonne, die nur in große Autos passt, wird gegen ein Entgelt von 20 € ins Haus gebracht, für weitere 30 € bekommt man ein Schloss, damit Diebe dem Landkreis nicht das Wertvolle entwenden. Leider gehören (laut Übersicht des Landkreises) die kleineren Plastikteile nicht in die Tonne. Wer sie trotzdem hineinwirft, handelt zwar falsch, aber er wird wenigstens nicht strafrechtlich verfolgt, versichert das Landratsamt. Wie beruhigend!

Nun wollen einige Bürger des Landkreises Böblingen etwas, das dort verpönt ist: gelbe Säcke. Dafür werden sogar Unterschriften gesammelt. Doch die Erfolgschancen sind gering. Solange in der Kreisverwaltung noch der Eisenmann sitzt – sein Name ist Programm – wird sich beim Plastikmüll nichts ändern.

Unsereiner fragt sich schon länger, was das Plastik-Gesammle eigentlich soll. Angeblich wird viel davon verbrannt, um die Müllverbrennungsanlage zu füttern. Gibt es eigentlich keine Maschine, die in der Lage ist, Wertstoffe im normalen Müll zu entdecken und herauszufischen?

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Digitalsenilität

Es gibt immer noch Menschen, die digital fasten, die auf E-Mails verzichten, auf Recherchen im Internet, auf das elektronische Buchen von Konzertkarten oder das Besuchen von Homepages und das Schreiben oder Lesen von Blogs wie den Häckerling. Je älter diese Menschen sind, desto größer ist die Zahl der Enthaltsamen. Die Gründe liegen, heißt es, im Monetären – das gilt für die Jüngeren oder Mittelalten – oder in der Scheu, sich diesem Medium anzunähern – das gilt offenbar für jene über siebzig. Von denen seien nur 30% am digitalen Draht. Auch die Angst vor Ausspähung könnte bei ihnen mitspielen.

Nun ist gegen Letztere wenig zu sagen, allenfalls, dass es auch in der realen Welt Ausspähung gibt. Die rapide Zunahme der Wohnungseinbrüche legt dafür Zeugnis ab. Aber was ist mit der Scheu? Die lässt sich leichter überwinden als die technische Hürde. Denn auch wer prinzipiell nichts gegen die elektronische Teilhabe hat und sich an ihr versucht, stößt häufig an ganz praktische Grenzen. Als da wären: Viren und Trojaner auf dem Rechner, betrügerische E-Mails, der gebotene regelmäßige Passwortwechsel, überhaupt die Fülle der Zugangsdaten und deren Verwaltung, die technische Aufrüstung der Geräte, das Einspielen aktueller Software mit immer neuen Bedienungsabläufen, die fast täglichen Updates, das hauseigene und fremde W-LAN, aber auch ein Papierstau im Drucker sowie der fehlerfreie Anschluss anderer Geräte (E-Books, Tablets, Scanner etc.).

Daran nicht zu verzweifeln gehört zu den besonderen Herausforderungen des digitalen Alltags, für alle, aber ganz besonders für Ältere. Für sie gilt: Vogel friss (die technischen Probleme) oder stirb (den digitalen Tod). Ohne kundige elektronische Paten schaffen das nur wenige.