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Lesemängel

Die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung, die man auch IGLU nennt, hat dem deutschen Bildungsselbstbewusstsein einen neuerlichen Schlag versetzt. Die deutschen Viertklässler liegen beim Lesen im „unteren Mittelfeld“. Das reiht sich ein in die Serie der Peinlichkeiten, die sich das deutsche Schulsystem derzeit leistet. Jetzt wird wieder nach den Ursachen geforscht. Muss man da lange suchen? Was nicht mit kluger Didaktik eingeführt und dann mit Eifer geübt wird, bleibt nicht haften. Natürlich haben sich viele Lehrer Mühe gegeben, haben Vorlesewettbewerbe organisiert und damit die guten Leser zweifellos gefördert. Die gibt es. Aber was ist mit den schwachen Lesern? Denen, die abtauchen, wenn sie ihre Lesefertigkeit offenbaren sollen? Wahrscheinlich lässt man sie in Ruhe, damit die armen Kinder nicht bloßgestellt werden. Oder man hat keinen Plan, wie man Mädchen oder mehr noch Jungen das Erfolgserlebnis fließenden Lesens vermitteln kann. Es ist auch ein hartes Brot. Jemanden einen Satz, über den er wegstottert, immer und immer wieder lesen zu lassen, bis er „sitzt“ und nach Satz klingt, ist eine Mühsal und nervt die Mitschüler. Aber den Kindern zu zeigen, wie sie das Lesen vorbereiten, also die wichtigen und hervorzuhebenden Wörter finden, wo sie mit der Stimme nach oben und wo nach unten gehen müssen, wo eine Pause zu machen ist und man Luft holen kann, wie längere Wörter zu akzentuieren sind, wie man den Sätzen Leben einhaucht und den Zuhörern das Gelesene plastisch vor Augen führt, dies anderes mehr ist die Aufgabe des Leseunterrichts. Davon, dass Lesen und Schreiben zusammenhängen, dass Texte nicht nur eine Ansammlung von Buchstaben und Wörtern sind, sondern Sinnzusammenhänge schaffen, davon sei an dieser Stelle erst gar nicht die Rede.

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