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Unzufriedene Regierte

Das deutsche Volk möchte besser regiert werden. Das Wort „regieren“ hängt zusammen mit „dirigieren“, also steuern, lenken, und auch mit „regeln“ oder „Regie“. Will also das Volk mehr Regelungen, mehr Lenkung, also klare Gebote und Verbote? Nie und nimmer. Denn wenn es etwas tun soll, reagiert das Volk auch unwirsch. Es könnte ja etwas kosten, mein Geld, mein Wohlbefinden. Wenn mir jemand etwas vorschreibt, dann schränkt er meine Freiheit ein. Was für eine Art der Regierung stellen sich die unzufriedenen Deutschen also vor? Es sei der Streit in der Regierung, die den Menschen nicht gefällt. Offenbar soll die Regierung geräuschlos handeln und so tun, als sei alles klar. Das ist es aber nicht. Jede und jeder weiß eigentlich, dass alles zwei Seiten hat, dass keine Entscheidung ohne Nachteile oder ohne unliebsame Folgen ist. Keine Lösung ist voll und ganz gut, auch die verworfene Möglichkeit hätte Vor- und Nachteile gehabt. Manche unangenehmen Folgen stellen sich erst nach einiger Zeit heraus. Dann aber ist das Volk auch unwillig, denn diese Folgen hätte man vorher bedenken müssen. Oder es heißt, niemand habe ihm davon etwas gesagt. Wer geräuschlos regiert werden will, hört nichts von den Bedenken für oder gegen eine Entscheidung. Die Regierung streitet öffentlich, aber wenn sie hinter verschlossenen Türen stritte, wäre das noch übler, denn es schlösse das Volk aus. Demokratisch wäre das nicht. Wer regiert, muss Regelungen erlassen. Die betreffen Bürger, die einen mehr, die anderen weniger. Wenn wir also regiert werden wollen, dann müssen wir aushalten, dass wir in unserer Freiheit begrenzt werden. Sage mir doch mal einer von diesen unwillig Regierten, wie man dem Klimawandel oder dem Krieg im Osten begegnen soll? Durch Freiheit? Durch den Verzicht auf Behelligungen? Durch Nichtstun? Da gibt es nur einen Ausweg: Man leugnet den Klimawandel oder findet den russischen Krieg gut oder unwichtig. Dann muss man nichts tun, vor allem muss man sein Verhalten, seine Lebensführung nicht ändern. Die besten Regierenden sind dann die, die uns in Ruhe lassen.

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Ratlose Gewählte

Wie heißt das doch: Der Wähler hat gesprochen. Neuerdings müsste man schreiben und sprechen: Die Wähler*innen haben gesprochen. Aber was haben sie verlauten lassen? Die Stuttgarter Zeitung überschreibt den Leitartikel mit dem Hinweis, die Kellner wählten sich nun den Koch. Ein unglücklicher Griff ins Metaphern-Klo, auch wenn darin auf Gerhard Schröder angespielt, der einst verkündet hat, der Gewinner solle sich als Koch seine/n Kellner suchen. Er war damals allerdings ein Drei-Sterne-Koch und die Grünen erst im Werden. Nun aber haben die „Kellner“ zusammen mehr Stimmen als ihr Zwei-Sterne-Koch, mag er nun Laschet oder Scholz heißen. Wir von der Wählerschar fragen sich nun, was das Küchenteam zusammenkochen wird. Ist in der Suppe mehr schwarzer Kümmel oder roter Pfeffer? Vielleicht wäre es gut, sich daran zu erinnern, dass nicht die Farbigkeit eines Produkts dessen Qualität ausmacht, sondern sein Geschmack. Werden wertvolle Rohstoffe benutzt oder nur Produkte aus dem Billigladen? Ohne Bildlichkeit: Werden wir eine Regierung bekommen, die den Sprung in die Zukunft schafft, die den Klimawandel ernsthaft angeht und die damit verbundene Transformation der Industrie, die Renten und Pflege sichert, ohne dem Staat als Alimentierenden noch mehr aufhalst, die sich um die Staatsschulden sorgt und den Bürokratieabbau voranbringt, die die Europäische Union reformiert, sich um den weltweiten Frieden kümmert und … So schwer kann das doch nicht sein. Aber wahrscheinlich wird sie nicht darum herumkommen, die bürgerliche Komfortzone (eine andere Metapher in der heutigen Zeitung) etwas weniger komfortabel zu gestalten.

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Konsequente Planlosigkeit

Sie scheinen wirklich nichts daraus gelernt zu haben. Dem berechtigten Wunsch, die Corona-Maßnahmen mögen doch künftig konsistent, transparent und langfristig angelegt sein, begegnet die Politik mit panischem Dauergerede, mit vagen Ankündigungen, undurchdachten Vorschlägen, wilden Drohungen. Um jedem Missverständnis vorzubeugen: Häckerling hat keine Einwände gegen Regelungen, er hat nicht einmal etwas gegen deren Durchsetzung. Aber warum dieses ständige Gegackere? Kaum hat man sich in den Landen Baden und Württemberg entschlossen, die Schulen bis zum 22. Dezember in Betrieb zu halten, da wird diese Regelung schon wieder in Frage gestellt. Kaum werden „Lockerungen“ für die Tage über Weihnachten angekündigt, heißt es, man solle sie überdenken. Vor langer Zeit galt die Zahl von 50 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner eines Kreises oder einer Stadt als eine relevante Marke. Dann wurde unvermutet die Zahl 100 überschritten, aber niemand hatte einen Plan in der Schublade, wie nun zu reagieren sei. Dann kam – offenbar noch überraschender – die Zahl 200 ins Spiel. Und wieder hatte keiner in den Amtsstuben mit ihr gerechnet, denn die Landesregierung musste erst Ideen entwickeln, wie man darauf am besten reagieren könnte. Ich hätte erwartet, dass ein Stufenplan da ist und auch vorab vorgelegt worden wäre: Wenn x eintritt, dann passiert y. Warum ist es so schwer, ein nachvollziehbares Reaktionsschema vorzubereiten? Warum wirken die Verantwortlichen so planlos? Warum klingt jetzt alles so beliebig? Plötzlich soll es das Glühweinverbot richten. Das derzeitige Durcheinander muss nach der Pandemie gründlich aufgearbeitet werden. Was fehlt den Verwaltungen? Vielleicht lesen sie keine Zeitungen. Das würde manches erklären.