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Ausgesaugt

Nun ist es den Sozialdemokraten gegangen wie 2013 den Liberalen. Ausgesaugt von der Kreuzspinne Merkel haben sie das schlechteste Ergebnis der Nachkriegswahlen erreicht. Es ist in der Tat unumgänglich, dass sie in die Opposition gehen. Das bietet auch den Vorteil, dass die Pseudoalternativen nicht die große Rolle als Volkes Stimme spielen können. So weit, so schlüssig. Aber dass es weder die Grünen noch die FDP in eine Koalition unter der Christdemokraten Führung drängt, ist ebenso plausibel. Sie wollen nicht das nächste Aussaugopfer werden. Denn die Kanzlerin könnte genüsslich betrachten, wie sich „ihre drei Kleinen“ (die Seehofer-Partei mitgerechnet) gegenseitig zerfleischen und damit unbeliebt machen. Zu ihrem und ihrer Partei Vorteil. Aber die nächsten vier Jahre sind – alle wissen es – von ganz besonderer Bedeutung für Deutschland. Schweinereien im House-of-Card-Stil wären gefährlich. Denn die Probleme türmen sich: Europa braucht ein neues Konzept, die Integration der Flüchtlinge muss vorankommen, die Bildungspolitik bedarf einer neuen Ausrichtung fernab der konservativen und sozialistischen Irrwege, die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist auf kluge Ideen und eine sachkundige Begleitung angewiesen, die Auswüchse der Einkommensungleichheit dürfen nicht länger hingenommen werden, die Fehler der amerikanischen Politik dürfen nicht in verrückte kriegerische Aktionen münden, der Klimawandel nötigt zu mutigen, aber unpopulären Entscheidungen, Individualverkehr und öffentliche Transportsysteme müssen auf ganz neue Weise aufeinander abgestimmt werden, das Spiel mit rechtsradikalem Gedankengut ist zu entlarven, die Bundeswehr muss wieder eine Armee von „Bürgern in Uniform“ werden, das Gesundheitssystem ist in einem kritischen Zustand usw. Wir brauchen keine ausgesaugten, blutleeren Koalitionäre, sondern Parteien, die mutig und mit aller Kraft an ihre Arbeit gehen.

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Wahlvolk

Der Kampf um die beiden Stimmen ist hart. Allerdings ist die mediale Perspektive ziemlich schief. Optisch im Vordergrund stehen die Parteien und ihre Kandidaten. Sie beharken sich vor laufender Kamera und wollen so auf sich aufmerksam machen. Die Hauptpersonen dieses Ereignisses, die Wähler, sitzen auf der Tribüne und beklatschen oder bebuhen den Auftritt der Matadore. Sieht so ein Souverän aus, einer auf den es ankommt? Das kann man so deuten. Dann wäre die Tribüne eine Art Königsloge. Merkwürdig ist nur, dass die Demoskopen ständig darauf hinweisen, dass über ein Drittel der Wähler noch unentschlossen seien. Haben die Schaukämpfe sie nicht überzeugt? Oder halten sie sich bedeckt, weil es die Demoskopen nichts angeht, wem ich meine Stimmen gebe. Nimmt die Briefwahl vielleicht deshalb zu, weil man am Ausgang des Wahllokals nicht nach seiner Wahlentscheidung befragt werden will? Ich bin alt genug, mich an Zeiten zu erinnern, in denen das Ergebnis der Bundestagswahl nicht schon vor dem Wahltag bekannt war. Damals hing man am Radio und registrierte die Einzelergebnisse. Und am nächsten Morgen konnte man die Zusammensetzung des neuen Parlaments schwarz auf weiß in der Zeitung lesen. Ich finde, die Wahlen verkommen zu Medienevents. Ich fühle mich nicht mehr als Teil des Wahlvolks oder gar als Souverän, sondern als Teil eines Algorithmus, als bloße Zahl, als Objekt der Parteien, nicht als Subjekt eines demokratischen Prozesses.

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Leitungsschäden

Das Problem ist nicht neu. Seit vielen Jahren tut sich die Schulverwaltung Baden-Württembergs schwer, vakante Schulleiterstellen zu besetzen. In diesem Jahr sind mehrere hundert offen, in allen Schularten. Dazu kommen Engpässe in der Lehrerversorgung. Auch da fehlt es offenbar hinten und vorne. Was die Schulleiter angeht, so gilt weiterhin, was in diesem Blog schon mehrfach geäußert wurde: Eine Schule zu leiten ist nicht attraktiv, weder finanziell noch hinsichtlich der Arbeitsplatzbeschreibung. Angesichts der Verantwortung, die damit verbunden ist, hat man als Leiter einer Schule zu wenig Zeit und zu wenig Zuständigkeit. Ein Schulleiter kann niemand einstellen, höchstens Wünsche äußern, er hat so gut wie keine Instrumente, um Lehrkräften mit Defiziten „auf die Sprünge“ zu helfen. Was die Verwaltung angeht, spielen zeitfressende Nebensächlichkeiten eine zu große Rolle. Wer beim Unterricht systematisch nach dem Rechten zu sehen will, dem fehlen die Zeit und vor allem die Befugnisse. Auch die Unterstützung von außen, der Schulverwaltung, ist nur gering. Warum also sollte sich jemand auf eine Leitungsstelle bewerben, wenn er kaum mehr dabei verdient und den Kopf hinhalten soll für Entwicklungen, die er nur wenig beeinflussen kann. Das alles weiß man in Stuttgart schon lange, aber man tut nichts dagegen. Auch der aktuelle Lehrermangel ist hausgemacht. Statt in guten Zeiten eine Reserve zu schaffen, hat man Stellen gestrichen, die nun fehlen.