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Gesellschaft

Durchhaltendes Verhalten

Wir müssten uns auf eine lange Kriegszeit einstellen, sagt Herr Stoltenberg. Vielleicht zwei Jahre oder noch länger. Es ist also Durchhalten gefragt, und damit genau das, was unserer Gesellschaft in der Regel fehlt. Wir sind schnell zu begeistern. Themen werden medial aufgekocht und bestimmen die Aufmerksamkeit für einige Zeit. Aber diese Stimmung ist selten nachhaltig. Bald bestimmt der nächste Aufreger die Wahrnehmung. Wir sind es gewohnt, dass heute das eine wichtig ist und morgen etwas anderes. Aber um welche Art des Durchhaltens geht es derzeit eigentlich? Regelmäßiges Spenden zugunsten der Menschen in der Ukraine, die Aufnahme von Flüchtlingen, die bedrohliche Teuerung, die finanziellen Kraftakte des Staates, das Liefern schwerer und schwerster Waffen – und im Augenblick: das Frieren im Winter. Wobei das eher lächerlich ist. Wer es ein Grad weniger warm hat in der Wohnung oder im Haus, muss nicht frieren, sondern sollte sich einen Pullover anziehen. Aber selbst gegen dieses Ansinnen laufen bestimmte Kreise schon Sturm. Sie wollen nicht, dass der Staat die Wohnungstemperatur bestimmt; das sei ein Eingriff in die Freiheit des Bürgers. Allerdings steht im Grundgesetz nichts von einem Recht auf Wohlfühlwärme. Wer es unbedingt sehr warm haben will, damit er bei 10 Grad minus zuhause im T-Shirt herumlaufen kann, soll heizen und zahlen. In Eigentumswohnungen und Mietwohnungen können sich die einzelnen Parteien zusammenrotten und für 22 Grad Wärme demonstrieren. Das kleine Beispiel Heizen wird zeigen, wie es mit unserem Durchhaltevermögen steht. Wenn wir uns in dieser Frage zerfleischen, werden wir bei den größeren Problemen erst recht scheitern, bei der Teuerung vor allem. Aber vielleicht wird auch unser Durchhaltevermögen in der Krise nachhaltiger.

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