Den Stuttgarter Nachrichten ist es (am 14.10.09) die Schlagzeile auf der ersten Seite wert: Die Bürger seien zu anspruchsvoll; sie wollten ein „Rundum-Sorglos-Paket“ von den Städten und Gemeinden. Das aber sei unbezahlbar. So jedenfalls hat sich ein Sprecher der Kommunen geäußert. Zur Verdeutlichung der Anspruchsmentalität werden unter anderem genannt: die Lernmittelfreiheit und die Sprachförderung.
Die Lernmittelfreiheit hat in Baden-Württemberg Verfassungsrang: „Unterricht und Lernmittel an den öffentlichen Schulen sind unentgeltlich“, heißt es im Artikel 14 der Landesverfassung. Das bedeutet in der Praxis, dass alle für den Unterricht notwendigen Materialien (Schulbücher, Arbeitshefte, Lektüren, Chemikalien, Taschenrechner, Malpapiere und dergleichen) kostenlos zur Verfügung zu stellen sind. Ausgenommen sind persönliche Gegenstände wie die Schultasche, die Turnschuhe und das Schreibmäppchen oder Gegenstände, die wenig mehr als einen Euro kosten (z. B. Hefte, Radiergummi, Geodreieck). Diese Regelung ist von den Müttern und Vätern der Verfassung mit Bedacht formuliert worden; denn der Schulbesuch soll für alle erschwinglich sein.
Ganz nebenbei: Die Schulträger, die Städte und Gemeinden, erhalten für jeden Schüler vom Land einen Zuschuss. Der reicht für die Lernmittel allemal und auch für etliche Lehrmittel.
Die Sprachtests bei Vierjährigen und die darauf aufbauende Förderung sind unabdingbar, wenn wir nicht wollen, dass schon beim Eintritt in die Schule das lebenslange Scheitern der Kinder aus spracharmen Elternhäusern feststehen soll. Denn offenbar schafft es nicht einmal die Grundschule, die immerhin eine „Gesamtschule“ ist, die Defizite in der Sprachkompetenz abzubauen. Das muss vorher geschehen. Wenn die Städte dafür kein Geld zu haben meinen, muss das Land auch hier unterstützend eingreifen.
Lernmittelfreiheit und Sprachförderung sind denkbar schlechte Beispiele für das Anspruchsdenken der Bürger.