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Überarbeitet – Bachelor und Master

Am Anfang stand das Wort Bologna-Prozess eher wie ein drohendes Phantom im Raum. Es sollte sich etwas ändern in der Welt der Universitäten. Alle Studiengänge in Deutschland seien umzustellen. Deutschland müsse sich einer überfälligen Reform unterziehen, schließlich wolle man im internationalen Vergleich mithalten. Und so wurde denn umgebaut, doch nicht überall; manche Studiengänge hielten und halten sich vornehm zurück, bei anderen, zum Beispiel beim Lehrerstudium in Baden-Württemberg, ging man zwei Schritte vorwärts und dann wieder einen zurück.

Blicken wir auf das Jahr 2007. Damals hat das Kultusministerium wegen der anstehenden Umstellung des Lehramtsstudiums gemeinsame Arbeitsgruppen mit Vertretern der Universitäten und der staatlichen Seminare eingerichtet. In monatelanger Arbeit entstanden ordentliche Prüfungspläne mit so manchen neuen Ausbildungselementen. Augenzeugen berichteten, dass zwischen den Universitätsleuten und den von der Kultusverwaltung Entsandten heftig und meist erfolgreich, das heißt mit einem einvernehmlichen Ergebnis, um Prüfungsanforderungen und also um Lehrinhalte gerungen wurde. Worüber aber nicht gestritten wurde: Ob es sinnvoll sei, die Lehrinhalte in kleine bepunktete Elemente aufzuteilen. Ebenfalls durfte nicht darüber gesprochen werden, welche Inhalte sich für den Bachelor und welche für den Master eigneten. Da wollten sich die Ordinarien nicht reinreden lassen. Bald zeichnete sich ab, dass zwischen den Universitäten deutliche Unterschiede bestanden. Ein Wechsel der Hochschule mitten im Studium würde nicht leichter, sondern schwieriger, riskanter werden.

Nun ist der Bologna-Prozess im Bereich der Lehrerbildung in Baden-Württemberg erst gar nicht zum Abschluss gekommen. Man hat den neuen Wein, die Ergebnisse Fächergruppen von 2007, in den alten Schlauch der Ausbildung mit Staatsexamen gegossen. Ob das auf Dauer bekömmlich ist, wird sich zeigen. Jedenfalls war es aus heutiger Sicht weise, denn was man gar nicht erst gemacht hat, muss man jetzt auch nicht reparieren.
(Blog-Eintrag Nr. 121)

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Überzogen – Forderung nach Medienkompetenz

Die Informationstechnologie sei ein Jobmotor oder soll einer werden bzw. künftig noch stärker sein. Wenn dem so ist, dann besteht Anlass zu Optimismus. Dann müssen es die Autoindustrie, die Chemiewirtschaft, der Maschinenbau, die Solarbranche (oder wer sonst noch infrage kommt) nicht alleine richten. Aber was ist im Leitartikel der Stuttgarter Zeitung (vom 9.12.09) zu diesem Thema auch noch zu lesen: Die Schulen sollen zum IT-Wunder beitragen.

Der Kommentator stellt als Frage, was er fordert: „Sollte nicht in allen Schulen Medienkompetenz vermittelt werden?“ Und die Voraussetzung dafür sei, wieder als Frage formuliert, ob nicht die „angehenden“ Lehrer „zwingend“ darin „geschult“ werden sollten? Da könnte der geneigte, der Schule ferne stehende Leser meinen, in dieser Hinsicht geschehe derzeit nichts. Das stimmt aber nicht. Die Lehramtsstudenten bringen bereits von den Hochschulen einiges an Kenntnissen im Umgang mit der Informationstechnik mit und sie werden in den Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung zusätzlich „geschult“. Was die Schulen angeht, so wird der Computer seit vielen Jahren im Unterricht eingesetzt. Man dürfte kaum eine finden, in der es nicht einen Computerraum gibt. Schon sehr lange haben wir eine Unterweisung in ITG, in informationstechnischer Grundbildung, die Schüler lernen bereits in den unteren Klassen das Recherchieren im Netz, das Schreiben mit Textverarbeitung, das Versenden von E-Mails; sie setzen bei ihren Präsentationen Power-Point ein, drehen Filme mit ihren Handys und dergleichen mehr. IT und Schule sind sich nicht fremd. Was also fehlt?

Zu kurz kommt nach meiner Einschätzung das, was der Zeitungskommentator wohl nicht im Auge hat: der kritische Umgang mit den Medien. Medienkompetenz ist mehr als eine Technik. Dazu gehört auch das Wissen um ihre Gefahren, die Möglichkeiten des Missbrauchs, als da wären Verstöße gegen den Datenschutz, Verletzungen der Menschenwürde, Manipulationen mit Bildern. Die Schule ist nicht nur dazu da, der IT-Branche zuzuarbeiten, sie hat einen umfassenderen Auftrag: Erziehung und Bildung.
(Blog-Eintrag Nr. 120)

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Überteuert – PISA und IT-Gipfel

Die drei Wörter der Überschrift haben eigentlich nichts miteinander zu tun, könnte man meinen. Haben sie aber doch, wenn man genauer hinschaut und Meldungen der heutigen Tageszeitungen im Blick hat. In der einen, den Stuttgarter Nachrichten lese ich (am 8.12.09) gleich auf der ersten Seite, dass Baden-Württemberg mit dem Ausstieg aus der PISA-Studie drohe, und in der anderen, der Stuttgarter Zeitung, sehe ich am Ende eine ganzseitige Anzeige mit der Mitteilung, dass sich „die Spitzenvertreter der deutschen IT-Wirtschaft … heute in Baden-Württemberg“ zum IT-Gipfel treffen.

Die Drohung mit dem PISA-Ausstieg wird vom Kultusminister damit begründet, dass man wissen möchte, „inwieweit unsere Reformmaßnahmen gewirkt haben“. Dieser Wunsch ist legitim und man müsste eigentlich annehmen, dass der Vergleichstest darüber Aussagen macht oder machen kann, wenn das Land es will. Aber ist das der einzige Grund für die Drohung? Könnte nicht ein zweiter, gewichtigerer Grund die Angst sein, dass sich aus der Studie 2009, die nächstes Jahr erschein, ergibt: Ihr habt in den letzten neun Jahren zu wenig getan, andere sind besser? Da wäre es doch besser, man wäre bei PISA gar nicht dabei. Oder liegt es, wie der Artikel nahelegt, einfach nur am Geld, an den 400.000 Euro, die das Land dafür zahlen muss, dass es mit anderen verglichen wird? Das fände Häckerling skandalös.

Da kommt nun der IT-Gipfel ins Spiel. Eine großartige Veranstaltung, gewiss, aber warum muss dafür vom Land trotz seiner Finanzprobleme auch noch eine ganzseitige Anzeige geschaltet werden? Die Zeitung wird sich über die Einnahme freuen, aber wenn man zur gleichen Zeit die PISA-Finanzierung infrage stellt, endet mein Verständnis für diese großzügige, teure Sanierungshilfe auf Staatskosten.
(Blog-Eintrag Nr. 119)