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Identische Zeitungen

Den Zeitungen geht es nicht gut. Sie sind in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Zahl der Abonnenten nimmt ab, die Werbeeinnahmen sinken. Das Internet mit seinen Nachrichtenkanälen ist eine übermächtige Konkurrenz. Also muss man in den Verlagen sparen. Das geschieht durch den Abbau von Personal und die Zusammenlegung der Redaktionen. Die beiden Stuttgarter Zeitungen (die eine heißt „Zeitung“, die andere „Nachrichten“) haben ihre Redaktionen vereinigt. Sie bringen die gleichen Artikel, etwas kaschiert durch verschiedene Fotos oder unterschiedliches Layout. Manchmal kommen die gleichen Texte ein paar Tage zeitversetzt. Man soll es nicht merken, aber es lässt sich nicht verbergen. Noch trüber sieht es bei den Lokalzeitungen aus. Die Sindelfinger Zeitung ist weitgehend mit den Stuttgarter Nachrichten identisch, weil sie deren Mantel übernimmt, die Kreiszeitung bringt im übergeordneten Teil die Meldungen der Stuttgarter Zeitung, Der Lokalteil, bisher noch auf den Landkreis Böblingen zugeschnitten, ist seit Kurzem identisch mit der Stuttgarter Zeitung. Wer bisher beide Zeitungen bezogen hat, kann sich eine sparen. Es ist schade ums Papier, das eh so knapp ist. Also haben wir die Kreiszeitung abbestellt. Ob das der Sinn dieser Einsparungsmaßnahme war? Mit dieser Veränderung einher ging die Auflösung der Kulturseite. Sie ist im übrigen Lokalen „untergegangen“. Nur mehr die überregionale Kultur hat ihre zwei Seiten am Tag. Sie ziert das Ende des Blattes, „hinter dem Sport“. Ein weiterer Nebeneffekt der „Reform“. Die Buchtipps von Häcker(ling) – drei davon liegen noch auf Vorrat bei der Kreiszeitung – erscheinen nicht mehr. Was soll er damit nun tun? Vielleicht taucht ab und an einer in diesem Blog auf.

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Journalistische Verwertungsoptimierung

Wenn man mit Zeitungen aufgewachsen ist, mag man sie ungern missen. Die tägliche Lektüre von wichtigen oder belanglosen Ereignissen war schon für Hegel ein fast religiöser Akt mit alttestamentlicher Dimension. Erfährt man doch alles Schlimme, welches die Welt zu bieten hat. So bleibt man realistisch, gefeit gegen jedweden Illusionismus. So weit, so gut. Aber nun mischen sich in die tägliche Presseschau Gefühle des Unmuts. Denn die Inhalte zweier einst sehr unterschiedlicher Postillen, der regionalen Böblinger Kreiszeitung (mit dem Mantel der Stuttgarter Nachrichten) und der überregionalen Stuttgarter Zeitung gleichen sich mehr und mehr. Natürlich sind die Tagesthemen schon immer ähnlich, das Weltgeschehen ist nun mal so, aber die Texte ähneln sich nicht nur, sie sind fast immer identisch. Es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern um zehn bis zwanzig Berichte pro Tag, die sich bis in die Druckfehler gleichen. Nur die Fotos sind manchmal verschieden und das Layout und natürlich stehen die Berichte auf unterschiedlichen Seiten. Was waren das noch für Zeiten, als man am Montagmorgen zwei verschiedene Berichte vom letzten Spiel des VfB lesen konnte! Noch raffinierter ist übrigens der zeitversetzte Abdruck („War das nicht vorgestern schon in der X-Zeitung?“). Vor kurzem erschien derselbe Artikel zum dritten Mal. Häckerling muss also feststellen, dass die einst heftig konkurrierenden beiden Stuttgarter Tageszeitungen inzwischen in froher Harmonie ihre Arbeit tun. Ich stelle sie mir im selben Haus einträchtig nebeneinander sitzend vor und ihre Texte verfassen, sie auf den hauseigenen Rechner schicken, wo sie dann von einem Oberredakteur auf die beiden Blätter verteilt werden. Nun könnte man einwenden, eine Zeitung genüge künftig. Aber welche? Die regionale bringt mehr Regionales, die überregionale mehr Kulturelles. Wie schön, wenn man sich eine Zeitung zusammenbasteln könnte: das von der einen und jenes von der anderen. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert, das Zeitunglesen schon gar nicht.

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Das Komma und sein Koma

Am ersten August hat es sich die Stuttgarter Zeitung trotz ihres streikbedingten Siechens nicht nehmen lassen, in einem umfangreichen Text über das Siechtum des Kommas zu klagen. Erfreulicherweise standen darin alle Beistriche richtig. So schlimm kann es also noch nicht sein mit dem Niedegang eines Satzzeichens, das „800 Jahre lang … gute Dienste geleistet“ hat. Doch die Diagnose stimmt durchaus. Vor allem „im Netz“ geht es bei der Zeichensetzung drunter und drüber. Nicht einmal die FAZ schafft dort einen satzzeichenkorrekten Text.

Der Autor der StZ-Artikels, Markus Reiter, gibt als Grund des Niedergangs das Kapitulieren vor den Kommaregeln an. Das gibt zu denken, denn das Regelwerk ist ja nicht etwa schwieriger, sondern im Rahmen der diversen Reformen von 1996 bis 2006 eher einfacher gworden. Dass man zwischen Sätze ein Komma setzt, also zum Beispiel Nebensätze von Hauptsätzen trennt, das ist so schwierig eigentlich nicht. Große Erleichterungen gab es beim Komma vor dem erweiterten (mehr als zwei Wörter umfassenden) Infinitiv. Auch das Komma bei herausgehobenen Wörtern oder Wortgruppen leuchtet unmittelbar ein. Schließlich macht man da auch eine Pause, eine Sprechpause, um die Hervorhebung hörbar zu machen. Nur das Komma nach einem Satz in wörtlicher Rede („Was verstehen Sie darunter?“, könnte der Leser fragen) ist etwas gewöhnungsbedürftig.

Mein Vorschlag zur Gesundung des kränkelnden Kommas: als Zeitung mit gutem Beispiel vorangehen und sich bei fehlerhafter Verwendung in offiziellen Texten wehren!