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Kopfnoten oder Ampel

In diesen Tagen geistert ein Wort durch die politische Landschaft, das man sonst eher selten hört: Kopfnoten. Dem Vernehmen nach gehört deren Abschaffung zum Kernbereich der politischen Wende, die von der SPD und den Grünen in Nordrhein-Westfalen eingeleitet werden soll. Weil sich die FDP diesem Ansinnen verschlossen hat, wurde es nichts mit der „Ampelkoalition“. Wenn es denn daran gescheitert sein wollte, sei’s drum. Was haben die Rot-Grünen eigentlich gegen Kopfnoten?

Darunter versteht man keine Benotungen des Kopfes, sondern der sozialen und personalen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern. Die Noten in den einzelnen Fächern beruhen im Wesentlichen auf den fachlichen Leistungen. In sie auch anderes hineinzupacken, also das Verhalten des Schülers, seine Fähigkeit, mit anderen zusammen und vor allem mit ihnen zusammenzuarbeiten, seine Empathie (Einfühlungsvermögen), sein Fleiß – der ist gar nicht so altmodisch, wie manche denken – seinen Ehrgeiz oder seine Zuverlässigkeit, das würde sie überfrachten. Das kann mit den „Kopfnoten“ besser zum Ausdruck bewerten.

Wollen die grün-roten Politiker das Bewerten dieser „Leistungen“ wirklich abschaffen? Da brechen offensichtlich alte 68er-Reflexe durch, denn die Abschaffung der Noten oben, also am Kopf des Zeugnisses, die hatten wir schon einmal.

Nun geht es also in NRW den Kopfnoten an den Kragen. Die Ampeln dort stehen künftig auf Rot und Grün zugleich. Das kann zu Unfällen führen. Dafür werden die faulen Schüler nicht mehr diskriminiert. Auch so kann Fortschritt aussehen.

(Blog-Eintrag Nr. 189)

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Dreist oder albern

Seit Jahrzehnten wird die S-Bahn-Verbindung zwischen Böblingen und Renningen, die sog. S 60, geplant und auch ein bisschen gebaut. Seit den 1980er Jahren wartet man auf die Einweihung. Die wurde immer wieder verschoben. Gerüchteweise soll sie Ende 2012 fertig erfolgen, manche rechnen mit 2015. Der Grund ist das Fehlen von Planung, von Grundstücken und von Geld. Um die Peinlichkeit in Grenzen zu halten, wurde am Montag (14.6.10) eine Teilstrecke (Böblingen – Maichingen Bahnhof) in Betrieb genommen. Natürlich mit den üblichen Reden der wichtigen Menschen und volkstümlichen Festlichkeiten. Häckerling findet das eher noch peinlicher. Schließlich handelt es sich um eine Strecke von gerade mal 8 Minuten Länge. Das ist kaum mehr als die Hälfte der Zeit, die ein S-Bahn-Fahrer im Stuttgarter Tunnel zubringt.

An dieser „Großbaumaßnahme“, die – hinsichtlich ihrer zeitlichen Ausdehnung – sowohl den Potsdamer Platz als auch Stuttgart 21 in den Schatten stellen dürfte, kann man das in Deutschland üblich gewordene Arbeiten studieren: Am Anfang steht der großartige Plan, dann kommen die Widerstände, dazu gesellen sich der Dilettantismus der Beteiligten und die Unfähigkeit, sich auf Finanzierungen zu einigen, und schließlich dümpelt das Ganze seinem Ende entgegen oder versandet wie bei der S 60.

Was die neue Teilstrecke des S 60 angeht, so wird daran auch deutlich, dass man es nun zwar geschafft hat, das Daimler-Benz-Werk ans S-Bahn-Netz anzuschließen, aber den vielen Bürgern in Sindelfingen-Nord (Stadtteil Hinterweil) die für sie vorgesehene und seit Jahren fast fertige Haltestelle Maichingen-Nord noch lange Zeit vorenthalten wird.

(Blog-Eintrag Nr. 188)

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Journalismus oder Agitation

Sie hat eine neue Qualität bekommen, die politische Auseinandersetzung. Auch wenn niemand Schwarz-Gelb lieben oder die christlich-frei-demokratische Politik gut finden muss, so ist es doch allerhand, was sich vor der Agentur für Arbeit in Stuttgart abgespielt hat. Einige junge Leute, dem Vernehmen nach „Jungliberale“ (auch Julis genannt), haben die Kunden des „Arbeitsamtes“ mit zynischen Sprüchen attackiert. So jedenfalls hat es uns die Stuttgarter Zeitung am 11.6.10 erzählt. Und wir haben ihr natürlich geglaubt, denn inzwischen trauen wir der „gelben Gefahr“ so gut wie alles zu.

Am Tag darauf teilt uns besagte Zeitung mit, dass es sich offenbar nur um vermeintliche Jungliberale gehandelt habe. Irgendwelche Typen hätten sich wohl als solche ausgegeben. Man müsse annehmen, dass sie damit die Freidemokraten ins Zwielicht bringen wollten. Jedenfalls hätten die „echten“ Julis Anzeige erstattet. Die Polizei ermittle. Die Sache sei für sie allerdings „Neuland“. Ob es sich überhaupt um eine strafbare Handlung handle, werde noch zu prüfen sein, heißt es.

Der nächste Akt wird wohl der sein, dass jemand mutmaßt, die Anzeige der Julis sei nur ein schwacher Versuch, davon abzulenken, dass „ihre“ Aktion schlecht angekommen ist. Und so weiter.

Nun wissen wir alle: etwas bleibt immer hängen. Das ist auch den meisten Journalisten nicht unbekannt. Trotzdem schreiben sie flugs einen Bericht über ein Ereignis, das sie selbst nicht geprüft haben, und machen damit – nicht Meinung, sondern Stimmung. Unter seriösem Journalismus hat man früher etwas anderes verstanden.

(Blog-Eintrag Nr. 187)