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Rückwärtsroller

Die SPD macht gerne mal was rückgängig, vor allem im Bildungsbereich. So will man zurück zum neunjährigen Gymnasium, nur weil irgendwelche Schulen es nicht schaffen, den Kinder in acht Jahren das Wesentliche zu vermitteln. Dabei gibt es eine beträchtliche Zahl von Schülern, denen auch G8 zu wenig bietet.

Nun hat man sich eine neue Rolle rückwärts ausgedacht: die Wiedereinführung der Leistungskurse. Die waren einst die Frucht der großen Gymnasialreform der 1970er Jahre. Es gab in der Anfangsphase sehr beliebte LK-Kombinationen, zum Beispiel Biologie und Sport. Allerdings soll man daher sogar in Ägypten erwogen haben, das deutsche Abitur nicht mehr anzuerkennen – wegen seines zu niedrigen Niveaus. Aber vielleicht gehört diese Geschichte ins Reich der Legenden.

Jedenfalls war man im schwarz-gelb regierten Baden-Württemberg durchaus besorgt über die Entwicklung. Die trostlos schlechten Leistungen in den Grundkursen von Deutsch und Mathematik führten dazu, dass man in diesen Fächern die Aufteilung in Grund- und Leistungskurse aufgehoben und sie zu „Kernkompetenzfächern“ ernannt hat.

Nun wollen die baden-württembergischen Sozialdemokraten an dieser Schraube drehen und zur alten Struktur (LK und GK) zurückkehren. Angesichts dieser sinnlosen Nostalgie dreht sich mir nicht nur im Kopf alles Mögliche, sondern auch der Magen um. Es ist zum …

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Demokratismus

Endlich haben wir mal wieder ein Thema, bei dem sich grundsätzliche Positionen vertreten lassen. Ist der Mitgliederentscheid der SPD über den Entwurf des Koalitionsvertrags bedenklich oder erfreulich?

Wer ihn erfreulich findet, verweist auf den Zuwachs an Demokratie. In den Worten des SPD-Erzengels Gabriel: „Es ist demokratischer, wenn Hunderttausende über eine Sache bestimmen, als wenn das nur ein paar Hundert tun.“ Wäre es in der Logik dieser Argumentation nicht noch demokratischer, alle Wahlberechtigten der Bundesrepublik Deutschland darüber abstimmen zu lassen? Und noch demokratischer könnten wir uns fühlen, wenn auch jedes Gesetz dem Volk zur Abstimmung vorgelegt würde. Dann, endlich, hätten wir alle Bürger im Boot.

Die erhöhten Kosten für die Wahlakte ließen sich teilweise kompensieren durch eine Verkleinerung des Bundestags, dessen Bedeutung dann gegen Null schrumpfen würde. Spätestens da kommen vielleicht auch dem glühendsten Vertreter dieser Demokratisierungswelle einige Zweifel.

Bisher, so dachte ich, war diese Republik eine repräsentative Demokratie. Wir haben Leute gewählt, die politische Entscheidungen treffen sollten. Dafür bekommen sie Zeit und Geld. Sie sollten mit Sachverstand und verantwortungsbewusst handeln, möglichst frei von Beeinflussung. Ein „imperatives Mandat“ galt bisher als verfassungswidrig. Das scheint sich nun zu ändern, mit problematischen Folgen, wie ich meine. Am Beispiel der SPD: Wenn die Mitglieder den Vertrag ablehnen sollten, die Bundestagsabgeordneten der SPD ihn aber gut fänden – was dann? Oder umgekehrt: Was soll geschehen, wenn das Parteivolk zustimmt, eine größere Gruppe von Abgeordneten aber dagegen ist? Das wird natürlich nicht passieren; denn welcher Abgeordnete würde sich gegen ein Mehrheitsvotum des Parteivolks stemmen? Er muss, ob er will oder nicht, seine Freiheit auf dem Altar der Basisdemokratie opfern.

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Die Christen und die Grünroten

Endlich wird sie auch in den Medien zum Thema: die innige Beziehung zwischen einigen (meist protestantischen) Christen und dem grünroten politischen Lager. Namhafte Gestalten der evangelischen Kirche (Göring-Eckardt, Füllkrug-Weitzel) haben sich zu Werbeträgern der Grünen und der SPD erheben lassen. Sie wollen damit ihre christliche Überzeugung in den politischen Alltag einbringen.

Nun ist nichts dagegen zu sagen, dass Christen das tun, was von uns allen erwartet werden kann: sich in die Gestaltung unserer Gesellschaft einzumischen, für den rechten, menschenfreundlichen Weg zu kämpfen und bei den allfälligen demokratischen Kompromissen für die Benachteiligten, ungerecht Behandelten, zu wenig Gehörten etwas mehr herauszuholen. Nur: Was die beiden doppelnamigen Frauen tun, ist nicht in Ordnung: Denn sie benutzen ihre Popularität in der Kirche, ihren mit dem Amt verbundenen Bonus, um damit die Wähler zu beeinflussen. Beide Damen sagen zwar, ihr Amt ruhe derweil, aber sie haben nichts dagegen, als Präses der Synode der EKD oder als Präsidentin der Diakonie vorgestellt zu werden. Klar, das bringt Stimmen, weil das Amt als christlich-solide gilt. Im Übrigen war der Spendenaufruf der Diakonie dieser Tage von Füllkrug-Weitzel unterschrieben. So ganz ruht das Amt wohl noch nicht.

Nur nebenbei sei’s erwähnt: Wer als normaler Beamter mit seinem Amt politisch wirbt, muss sich auf ein Disziplinarverfahren gefasst machen. Das Amt gebietet Zurückhaltung. Ich finde, ein christliches Amt gebietet das auch.