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Überfällige Anpassung

Einer der übelsten Bräuche der Kultusverwaltung war die Begleichung der Reisekosten von Lehrkräften durch Selbstzahlung. Seit vielen Jahren steht auf dem Antragsformular, mit dem man sich eine „außerunterrichtliche Veranstaltung“ (Ausflug, Schullandheim, Studienfahrt, Exkursion etc.) bei der Schulleitung genehmigen lassen muss, man könne die Reisekosten verlangen, auf einen Teil der Erstattung verzichten oder sie ganz selber zahlen. Diese Regelung ermöglicht es den Schulen, mehr AUV durchzuführen, als es seitens des Landes Mittel dafür gibt – ein wunderbares Argument im Kampf um neue Fünftklässler. Die Regelung hat auch Vorteile für das Land: Es konnte die Mittel für die AUV deckeln und so seinen Haushalt sanieren. Den reisenden Lehrern bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie verweigern die Übernahme der AUV, womit sie sich in Widerspruch zu einer Anordnung der Schulleitung setzen, schließlich ist die Unternehmung genehmigt worden, und sich überdies den Zorn der Schüler und ihrer Eltern zuziehen, die sich schon auf die Reise gefreut haben. Oder sie übernehmen die Kosten. Das freut alle und belastet nur den eigenen Geldbeutel. Dass man mit dieser unmoralischen Regelung, deren Rechtswidrigkeit Häckerling in seinen Schulrechtskursen immer behauptet hat, so lange durchgekommen ist, bestätigt die Leidensfähigkeit der Lehrenden. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben: Reisekosten sind zu bezahlen. Welche neue Idee, die Ausgaben zu deckeln, wird sich die Schulverwaltung nun einfallen lassen?

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Verschleppte Vereinfachung

Die Städte beklagen sich über das Land. Sie wollen bei der Ganztagsbetreuung weiterkommen, stolpern aber ständig über bürokratische Hindernisse. Wenn sich selbst die Kommunen, die auch kein Muster an Effizienz und Schnelligkeit sind, über die Langsamkeit der Bürokratie aufregen, kann sich der einfache Bürger, der ständig im Bermuda-Dreieck der Verwaltung zu ertrinken droht, ein wenig getröstet fühlen. Die Städte wollen Vereinfachungen bei den Abrechnungen und den Bedarfserhebungen des Ganztagesbetriebs ihrer Schulen. Und sie legen dabei nebenbei auch den Finger auf eine uralte Wunde: Die Schulen dürfen nach geltendem Recht keine Girokonten führen. Dabei gibt es im Rahmen des Betriebs der Mensen oder der nachmittäglichen Betreuung jede Menge abzurechnen: Sachkosten, Personalkosten, Einnahmen und Ausgaben aller Art. Dabei geht es um höhere fünfstellige Beträge. Die Abrechnungen müssten eigentlich in den Rathäusern geschehen. Aber dort mag man ungern die Personalkosten für diese Art der Buchhaltung übernehmen. So machen es die Schulen halt selbst. Es werden Konten geschaffen, die von Fördervereinen verantwortet, aber nicht geführt werden. Man unterläuft so das Verbot der schulischen Kontoführung und halst den Vereinen eine Verantwortung auf, die über ihre Kräfte geht. Große Umsätze auf den diversen Konten könnten ihre Gemeinnützigkeit gefährden. Es gibt Schulleiter, die mithilfe dieser Konten „unter der Hand“ Geld ausgeben und sich dafür gegenüber niemand rechtfertigen müssen. Dabei wäre die Lösung einfach. Sachsen hat es vorgemacht: Man müsste den Schulen das Recht zubilligen, eigene Girokonten zu führen. Dazu bedarf es einer einfachen Änderung des Schulgesetzes. Wann wird man in Baden-Württemberg dem sächsischen Vorbild folgen?

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Tatsächliche Verbesserung

Manchmal sagt ein Satz mehr, als seine Verfasser damit kundtun wollten. Der folgende stand im letzten Newsletter der baden-württembergischen Landesregierung. Darin ist zu lesen von zwei neuen Instituten (ZSL und IBBW), die in Sachen Bildung etwas bringen sollen, nämlich eine Verbesserung. Hier besagter Satz: Ziel ist eine tatsächliche Verbesserung der Schul- und Unterrichtsqualität – auf wissenschaftlicher Grundlage und fokussiert auf die Unterrichtsqualität. Häckerling fällt an dieser Aussage auf, dass sich das Land Baden-Württemberg nicht mit einer bloßen Verbesserung des Bildungssystems zufrieden geben will, sondern diese Verbesserung eine „tatsächliche“ sein soll. Heißt das, man will sich gegen nur fiktive Verbesserungen abgrenzen, solchen, die nur angekündigt, aber nicht realisiert werden? Auffällig ist auch die Betonung der wissenschaftlichen Grundlage dieser Verbesserung. Man möchte offenbar nicht der pädagogischen Dampfplauderei folgen, sondern der Wissenschaft. Leider sind sich Wissenschaftler selten einig; es wird daher nicht einfach sein, von ihnen eine „Grundlage“ zu bekommen. Der Streit darüber, was die richtige Grundlage sein soll, könnte sich hinziehen. Der Satz findet seinen Höhepunkt im metaphorisch gebrauchten Partizip „fokussiert“. Was heißt das? Um es mit einer anderen Metapher zu sagen: Der Schwerpunkt der Verbesserung der Unterrichtsqualität, von der im ersten Teil des Satzes die Rede ist, soll auf der Unterrichtsqualität liegen. Eine wenig überraschende Feststellung. In der Rhetorik würde man von einer Tautologie sprechen. Wir kennen sie vom weißen Schimmel und vom schwarzen Rappen. Hier ist die Tautologie aber noch tautologischer: Der Schwerpunkt liegt auf dem Schwerpunkt. Häckerling ergänzt: Die Qualität liegt in der Qualität. Was ist aus diesem Satz zu folgern? Der Schwerpunkt der baden-württembergischen Bildungspolitik sollte auf der Qualität ihrer sprachlichen Vermittlung liegen.