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Europawahlprobleme

Wenn man den Auguren glauben darf, dann wird die Europa-Wahl ein mehrfaches Desaster. Zum einen soll die Beteiligung noch niedriger liegen als beim letzten Mal, also weit unter 50%. Zum andern werden europafeindliche Parteien große Stimmenanteile erzielen. Und drittens wird die FDP, so ist zu befürchten, wieder nicht ordentlich abschneiden.

Was die niedrige Wahlbeteiligung angeht, so ist das einfach nur traurig. Warum gehen die Leute nicht zur Wahl? Haben sie keine Lust? Genügt es ihnen, auf die EU zu schimpfen? Was verstehen sie eigentlich unter einer Demokratie? Ein Leben in Wohlstand, unbehelligt von politischen Verpflichtungen, frei von jedem Engagement, das über die Verfolgung von Eigeninteressen hinausgeht?

Zum Stichwort europafeindliche Parteien: Sie sind für mich ein Zeichen des Rückfalls in den Nationalismus. Wenn wir, die nach dem Zweiten Weltkrieg vom Nationalstaat angewiderten jungen Menschen, nicht die Vision von Europa gehabt hätten, was wäre uns als politische Vision geblieben? Wir sahen in Europa die große Alternative zum engstirnigen und gefährlichen Nationalismus. Es gibt für mich keinen wesentlichen Grund, von dieser Überzeugung abzugehen.

Und wie kann man der FDP helfen? Indem man sie dafür belohnt, dass sie den Sirenen der dumpfen Anti-Europäer nicht gefolgt ist, und sie wählt. Das hebt auch die Wahlbeteiligung.

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Alternativisten

Da wir die Demokratie ernst nehmen, befürworten wir die direkte Demokratie. Deshalb wollen wir Volksabstimmungen und -initiativen nach Schweizer Vorbild in Deutschland und Europa einführen. Über wichtige Fragestellungen müssen alle Bürger direkt entscheiden können. Dies gilt insbesondere für die Abgabe wichtiger Hoheitsrechte.

So steht es im Wahlprogramm der AfD. Zu welchen Verirrungen die Schweizer Demokratie fähig ist, haben wir vor einiger Zeit am Votum gegen die Ausländer in der Schweiz sehen können. Ich vermute, dass die Alternative für Deutschland genau das will: dem populistischen Denken oder besser Fühlen die Chance geben, die politischen Geschicke zu bestimmen.

Die Schweiz ist nicht Deutschland. Ihre Tradition der Volksabstimmung hat eine lange Geschichte. Sie sind dort alle ein bisschen Wilhelm Tell. Das sei ihnen gegönnt. Aber es hat sie nie vor Irrwegen geschützt, z. B. nicht vor der üblen Kollaboration mit Nazi-Deutschland oder – wie jetzt bekannt geworden – vor betrügerischen Manipulationen beim Zahlen von Steuern. Wenn die AfD die Schweiz zu unserem Vorbild erheben will, dann legt sie die Axt an unser bewährtes System der repräsentativen Demokratie. Politische Entscheidungen sind zu schwierig, als dass man sie den Stimmungen der Volksmeinung überlassen könnte. Warum wählen wir Parlamente, wenn wir sie gleich wieder entmachten wollen? Wir sollten die parlamentarische Demokratie stärken und uns vor dem ungefilterten „Volkswillen“ hüten. Der fand einst auch Hitler gut.