Vom Wort „Flucht“ im Sinne von Fliehen gibt es keinen Plural, nur von der Flucht im Sinne der geraden Linie beim Erstellen von Gebäuden ist auch die Mehrzahl in Gebrauch. Das erweist sich derzeit als eine Spezifizierungslücke der deutschen Sprache. Denn wir haben es derzeit mit zahlreichen Fluchtzentren zu tun: Syrien, Afghanistan, Afrika, Balkan. Die Bilder in den Medien sollen aufrütteln, verwirren aber nur. Menschen liegen in den Straßen der Insel Kos, klettern in mazedonische Züge, steigen auf LKW, die durch den Kanal nach England fahren, drängen sich auf maroden Schiffen vor der italienischen Küste. Man sieht Menschenschlangen in den deutschen Aufnahmelagern, sieht Turnhallen vollgestellt mit Feldbetten, hört von der Drohung eines Bürgermeisters, Häuser zu beschlagnahmen. Der Innenminister korrigiert die Zahl der erwarteten Flüchtlinge nach oben, Länder und Kommunen möchten mehr Geld. Die Zahl der fremdenfeindlichen Attacken nehme zu, heißt es, vor allem im Osten der Republik – aber das zu sagen verstößt gegen die politische Korrektheit. Was ist eigentlich das Problem? Droht uns eine Islamisierung? Bei uns herrscht Glaubensfreiheit. Werden wir „überfremdet“? Dass andere anders sind als wir selbst, das war schon immer so. Manche Deutsche sind mir schon immer so was von fremd. Schaffen wir es nicht, die Asylverfahren ordentlich abzuwickeln? Beamte kann man jederzeit zu anderen Aufgaben verpflichten. Ist das Boot voll? Ein Land ist kein Boot und ein schrumpfendes Volk kann schlecht mit der Metapher „voll“ argumentieren. Kostet das alles zu viel Geld? Der Kauf von Naturalien für Flüchtlinge und deren Taschengeld sind ein (kleines) Konjunkturprogramm. Trotzdem wäre es besser, es gäbe weniger Fluchtlinien und die Gründe fürs Fliehen verschwänden.
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