Kategorien
Politik

Die Stuttgarter und ihr Neuer

Der Wählerberg hat gekreißt und den kleinen Fritz geboren. Der Hinweis auf die Körpergröße soll keine Beleidigung sein, sondern die Feststellung, dass es einen Friedrich den Großen nur einmal geben kann. Aus dem nämlichen Grund verkneife ich mir das schwäbische „le“, es ist für immer an das Rundfunk-Fritzle seligen Angedenkens vergeben.

Fritz Kuhn will ein Oberbürgermeister für ganz Stuttgart sein. Im Januar 2013 wird man ihm dieses Amt offiziell übertragen. Dann kann er zeigen, was er drauf hat, was er besser kann als sein CDU-Vorgänger, was er aus dieser Stadt machen wird, die sich den Titel „Stadt des Protestes“ redlich verdient hat.

Wenn man die Wahlbeteiligung ansieht (47,2%), gewinnt man als Außenstehender, aber einstiger Bürger Stuttgarts den Eindruck, die Wähler hätten keine Lust gehabt, ihre Stimme abzugeben. Nicht einmal die Hälfte hat gewählt und von denen nur gut die Hälfte den Grünen. Fritz Kuhn ist also von einem Viertel der Wahlberechtigten gewählt worden, einer Minderheit also. Zum Schultes der ganzen Stadt zu werden dürfte ihn also noch einige Anstrengung kosten.

SWR 2, der Kultursender, nennt die Wahl vom Sonntag eine „Zeitenwende“. An diesem unsinnigen, unzutreffenden Wort wird deutlich, auf welchem dürftigen kulturellen Weg – oder soll ich sagen „Irrweg“? – das schwäbische Bildungsbürgertum mittlerweile wandelt.

Kategorien
Politik

Die Kompetenzen und die Einheitsschule

Die neuen Bildungspläne werden verbindliche, gemeinsame Bildungsstandards für alle Schularten enthalten. Die Bildungsstandards legen fest, über welche Kompetenzen ein Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügen muss.

Quelle: http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/menu/1380121/index.html

Nun ist die Katze aus dem Sack. Was viele schon lange ersehnen und andere befürchten, wird nun von der grün-roten Bildungsmaschinerie auf den Weg gebracht. Es soll künftig nur noch einen Einheitsbildungsplan geben. Er legt fest, was „ein Schüler“ (auch Mädchen dürfen sich gemeint fühlen) am Ende einer Klassenstufe an Kompetenzen haben „muss“. Dabei ist es unerheblich, in welche Schule das Kind geht.

Die neuen Pläne werden ab 2013 an allen (!) Gemeinschaftsschulen erprobt, dazu noch an je zwei Schulen der restlichen Schularten. Die Gymnasien werden also ab 2015 nach dem Bildungsplan der Gemeinschaftsschulen unterrichten dürfen.

Ich frage mich, ob dann überhaupt noch verschiedene Schularten nötig sind. Der Hinweis darauf, dass der Bildungsplan verschiedene Niveaustufen ausweisen werde, verfängt nicht. Diese Stufen haben schon beim gymnasialen Bildungsplan 2004 nur ein Schattendasein geführt. Es ist nicht mehr zu leugnen: Der Einheitsbildungsplan öffnet den Weg in Richtung Einheitsschule. Gymnasium, dein Ende naht! Du wirst vielleicht noch so heißen, aber es nicht mehr sein.

Kategorien
Politik

Die katholische Kirche und der Rückschritt

Die Katholiken feiern den Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren. Als Protestant frage ich mich, was es da zu feiern gibt. Denn wo einst dem Fortschritt grünes Licht gegeben wurde, stehen heute die Ampeln auf Rot. Das sei an zwei Beispielen aus meinem eigenen Lebensbereich deutlich gemacht.

Gegen Ende der Sechziger Jahre hatten die jungen Religionslehrer am Gymnasium in den Pfarrwiesen (Sindelfingen) den Eindruck, dass der konfessionelle Religionsunterricht sich überholt habe. Wir beschlossen daher, in der Oberstufe interkonfessionell zu unterrichten. Die Schülerinnen und Schüler bekamen zum Schuljahrsbeginn die Wahl zwischen mehreren Kursen, die jeweils mit zwei Lehrern besetzt waren. Auch der Ethiklehrer war Teil eines solchen Teams. Nach ein paar Jahren zwang uns die Personalknappheit dazu, diese konfessionell gemischten Gruppen nur noch mit einer Lehrkraft zu besetzen. Niemand hat eingegriffen, weder der Schulleiter noch die Kirchenleitungen. Eltern und Schüler waren damit einverstanden. Im Rundfunk gab es eine Sendung über dieses „Sindelfinger Modell“. Doch eines Tages wurde die Sache verboten. Sie verstieß nun gegen kirchliche Regeln.

Im Sindelfinger Stadtteil Hinterweil gab es in den 1970er Jahren einen ökumenischen Ausschuss, der Gottesdienste mit gemeinsamem Abendmahl und zwei Geistlichen veranstaltete. Es gab viel Zustimmung zu diesem Zeichen christlicher Gemeinsamkeit. Doch eines Tages haben es konservative Katholiken geschafft, die Sache zu unterbinden. Die Kirchenleitung sah Regeln verletzt.

50 Jahre fortschreitender Rückschritt sind kein Grund zum Feiern.