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Minderleister

Vor lauter Studien wissen wir bald nicht mehr ein und aus. Unlängst erging die Kunde, dass am Leistungsschwund unserer Schülerinnen und Schüler die Kinder mit Einwanderungshintergrund die statistische Schuld trügen. Das hat uns unmittelbar eingeleuchtet. Sie sprechen ein zu wenig elaboriertes Deutsch, verstehen daher in der Schule zu wenig und können daher die ihnen gestellten Aufgaben (wenn überhaupt) nur mühsam lösen. Diese Kinder sind überwiegend islamischen Glaubens. Da lag es nahe, von der Religion auf das Bildungsdefizit zu schließen. Nun sagt eine neue Studie, dass zwischen der Religion eines Kindes oder Jugendlichen und seinen schulischen Leistungen kein Zusammenhang bestehe. Kinder aus christlichen Familien und Kinder aus muslimischen Familien sind in der Schule gleich gut oder gleich schlecht. Woran liegt es dann? An der mangelnden Integration Letzterer, an ihrer sozialen „Benachteiligung“. Wovon aber rührt die? Offenbar wird in den Familien der Zuwanderer zu wenig Deutsch gesprochen, man unterstützt die eigenen Kinder nicht bei ihren schulischen Bemühungen. Warum nicht? Niemand würde diese Eltern daran hindern, ihren Kindern hilfreich zur Seite zu stehen. Warum tun sie’s dann nicht? Weil sie es nicht können. Sie sind selbst der deutschen Sprache kaum mächtig. Warum lernen sie die Sprache nicht? Es gibt doch genügend Angebote. Sie müssen arbeiten und Geld verdienen und sie scheuen sich. Wie kann man ihnen helfen? Hier schweigt die Studie. Liegt es vielleicht doch an ihrer Religion? Liegt es an ihrer kulturellen Sozialisation? Wir sollen diese Benachteiligungen ausgleichen. Aber wie? Wir können sie doch nicht ihrer Herkunft und Kultur berauben. Es ist die Quadratur des Kreises. Mein Vorschlag: diesen Benachteiligten Hilfen aufzeigen. Annehmen müssen sie sie selbst. Wer ein mündiger Bürger werden will, muss aus eigenem Entschluss aus seiner Unmündigkeit heraustreten, er muss nicht integriert werden, sondern sich integrieren.

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Kursstufenplan

Das Kultusministerium Baden-Württembergs baut wieder einmal die gymnasiale Oberstufe um, zum wer weiß wievielten Mal seit den späten 1970er Jahren. Die neuerliche Änderung hat die KMK ausgelöst; sie war mit der jetzt geltenden Regelung nicht einverstanden, vor allem weil es da keine Leistungskurse mehr gibt. Die werden nun wieder eingeführt, heißen aber „Leistungsfächer“. Ein Fortschritt? Doch was fortschreitet, ist nicht immer fortschrittlich. Das sieht, wer einen Blick auf das Fach Deutsch wirft. Das muss derzeit von allen Schülerinnen und Schülern belegt werden, und zwar vierstündig. Und alle müssen sich im Abitur in Deutsch schriftlich prüfen lassen. Künftig kann es (wieder einmal) „abgewählt“ werden. Wer nach dem neuen Konzept z. B. Englisch („fortgeführte Fremdsprache“) und Biologie („Naturwissenschaft“) und dazu Sport („frei wählbar“) als fünfstündige Leistungsfächer wählt, für den sinkt Deutsch in der Kursstufe zum dreistündigen „Basisfach“ ab. Es wird im Abitur entweder schriftlich oder mündlich geprüft. Die schriftliche Prüfung müsste im Basisfach Deutsch „leichter“ sein als im Basisfach, denn man hat da acht Stunden weniger als im Leistungsfach Deutsch. Die mündliche Prüfung würde 20 Minuten dauern, „bestehend aus 10 Minuten Vortrag und 10 Minuten Kolloquium“. Dafür gäbe es 20 Minuten „Vorbereitung“. Wie man in 20 Minuten einen zehnminütigen Vortrag vorbereiten soll, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Auch kann ich nicht erkennen, wie diese Konstruktion eine Qualitätssteigerung im Fach Deutsch bewirken soll. Die Leistungen in diesem Fach sind schon jetzt beklagenswert. Aber offenbar sind die Klagen darüber es nicht wert, in die Ohren der Verantwortlichen zu dringen.

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Kermit

Nein, nicht der Frosch aus der Muppet-Schau ist gemeint, sondern ein an den Hamburger Schulen praktizierter Vergleichstest: Kompetenzen ermitteln. Als Baden-Württemberger reibt man sich die Augen. In Hamburg müssen die Schüler der Klassen 2, 3, 5, 7, 8 und 9 jedes Jahr zentral gestellte standardisierte Aufgaben lösen. So erhält die Schulbehörde aktuelle Daten über den Leistungsstand ihrer Schulen. Es ist “vor allem ein Instrument für Unterrichtsentwicklung. Die Ergebnisse liefern Hinweise zur weiteren Unterrichtsgestaltung und zur gezielten Förderung einzelner Schülerinnen und Schüler. Der Umgang mit den Ergebnissen unterstützt Lehrkräfte und -teams bei der Diagnose von Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler“. Schulen und Behörde sehen also, wo sich Probleme zeigen, sie können steuern und fördern. Diese Praxis steht ganz im Gegensatz zur hiesigen, wo Vergleichsarbeiten nur in den Klassen 3 und 8 geschrieben werden. Deren Wirkung verpufft, weil außer einer „Besprechung“ der Ergebnisse keine weiteren Konsequenzen gezogen werden. Im Übrigen wird das mit der Durchführung beauftragte Landesinstitut für Schulentwicklung bald aufgelöst. Zu den gängigen Reaktionen auf vergleichende Tests gehört der Satz, dass eine Kuh durch Messen nicht fetter werde. In Hamburg hat man das Gegenteil bewiesen. Durch das kontinuierliche Messen sind die dortigen Schüler zwar nicht fetter, aber besser geworden, jedenfalls besser als die im Musterland Baden-Württemberg. Die sind im Ranking des IQB „abgestürzt“.