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Orthografische Satire

Die Stuttgarter Zeitung pflegt auf Seite 3 die Satire. „Unten rechts“ macht sie sich täglich über etwas lustig. Am 23. Januar war es die „Sprachrichtigkeit“. Ein Achtklässler, des Satirikers Sohn vielleicht, wurde bei einer Klassenarbeit gewarnt, dass „Verstöße“ gegen sie, die Sprachrichtigkeit, also gegen die Regeln der Rechtschreibung, der Grammatik, des Satzbaus und der klaren Ausdrucksweise, „zu einer Verschlechterung der Note“ führen könne. Der Satiriker regt sich zunächst über den Ausdruck „Sprachrichtigkeit“ auf, den er offenbar bisher nicht gekannt hat. Dann muss er allerdings zugeben, dass man ihn bei Google findet. Was er an diesem Wort nicht versteht, versteht Häckerling nicht. Zugegeben, es ist kein schöner Ausdruck, nur die kompakte Version von „richtige Verwendung der Sprache“, aber immerhin: er ist kurz. Dann steigert sich die Satire: Dieses Substantiv finde sich gewiss nicht in „Marvel-Heftchen, Deutschrap-Texten und Whatsapp-Gruppen“. Das mag sein. Nicht in diesen Texten, zugegeben, aber in der Schule geht es um „Sprachrichtigkeit“. Man soll dort Richtiges und nicht Falsches lernen und es üben. Marvel-Heftchen dürften mit dieser Aufgabe überfordert sein. Wie auch der Satiriker auf Seite 3 rechts unten. Der hängt am Schluss seine Bildung heraus und behauptet, „der Dichter“ Hölderlin habe den Satz geprägt „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.“ Hat er aber nicht. Der steht bei Seneca, und zwar in der Version, dass wir nicht fürs Leben, sondern für die Schule lernen. Lassen wir mal offen, ob Seneca heute es auch so sagen würde und die Schule tatsächlich das Falsche vermittelt. Aber Sprachrichtigkeit dort zu lernen ist nicht falsch. Es geschieht nämlich nicht, um im „germanistischen Proseminar“ zu bestehen, wie der Satiriker meint, sondern damit die jungen Leute nicht sprachlich hilflos durch den späteren beruflichen Alltag taumeln.

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Digitale Querelen

Die baden-württembergische Landesregierung hat sich vorgenommen, im Digitalen einen Spitzenplatz anzustreben. Das ist ein löbliches Unterfangen und ein anspruchsvolles dazu, weil man derzeit allenfalls im Mittelfeld herumkrebst. Nun ist der Streit darüber entbrannt, ob es zur Realisierung der digitalen Welt eines eigenen Ministeriums bedarf oder ob die derzeitige Lösung, die Kooperation verschiedener Ministerien, ausreicht. Leider wissen wir um die Schwerfälligkeit der Entscheidungsprozesse in den Ministerien. Bis alle Zuständigen ihren Segen gegeben haben, dauert es Wochen, Monate, Jahre. Wenn dann auch noch mehrere Ministerien zusammenarbeiten sollen, ergeben sich weitere Hindernisse. Verwaltungen sind nun mal langsam, das liegt an den komplizierten Zuständigkeiten, an den oft verwirrenden rechtlichen Vorgaben, an der Resignation der Mitarbeiter, deren gute Vorschläge oft im Dickicht der Administration versanden. Auch ein Digitalministerium ist nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn dort keine Experten sitzen und wenn man nicht die Entscheidungsabläufe optimiert. Das Thema „Abbau der Bürokratie“ ist in fast jedem Wahlprogramm zu finden, der tatsächliche Abbau indes findet eher selten statt. Vor geraumer Zeit, es dürften bald zwei Jahre her sein, hat die Bundesregierung einen Digitalpakt beschlossen, einen für die Schulen wohlgemerkt, aber die Meldung, dass Geld „vor Ort“, also in den Rektoraten angekommen sei, lässt immer noch auf sich warten. Etwas zu wollen und zu beschließen ist eines, es Realität werden zu lassen, etwas anderes. Daran ist kein Einzelner in diesem Staat schuld, es ist offenbar das System, an dem es krankt.

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Verordnete Mehrarbeit

Wenn ein Mangel an Lehrkräften herrscht, gibt es verschiedene Lösungen: Man stellt mehr Lehrerinnen und Lehrer ein, sofern es welche gibt, man lässt die vorhandenen Lehrenden fachfremd unterrichten, was allerdings nicht immer geht, denn nicht jede oder jeder kann statt Französisch Chemie unterrichten, oder man vergrößert die Klassen, was aber auf wenig Gegenliebe bei den Eltern stößt, oder man erhöht das Deputat, was dann einer Gehaltssenkung entspräche und die Bereitschaft junger Menschen, das Lehramt zu studieren, eher senkt, oder man ordnet Überstunden an. Letzteres hat die Schulministerin von BW nun vor. Allerdings wird im KM so getan, als ob das freiwillig wäre. Das aber kann es nicht sein, denn die freiwillige Mehrarbeit war schon bisher möglich. Wer wollte, konnte ein oder zwei Stunden mehr unterrichten – mit der Auflage, sie möglich bald, also im nächsten oder übernächsten Schuljahr durch eine entsprechende Senkung der Stundenzahl wieder auszugleichen. Es kann also bei der jetzigen Maßnahme nicht ums Dürfen, sondern ums Sollen oder eigentlich Müssen gehen. Bezahlt wird diese Art der Mehrarbeit nicht, sondern in ein paar Jahren durch Freizeitausgleich abgegolten. Das birgt Risiken für die Lehrerinnen und Lehrer. Was ist, wenn sie dann gar nicht mehr in der Schule sind, weil Kinder zur Welt kommen, der Ruhestand ansteht oder ein Wechsel in ein anderes Bundesland? Ob dann die unfreiwillig freiwillige Mehrarbeit finanziell ausgeglichen wird oder als „Geschenk“ des Staatsdieners an den Staat einkassiert wird?