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Schwere Geburt

Was eigentlich eine klare Sache schien, entpuppte sich als trübe Angelegenheit. Offenbar hatten Teile der Kleinen Koalition aus CDU und SPD mit dem künftigen Chef noch eine Rechnung offen und zahlten es ihm heim, indem sie ihm im ersten Wahlgang ihre Stimme verweigerten. Im zweiten Anlauf hat es dann doch geklappt. Nun können alle zufrieden sein: die Abweichler und der neue Kanzler. Sogar die Börse wird sich wieder beruhigen. Jetzt wird wahrscheinlich die Suche nach den Illoyalen in den eigenen Reihen losgehen. Aber bei einer geheimen Wahl wird das schwierig. Vor vielen Jahren, bei Rainer Barzel, gab es auch einen Abweichler. Ich bin mir nicht sicher, ob man ihn jemals enttarnt hat. Gewinner sind auch die Linken, denn sie konnten ihre demokratische Haltung zeigen, indem sie dem Geschäftsantrag, noch am selben Tag erneut zu wählen, zustimmten. Auch die AfD stimmte zu, so dass sich das Bild eines einstimmigen Bundestages ergab. Dies wird sich so schnell nicht wiederholen. Man darf gespannt sein, wie schnell die Klei-Ko in die Gänge kommt. Zeit, sich vorzubereiten, hatte sie genug, Es müssen ja nicht gleich Hunderte von Verordnungen sein wie bei Trump. Ein paar sinnvolle Entscheidungen wären schon mal gut: geeignete Unterstützungsmaßnahmen für die lahmende Industrie, klare Schritte in Sachen Energiewende und richtungweisende Aussagen in Sachen Sozialgesetzgebung. Das Migrationsproblem ist schon kleiner geworden. Da bedarf es keiner Hektik. Bei der Heilung der maroden Infrastruktur ist dagegen Eile geboten. Die Regierung ist noch auf der Geburtsstation, jetzt muss sie sich schnell ihrer Windeln entledigen und erwachsen werden. Biologisch ist das schwierig, politisch ist es unumgänglich.

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Teurer Anfang

Noch nie konnte eine Regierung noch vor ihrer Bildung so aus dem Vollen schöpfen wie die jetzt anstehende schwarz-rote. Wird sie mit dem vielen Geld, das ihr der scheidende Bundestag serviert hat, verantwortungsvoll umgehen? Wird sie tatsächlich aus der schwächelnden Armee eine „schlagkräftige“ machen, die marode Infrastruktur wieder gesunden lassen und dem Klimawandel mit der Transformation der Industrie begegnen? Es ist uns allen zu wünschen, denn von einem defekten Staat, in dem so gut wie nichts funktioniert, haben nur die Schwarzseher und die Radikalen links und rechts etwas. Die könnten weiter behaupten, dass nur sie das Land nach vorne bringen würden. Hat die neue Regierung Erfolg, besteht eine reale Chance, den Damen W Widerpart zu leisten. Man muss weder Merz noch Esken lieben, um ihnen alles Gute zu wünschen. Wenn P Europas Militärmacht ernst nimmt, wenn T die europäische Wirtschaft respektiert, ist schon ein erster Schritt getan. Und wenn unsere Brücken nicht mehr nachts zusammenkrachen, die Kinder in den Schulen wieder gerne aufs Klo gehen, die Bahn nur noch fünf Minuten Verspätung hat und die Temperatur um nicht viel mehr als 2 Grad steigt, dann haben alle was davon. Aber das müssen die von Kle-Ko-Leute aushalten: dass man ihnen ständig auf die Finger schaut und Mordio schreit, wenn sie vom Pfad der ökonomischen Tugend abweichen.

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Alter Bundestag

Dürfen die das, wird gefragt, dürfen sie den alten Bundestag über eine Grundgesetzänderung abstimmen lassen, weil beim neuen die Parteien des rechten und linken Randes einen solchen Beschluss blockieren können? Einerseits werden die noch amtierenden Abgeordneten bis zu ihrem Ausscheiden bezahlt, sodass man von ihnen auch noch ein gewisses Maß an Arbeit verlangen kann. Andererseits haben jene, die ausscheiden, bereits ihre Zimmer ausgeräumt und sind auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung. Wie und wo sollen sie sich mit so etwas Schwerwiegenden auseinandersetzen wie der Änderung des Grundgesetzes? Warum gibt es eigentlich diese 30 Tage zwischen der Wahl und der Konstituierung des neuen Parlaments? Doch wohl deshalb, damit die Bundestagsverwaltung den neu gebildeten Fraktionen und ihren Mitgliedern geeignete Arbeitsbedingungen schaffen können. Mutmaßlich haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes diese Frist nicht deshalb geschaffen, damit sich die neue Regierung aussuchen kann, welches Parlament es benutzen will, um sein Koalitionsprogramm finanziell zu sichern. Es mutet eigenartig an, dass ein Parlament, das diese neue Regierung gar nicht kontrollieren kann, die rechtlichen und monetären Voraussetzung für seine Existenz schaffen soll. Häckerling sieht das Prozedere auf der pragmatischen Ebene ein, fragt sich aber, wie die Hüter des Rechts beim Verfassungsgericht dies einschätzen. Sie werden einem unziemlichen Druck ausgesetzt: Was, wenn es die neue Regierung gibt, ihre finanzielle Basis aber aus rechtlichen Gründen außer Kraft gesetzt würde? Der alten Regierung ist das bekanntlich passiert. Damals ging es „nur“ um 60 Milliarden Euro, bei der neuen Regierung um 1000 Milliarden Euro. Das wäre eine Katastrophe für sie und damit ihr Ende. „Muss“ Karlsruhe also schon deshalb seinen verfassungsrechtlichen „Segen“ geben?