Kategorien
Politik

Sprachlose Denkpause

Allerhand schulisch Interessantes bieten die Stuttgarter Zeitungen an diesem Samstag (17.4.10): Eine berufliche Schule in Stuttgart verlangt von den Schülern, die gegen das Handy-Verbot verstoßen, ein Bußgeld von 2,50 oder 5,00 €, und in einer Schweizer Grundschule wird ein aufregendes Programm zur Nutzung von I-Pods und Handys im Unterricht erprobt. Das eine bringt Geld in die Sozialkasse der Schule, das andere die Medienkompetenz weiter.

Der ärgerlichste Artikel steht auf Seite 1 der Stuttgarter Nachrichten: Die inzwischen wohl tatsächlich durchgeführten Einschulungs- und Sprachtests des Landes haben ergeben, dass rund ein Viertel aller Schulanfänger mit beträchtlichen sprachlichen Problemen kämpft. Die Sozialministerin habe das, ist zu lesen, so kommentiert: „Das muss uns zu denken geben.“

Häckerling meint, dass dieses Denken schon seit längerer Zeit fällig gewesen wäre; denn die Defizite, vor allem der „Kinder mit Migrationshintergrund“, wie man so gerne sagt, haben sich schon lange abgezeichnet. Man hätte nur Grundschullehrerinnen oder Frauen in den Kindergärten (Kitas) fragen müssen. Dann wäre auch auf den Tisch gekommen, dass diese Sprachprobleme nicht nur da sind, sondern dass man auch viel zu wenig dagegen unternimmt.

Diese Kinder drohen schon in der Grundschule zu scheitern. Sie brauchen eine individuelle Begleitung und Förderung. Frau Sozialministerin: Handeln Sie!

(Blog-Eintrag Nr. 174)

Kategorien
Politik

Nachhelfen durch Nachhilfen

Jetzt haben wir es schriftlich: Die Schülerinnen und Schüler in Deutschland erhalten in großem Umfang Nachhilfeunterricht; am meisten die Gymnasiasten, aber auch nicht wenige Grundschüler und Realschüler. Baden-Württemberg liegt ganz vorne; dort wird ein beträchtlicher Teil der insgesamt 1,5 Nachhilfe-Milliarden ausgegeben. In einer SWR-2-Sendung zu diesem Thema (am 8.3.10) haben die Diskussionsteilnehmer (eine Elternvertreterin, ein gymnasialer Schulleiter und der Bildungsforscher Klemm) übereinstimmend den Grund der Misere benannt: Das Schulsystem bei uns taugt nichts.

Mit anderen Worten: Wenn die Schulen es fertig brächten, jedes Kind zu fördern, müsste es nicht in die Nachhilfe gehen und sich dort den individuellen Unterricht kaufen. Dem kann man „im Prinzip“ nicht widersprechen. Aber der Theorie, man müsse einfach 1,5 Mrd. Euro zusätzlich ins Schulsystem investieren und könne so das Problem lösen – für die Wirksamkeit einer solchen Maßnahme fehlt der Beweis durchaus. Geld ändert nicht viel. Es muss sich auch einiges ändern.

Denn die meisten Schulen und ihre Lehrkräfte haben zum Beispiel eines noch nicht gelernt: die Individualisierung des Unterrichts, die Stärkung der Lernverantwortung der Kinder, das Eingehen auf die Besonderheit jedes einzelnen Lernenden. Daran fehlt es im dreigliedrigen Schulwesen, aber auch in den Gesamtschulen. Das frontale Unterrichten klappt im Großen und Ganzen, aber mit dem helfenden Unterrichten (dem „Nachhilfeunterricht“ im eigentlichen Sinn) tun wir uns offenbar schwer. Das ist auch nicht einfach, diese Kompetenz muss man als Lehrkraft kennen lernen, vermittelt bekommen, einüben und praktizieren. Dazu gehört die Schulung der diagnostischen Fähigkeiten, also des Blicks dafür, was ein Kind zum Lernen braucht. Mit 1,5 Mrd. Euro könnte man zwar einiges in diesem Sinne bewegen, aber man muss es als Schulbehörde durchsetzen (wollen) und sich als Lehrkraft nicht sperren (dürfen).

(Blog-Eintrag Nr. 161)

Kategorien
Politik

Schüler ohne Einblick

Eine Gruppe von Schülervertretern hat dieser Tage klagende Worte gegenüber Schulleitern geäußert. Der Grund: Sie werden nicht ausreichend informiert. Wesentliche Schreiben, auch solche des Kultusministeriums Baden-Württemberg, die ausdrücklich auch den Schülerinnen und Schülern bzw. ihren verfassten Organen zur Kenntnis zu bringen sind, würden ihnen vorenthalten. Das finden sie nicht in Ordnung. Man muss ihnen recht geben.

Es gibt sicher den einen oder anderen Grund der Entschuldigung. Die Schulleiter werden überfordert und sie sind es deshalb oft auch. Im hektischen Trubel des Schulalltags geht manches unter. In der Fülle der Informationen, die ihnen Tag für Tag auf den Schreibtisch (oder in den Rechner) geworfen werden, übersehen sie leicht, an wen was weiterzuleiten ist. In manchen Schulen dümpelt die SMV vor sich hin. Es kann auch sein, dass kein rechtes Vertrauen zwischen ihr und der Schulleitung besteht.

Trotzdem: Die Einbeziehung der Schüler (und natürlich auch der Eltern und des Kollegiums) in den Informationsstrom ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein gutes Schulklima. Wer als Schulleiter seine Schule voranbringen will, muss alle einbeziehen in den Dialog. Man kann nicht vorne ziehen, wenn die hinter einem nicht wissen, wohin der Weg gehen soll und deshalb trödeln.

Allerdings genügt das bloße Informieren nicht. In regelmäßigen Gesprächen muss mit den Lehrerinnen und Lehrern, den Eltern und den Schülerinnen und Schülern über die Entwicklung der Schule gesprochen werden, sind Informationen „von oben“ zu interpretieren und ist der Stand der Dinge im eigenen Haus zu resümieren. Wer an solchen Gesprächen teilnehmen kann, fühlt sich ernst genommen und wirkt mit. Das kostet die Schulleiter auch Zeit, gewiss, aber sie ist gut angelegt.

(Blog-Eintrag Nr. 160)