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Großer Krieg

Da Kriege anscheinend wieder selbstverständlich sind, liegt es nahe, einen Blick auf den Ersten Weltkrieg zu werfen: Was waren seine Ursachen? Welche Ziele wurden verfolgt? Wie wurde er finanziert? Wie viele Menschenleben kostete er? Welche Rolle spielten die Verantwortlichen? Herfried Münkler hat in seinem umfangreichen Buch über den „Großen Krieg. Die Welt von 1914 bis 1918“ detailliert beschrieben, was zum Ersten Weltkrieg“ geführt hat. Er geißelt das Versagen der europäischen Politiker nach der Ermordung des habsburgischen Thronfolgers. Mit mehr Weitblick hätte der Konflikt vermieden werden können. Auch wäre ein früheres Ende möglich gewesen, wenn nicht nationalistische Scharfmacher das Sagen gehabt hätten. In Deutschland gab es keine Einigkeit über die Kriegsziele: Ausdehnung nach Osten, Schwächung der Briten, Solidarität mit Österreich-Ungarn? Versagt haben damals viele: Kaiser Wilhelm II., der sich meist von kurzfristigen Emotionen leiten ließ, Reichskanzler Bethmann-Hollweg, der es nicht wagte, sich den Militärs entgegenzustellen, die „Oberste Heeresleitung“ (Hindenburg und Ludendorff), die sich den militärischen Realitäten verweigerten, der Reichstag, der endlose Debatten führte, ohne sich zu einigen. Die Bevölkerung ließ das jahrelange Hungern allzu geduldig über sich ergehen. Spätestens nach dem Kriegseintritt der USA, einer Folge des von Deutschland ausgerufenen militärisch sinnlosen „uneingeschränkten U-Boot-Krieges“, gab es keine Zweifel mehr, dass die Mittelmächte (Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien, das Osmanische Reich) unterliegen würden. Doch kaum jemand hatte den Mut, sich für ein Ende des Konflikts einzusetzen. Der „Große Krieg“ hat 17 Millionen Menschenleben gekostet und die europäischen Staaten ruiniert. Weltreiche sind zusammengebrochen: Russland, Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich. Münkler zeigt, welche Folgen der Erste Weltkrieg bis heute hat. So gehen zum Beispiel die Brandherde im Nahen Osten auf ungelöste Fragen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zurück. Nach der Lektüre blickt man skeptisch auf die Gegenwart. Den Imperialisten von heute sind die Erfahrungen von 1918 offensichtlich keine Lehre.

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Naher Osten

Warum sagen wir so? Nicht nur, weil „Kleinasien“ (dürfen wir das noch sagen?) näher liegt als Süd-Ost-Asien, sondern weil dort die religiösen Quellen flossen, die unser Wertesystem (derzeit noch) speisen. Über die jüdische Religion wurden uns die „Zehn Gebote“ vermittelt und der Gedanke eines Friedensreiches – mit Zion im Zentrum. Auch wenn im „Alten“ Testament, das eigentlich „Erstes“ heißen sollte, denn „alt“ suggeriert „veraltet“, auch wenn dort von viele Kriegen erzählt, so bricht doch immer wieder die Sehnsucht nach Frieden durch. Schwerter sollen zu Pflugscharen werden, heißt es beim Propheten Micha. Der Satz hat lange Zeit die Friedensbewegung begleitet. Auch das Christentum stammt aus dem von uns aus gesehen „Nahen Osten“. Es versteht sich einerseits als „Vollendung“ der altbiblischen Hoffnungen, andererseits als Kontrast zum Judentum. Dabei greift man auf eine historisch fragwürdige Konstruktion zurück: Die Juden hätten den „Heiland“ getötet. Kein Zweifel, Jesus hat kontroverse Diskussionen im frommen israelitischen Milieu ausgelöst, aber getötet haben ihn – mit Verlaub – die Römer. Nur die kreuzigten, und zwar politisch unliebsame Gestalten. Im Glaubensbekenntnis sagt man es offen: „gelitten unter Pontius Pilatus“, aber der christliche Antisemitismus behauptet seit dem Mittelalter die Alleinschuld der Juden und begründet damit ihre Auslöschung als religiöse Gruppe. Die unselige neutestamentliche Formulierung, dass der Autor, den man Matthäus nennt, dort „die Juden“ schreien lässt „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“, hat ein Übriges zur Ausbreitung des Antisemitismus beigetragen. Dass die Muslime, die auch in dem uns näher liegenden Osten ihren Ursprung haben, weder der jüdischen noch der christlichen besondere Zuneigung entgegenbrachten und -bringen, lässt sich schon daran ablesen, dass sie den ganzen Mittelmeerraum militärisch vereinnahmten und religiös dominierten. Wie nahe der „Nahe Osten“ uns liegt, wird derzeit auch dem Letzten klar.

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Martialische Zeiten

Die Welt ist erfüllt von Kriegsgeschrei. Dass ist sie zwar fast immer, aber derzeit scheint der Kriegsgott besonders aktiv zu sein. Kaum haben wir uns an die russische Aggression in der Ukraine gewöhnt, hat sich der Nahe Osten wieder furchtbar ins Gespräch gebracht. Die Kriege dort haben Häckerlings Leben begleitet. Sie folgen einem Muster: Israel tut einen ersten Schritt – ruft zum Beispiel 1948 den eigenen Staat aus – und die verdrängten Mitbewohner des Landes reagieren mit militärischen Attacken. Die verlieren sie meistens. So ist Israel immer größer geworden und die Chance, dass sich zwei Staaten bilden und jeder sein eigenes Gebiet hat, immer kleiner. Eine Verständigung lag immer mal wieder im Bereich der Möglichkeiten. Sie scheiterte aber irgendwann an den Heißspornen auf beiden Seiten. Wo sind die starken Politiker, die beide Seiten in einen vernünftigen Kompromiss steuern? Ich sehe sie nicht. Auch beim Krieg im Osten sieht es schlecht aus: Die Bewegung SW fordert zwar, man solle es mal mit Verhandlungen statt mit Waffen probieren. Eigentlich eine gute Idee. Aber wer soll worüber verhandeln? Traurig, aber wahr: Erst wenn die Menschen des Leidens überdrüssig sind, wenn das Geld ausgeht und ei Unterstützung nachlässt, kann etwas geschehen. Das wird dauern. Fürs Erste wird der Kriegsgott das Sagen haben, im europäischen und im Nahen Osten. Aber vielleicht hält sich der Friedensengel schon bereit.