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Das Komma und sein Koma

Am ersten August hat es sich die Stuttgarter Zeitung trotz ihres streikbedingten Siechens nicht nehmen lassen, in einem umfangreichen Text über das Siechtum des Kommas zu klagen. Erfreulicherweise standen darin alle Beistriche richtig. So schlimm kann es also noch nicht sein mit dem Niedegang eines Satzzeichens, das „800 Jahre lang … gute Dienste geleistet“ hat. Doch die Diagnose stimmt durchaus. Vor allem „im Netz“ geht es bei der Zeichensetzung drunter und drüber. Nicht einmal die FAZ schafft dort einen satzzeichenkorrekten Text.

Der Autor der StZ-Artikels, Markus Reiter, gibt als Grund des Niedergangs das Kapitulieren vor den Kommaregeln an. Das gibt zu denken, denn das Regelwerk ist ja nicht etwa schwieriger, sondern im Rahmen der diversen Reformen von 1996 bis 2006 eher einfacher gworden. Dass man zwischen Sätze ein Komma setzt, also zum Beispiel Nebensätze von Hauptsätzen trennt, das ist so schwierig eigentlich nicht. Große Erleichterungen gab es beim Komma vor dem erweiterten (mehr als zwei Wörter umfassenden) Infinitiv. Auch das Komma bei herausgehobenen Wörtern oder Wortgruppen leuchtet unmittelbar ein. Schließlich macht man da auch eine Pause, eine Sprechpause, um die Hervorhebung hörbar zu machen. Nur das Komma nach einem Satz in wörtlicher Rede („Was verstehen Sie darunter?“, könnte der Leser fragen) ist etwas gewöhnungsbedürftig.

Mein Vorschlag zur Gesundung des kränkelnden Kommas: als Zeitung mit gutem Beispiel vorangehen und sich bei fehlerhafter Verwendung in offiziellen Texten wehren!

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Unverhohlen – die schweren Bankverluste

Auf der ersten Seite der Stuttgarter Nachrichten (25.9.09) erfahre ich von neuerlichen Verlusten der Landesbank Baden-Württemberg. Es handelt sich um „Neue schwere Verluste“ derselben. Sie treiben den Verantwortlichen offenbar den Angstschweiß ins Gesicht und anderswo. Aber was hat es mit diesen Verlusten auf sich?
Zwischen den beiden Adjektiven „neu“ und „schwer“ steht kein Komma. Daher müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Bank schon einmal schwere Verluste zu verkraften hatte. Zu diesen früheren „milliardenschweren“ Verlusten, wie man jetzt gerne mit einem modischen Adjektiv sagt, sind jetzt also weitere hinzugekommen. Eine Geschichte schwerer Verluste, ohne Punkt und (hier) ohne Komma.

Was würde uns hingegen mitgeteilt, wenn es sich um neue, (Komma) schwere Verluste handelte? Dann wären diese Verluste neu und überdies – im Gegensatz zu den früheren – auch noch schwer. Die Verluste hätten sich sozusagen gesteigert. Die neuerliche Krise der LBBW wäre noch größer als die bisher bekannte.

Ob mit oder ohne Komma: Es ist den Verantwortlichen nicht gelungen, die Verlustmeldung bis nach der Bundestagswahl unter Verschluss zu halten. Eine schlechte Nachricht kommt „zur Unzeit“ ans Licht und damit auch wieder ein Zipfelchen der Wahrheit. Von wegen „die Talsohle ist erreicht“ – im Gegenteil: Die höchste Spitze des Schuldenbergs haben wir, so sieht es aus, immer noch nicht erklommen.

Das zu wissen, schadet uns Bürgern nicht. Wer uns für mündig hält, sollte uns reinen Wein einschenken.

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Unkundige Kundgabe oder Fünf andere Minuten Deutsch

In seiner letzten Kolumne (Stuttgarter Zeitung vom 12.9.09) hat Ruprecht Skasa-Weiß ein Komma gesetzt, gegen das an sich nichts einzuwenden ist. Sehr wohl aber ist Widerspruch bei der Begründung angesagt.

Der Satz lautet: „Ich hoffe inständig, dich morgen zu sehen.“ Der Sprachkritiker behauptet, hier sei „hoffen“ ein Vollverb und daher würden „die Kundigen“ hier ein Komma setzen. Und er fügt hinzu: „auch wenn der neuere Duden bereit ist, die Kommaregeln nicht mehr so genau zu nehmen“. Ich frage mich, worin die Kundigkeit der hier genannten Kundigen besteht. Der Duden ist nicht (mehr) maßgeblich für die Rechtschreibung; stattdessen gibt es seit 2006 eine „amtliche Regelung“. Die aber verlangt in diesem Fall kein Komma.

Denn es ist nur dann eines zu setzen, wenn der Infinitiv „um … zu“, „anstatt … zu“ oder „ohne … zu“ enthält, wenn er von einem Substantiv anhängt oder wenn es im vorausgehenden Satz ein Verweiswort gibt. Das alles ist in dem Satz oben nicht der Fall. Das Komma ist auch deshalb entbehrlich, weil der Satz auch ohne ein solches Satzzeichen eindeutig, übersichtlich und lesbar ist.

Skasa-Weiß’ gutes Recht ist es, ein Komma zu setzen, aber er sollte hier nicht jene als unkundig anprangern, die darauf verzichten, weil es in ihren Augen (und auch nach den amtlichen Regeln) „kropfunnötig“ ist.