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Die Politiker und das Geld

Es geht um 500.000 €, hören wir, und um die Frage, wer sie ihm geliehen hat, dem jetzigen Bundespräsidenten und damaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen. War es der Mann oder die Frau? Wenn er ihm geliehen hat, war es dann eine Bestechung? Wenn sie ihm geliehen hat, war es dann keine? Und was, wenn sie ihm das Geld ihres Gatten als Kredit gab?

Darf ein Politiker in Leitungsfunktion überhaupt einen Privatkredit mit etwas niedrigerem Zinssatz annehmen? Muss er nicht zu einer Bank gehen, wenn er Geld braucht? Zu welcher? Und wenn die Bank ihm auch günstigeren Zins einräumt als anderen, ist das auch ein Bestechungsversuch? Und wann liegt eine Bestechung vor? Wenn jemand aufgrund seines Amtes oder seiner Stellung einen Vorteil hat, also begünstigt wird? Oder erst, wenn er sich im Gegenzug erkenntlich zeigt? Und wie weist man das nach? Genügt die entsprechende Unterstellung?

Es ist ein gutes Zeichen für das Funktionieren der Selbstreinigungskräfte unserer Gesellschaft, dass auch „die Großen“ gelegentlich unter die Lupe genommen werden. Nicht immer also lässt man sie laufen. Aber dennoch beschleicht mich ein ungutes Gefühl bei der Causa Wulff. Warum kommt das alles jetzt auf den Tisch? Was ist daran so bedeutsam, dass es die Medien tagelang aufgeregt traktieren und uns damit von anderen, größeren Problemen ablenken? Da stellt sich eine hin und fordert verklausuliert den Rücktritt des Bundespräsidenten. Sie redet von der Politikverdrossenheit, die er steigere, und verschweigt scheinheilig, dass sie dasselbe Geschäft betreibt.

Darf man an dieser Stelle auch noch ergänzen, dass hier Weichen für die Bundestagswahl 2013 gestellt werden? Der Sturz eines der CDU angehörenden Bundespräsidenten hätte angenehme Folgen für den Wahlkampf der politischen Gegner.

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Die FDP und ihr Führungspersonal

Häckerlings Pflichtgefühl nötigt ihn, im gleichnamigen Blog Ereignisse zu kommentieren, die gestern und heute bereits auf allen Kanälen reichhaltige Resonanz gefunden haben. Daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihm etwas Neues dazu einfällt, eher gering.

Der Rücktritt des Generalsekretärs der FDP wird in der öffentlichen Diskussion zwiespältig gesehen: Fahnenflucht oder Konsequenz? Will er rechtzeitig vor der Bekanntgabe der (kropfunnötigen) Rettungsschirmbefragung die Segel streichen oder ist er mit dem Vorsitzenden so zerstritten, dass es kein gedeihliches Zusammenwirken mehr gab. Wahrscheinlich trifft beides zu, woraus ein biederes Parteimitglied wie ich nur den Schluss ziehen kann, dass es der Parteiführung an Professionalität gebricht. Die lernt man allerdings nur „mit der Zeit“, aber just an der nötigen Reifezeit scheint es der Generation der Dreißigjährigen offenbar gehörig zu mangeln.

Und wie geht es weiter? Zerbricht die schwarz-gelbe Koalition, weil eine stattliche Zahl von Mitgliedern – nach gültiger oder ungültiger Abstimmung – der Parteiführung die Gefolgschaft verweigert hat? Das ergäbe dann die von Lindner gewünscht neue „Dynamik“. Die bekäme man auch, wenn Rösler zurückträte und Brüderle ihn beerbte. Dynamik hatten wir uns allerdings schon vor Monaten erhofft, wir haben sie aber nicht bekommen.

Überlebt die FDP oder geht sie in den Piraten auf? Das wäre dann doch ein Verlust für Deutschland. Liberale Parteien werden gebraucht, also braucht man auch die FDP. Dazu muss sie allerdings deutlich machen, wofür sie steht, und das dürfen nicht nur Steuersenkungen oder Ablehnungsbescheide zu Rettungsaktionen für den Euro und die Staaten, die ihn haben, sein.

Der Verfasser ist gespannt, ob ihm noch die Medaille zur 50-jährigen Mitgliedschaft bei der FDP überreicht werden kann.

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Das Gymnasium und seine Dehnübungen

Vor fast acht Jahren hat man in Baden-Württemberg das achtjährige Gymnasium flächendeckend eingeführt. Das erste Abitur dieses G 8 findet im kommenden Frühjahr statt. Dann hätte das aufwändige Nebeneinander neun- und achtjähriger Bildungsgänge ein Ende, hätte, hat aber nicht, denn die neue Regierung will das Alte zurück, das Nebeneinander von G 8 und G 9. Sie will es, weil es ihre Wähler angeblich wollen. Und wie will sie es?

Sie erlaubt im kommenden Schuljahr 22 Gymnasien (gut 5% also), ein Modell zur Dehnung von acht nach neun zu erproben. Da kommen mehrere in Frage: Man könnte (erstens) die Klassen 5 und 6 von zwei auf drei Jahre dehnen, also den Kindern einen gemütlichen Start ins Gymnasium ermöglichen. Man könnte (zweitens) die vier Schuljahre 7 bis 10 auf fünf dehnen und damit den Jugendlichen der Mittelstufe jene Zeit lassen, die sie zum Pubertieren brauchen. Leider sagen uns alle Lernstudien, dass in diesen Jahren nur wenig gelernt wird. Man könnte (drittens) das Naheliegende tun, also kein weiteres neues Modell ausprobieren, sondern die alte G-9-Version wieder einführen: sechs Schuljahre (5 – 10) in sieben Jahren (5 – 11). Das Problem wäre allerdings eine Vorgabe des Ministeriums. Es soll im neu-alten G 9 auf der Grundlage des G-8-Bildungsplans unterrichtet werden. Da wird ein Fehler von G 8 ins Gegenteil verkehrt. Manche Schulen haben nämlich gemeint, sie müssten im achtjährigen Gymnasium den alten G-9-Plan umsetzen. Dieser Denkfehler hat uns den Ärger bei G 8 beschert. Man hat in diesen Schulen den alten Wein (Bildungsplan für G 9) in einen kleineren Schlauch (acht Jahre) gekippt. Der hat dann prompt an Überfüllung gelitten und ist fast geplatzt. Jetzt soll man einen neuen Wein (den G-8-Plan) in den alten Schlauch (neun Jahre) gießen. Dieser Schlauch wird ein bisschen schlaff bleiben.

Schön wäre es, wenn die Modellschulen sich etwas ganz Neues ausdächten!