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Solidarität und Effizienz

Manchmal muss man die kleinen Artikel in der Zeitung beachten, um Wichtiges zu erfahren. Da stand dieser Tage an wenig prominenter Stelle die Meldung, dass eine Studie ergeben habe, die in den Osten Deutschlands fließenden Gelder würden wenig sinnvoll eingesetzt. Ihr Nutzen sei eher gering. Das mutet merkwürdig an und denen, die zahlen, und das sind wir alle, einiges zu.

Nun geht es nicht um die berühmten Erdnüsse (peanuts), sondern um ganze Nussplantagen. Das Gesamtvolumen des Solidarpakts, lese ich bei Wikipedia, betrage 156,5 Milliarden Euro; die stelle der Bund den neuen Bundesländern zur Verfügung. Gut, diese Milliarden verteilen sich auf einige Jahre, aber die Größenordnung mutet schon ziemlich griechisch an. Und dieses Geld wird nicht nützlich angewandt? Wenn dem so ist: au weia.

Heute kam die Meldung, dass die meisten armen Kinder (Hartz-IV-Empfänger) in Nordrhein-Westfalen leben und nicht in einem der neuen Bundesländer. Könnte es sein, dass hier etwas schiefläuft, dass Geld in die falsche Richtung fließt? Natürlich protestieren die Ostländer gegen diese Deutung. Aber nicht jeder Protest ist auch berechtigt.

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Stuttgart 21 und seine Demonstranten

Keine Frage: der Großteil der unermüdlichen Demonstrierer gegen den unterirdischen Stuttgarter Bahnhof sehen sich als friedliche und friedliebende Menschen und sind es wohl auch. Sie denken, sie meinen es gut und ehrlich. Wenn das so ist, dann dürfen sie ihren Willen selbstverständlich kundtun. Aber es ist auch keine Frage für einen Unbeteiligten und Nichtdemonstranten wie mich, dass die Dinge in Stuttgart aus dem Ruder laufen.

Da gab es vor ein paar Tagen zwei Brandanschläge („vorsätzliche Brandstiftungen“), einen im Bahntunnel bei der Baustelle und einen gegen die Rohre fürs Umleiten des Grundwassers. Sogar die Polizei sieht einen Zusammenhang zwischen diesen kriminellen Akten und dem Widerstand gegen das Bahnprojekt. Die Demonstranten wollen inzwischen auch, so war am Montag in der Zeitung zu lesen, nicht mehr nur demonstrieren, sondern andere, die es nicht tun, sondern anderes zu tun haben, an ihrem Tun hindern. Dabei kommt es zu „Rangeleien“.

Wenn die Polizei das Ende einer Demonstration anordnet, wird das ignoriert. Die Beamten müssen überdies hören, dass sie abhauen sollen. Wer bestimmt in diesem Staat eigentlich? Am Rosenmontag wurde unter dem Motto „Das Wunder der unbefleckten Erkenntnis“ demonstriert. Eine klare Aussage: Alle, die nicht mit uns auf die Straße gehen, sind arm im Geiste. Ein Plakat, das die Stuttgarter Zeitung am 20.2. auf Seite 17 abbildet und das die Veranstalter offenbar genehmigt haben, zeigt Politiker verschiedener Parteien und trägt die Unterschrift: „Hätten ihre Eltern bloß Kondome benutzt!“. Wenn ich das richtig verstehe, wird mit diesem Satz allen, die nicht gegen den neuen Bahnhof sind, das Lebensrecht abgesprochen.

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Die Pflicht und die Kür

Die Kanzlerin hatte sich nach dem Abgang ihres Wunschpräsidenten verpflichtet, einen Kandidaten zu finden, der für vier der fünf Parteien im Bundestag annehmbar sei. Das war ein gutes Versprechen und zeugte von der Bereitschaft, sich nicht nur am Kalkül der Macht zu orientieren. Der vor 20 Monaten unterlegene Gauck bot sich eigentlich ganz von selbst als Lösung der Kandidatenfrage an. Aber er hat es zunächst nicht werden dürfen, weil das Frau Merkels Image geschadet haben würde. Man könnte sie fragen: Warum hast du diese Lösung nicht schon 2010 gewollt?

Doch ging es jetzt wirklich nur um eine Image-Frage? Ging es der CDU bei der Kandidatenkür nicht um mehr, nämlich um das Zeichen der Öffnung ins Grüne und Rote? Daher der Name Klaus Töpfer. Nun hat die FDP die Kanzlerin zu ihrem „Glück“, zur Kür von Gauck, gezwungen. Das wird den Liberalen nun übel angekreidet. Von Erpressung ist die Rede. Komisch: Da „zwingt“ man die Kanzlerin zu einem Kandidaten, den SPD und Grüne und nicht wenige in der Bevölkerung wollen, und ermöglicht ihr damit die elegante Einlösung ihres Versprechens, und nun ist man der Böse und muss fortan die Rache der mächtigsten Frau des Landes fürchten.

Es wäre angebracht, wenn die FDP-Spitze sich noch stärker in die Deutungshoheit einmischen würde. Politik ist nicht nur Handeln, sondern vor allem das erfolgreiche (positive) Darstellen (Erklären) des eigenen Handelns gegenüber der medialen Öffentlichkeit.