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Vorabsieger

Das Besondere moderner demokratischer Wahlen ist die Bekanntgabe des Ergebnisses vor der Wahl. In den letzten Tagen waren die Medien erfüllt von der Botschaft, dass die Grünen in Baden-Württemberg vor einem „historischen“ Wahlsieg stünden. Zu ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland würden sie bei einer Landtagswahl besser abschneiden als die CDU. Das sei dem Herrn K. zu verdanken, dessen großartige Politik und vor allem sein Charisma die Wähler überzeugt hätten. Auch ich finde Herrn K. nett, seine Politik aber muss ich mit einigen Fragezeichen versehen (Beispiel: Bringt die Gemeinschaftsschule wirklich die Lösung aller unterrichtlichen Probleme oder wird sie auch nur als weiterer Flop in die Schulgeschichte eingehen?). Und ob der Mann Charisma hat, kann ich nicht beurteilen. Mir fehlen dafür die Antennen. Was mich aber besonders nervt am vorab mitgeteilten historischen Wahlergebnis: mein Gang zum Wahllokal hat etwas Sinnloses. Ich stimme ab, obwohl das Ergebnis längst feststeht. Ich habe einen Zettel in die Urne geworfen, den die Demoskopen schon vor dem Einwerfen gezählt haben. Immer häufiger wird nach Wahlen gefragt, warum die Wahlbeteiligung ständig sinke. Dann ist von Politikverdrossenheit die Rede. Dabei lautet die Antwort: Es ist die Verdrossenheit über die Demoskopie. Warum soll man wählen, wenn vorher schon alles feststeht? Warum soll man den Deppen des Wahllokalbesuchers spielen, wenn die Meinungserhebungsinstitute längst vorher wissen, was am Ende (des Wahltags) „hinten herauskommt“? Es gab mal einen verheißungsvollen Ansatz, diesen Unfug zu bekämpfen: zwei Wochen vor der Wahl dürfen keine Umfrageergebnisse mehr veröffentlicht werden. Leider waren die Institute stärker als diese Bestimmung. Politiker aller Bundesländer, vereinigt euch und legt den Demoskopen das Handwerk. Die Demokratie wird es euch danken.

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Fluchtabwehr

Endlich sind wir in Europa auf dem Niveau angekommen, das wir schon länger anstreben. Man scheint die lästige Fluchtbewegung „in den Griff“ zu bekommen. Damit hat der ganze humanitäre Quatsch (Hilfe für „Menschen in Not“ – dabei sind es doch nur Verbrecher) endlich ein Ende. Wer es noch wagen sollte, sein wunderbares Heimatland (Syrien, Afghanistan, Irak) zu verlassen und den Europäern lästig zu fallen, wird jetzt abgefangen und dort ruhig gestellt, wo das Wetter besser ist als hier, wo man sich unter südlicher Sonne von den Anstrengungen des Flüchtens erholen kann (in der Türkei, in Jordanien und im Libanon). Leider haben sich noch ein paar Zehntausend leichtsinnigerweise nach Griechenland verirrt. Dumm, dass dort das Wetter so schlecht ist und einige ihre Infektionen nicht überleben werden. Aber mit solchen Kollateralschäden kennen wir uns hier aus. Die nehmen wir gerne in Kauf, wenn es um die Verwirklichung unseres zentralen europäischen Zieles geht: Ruhe zu haben. Die da im Regen auf eine Lösung warten, werden bald merken, dass das Fest zu Ende ist und sich zurück in die Türkei bringen lassen. Endlich, denn wir Europäer möchten unter uns bleiben. Den Türken bezahlen wir gerne die anfallenden Unkosten. Diese blöden weltweiten Krisen, die sich in Kriegen und wirtschaftlichen Problemen äußern, stören uns Europäer beträchtlich, vor allem stören sie unsere Geschäfte und damit unseren Wohlstand. Wenn den uns welche nehmen wollen, werden wir ungemütlich, ob wir nun Bayer, Österreicher, Ungarn, Slowenen, Polen oder sonst was sind. Aber jetzt wird endlich alles besser. Wieder einmal verdanken wir das Österreich. Einer von dort hat uns einst das starke Dritte Reich beschert, jetzt beschert uns die dortige Regierung, dass unser Reichsein nicht schwächelt. Die Leute von der Partei „A… für D“ werden jubeln, müssen sie doch nicht auf den Schießbefehl ihrer Vorsitzenden zurückgreifen.

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Parteienfilme

Während normalerweise im Regionalfernsehen des SWR auf die Wetteraussichten noch die Werbung für das Abendprogramm folgt – meistens fahren irgendwelche Landfrauen durch die Gegend oder es wird ein Tatort wiederholt – sind in diesen Tagen vor der Landtagswahl zwischen Wetter und Tagesschau noch kleine Filme der Parteien zu sehen. Das gab es auch schon vor früheren Wahlen, aber damals nervten diese Produkte wegen ihrer penetranten Werbung. Diesmal sind sie besser, hübscher gemacht und sowohl medial als auch inhaltlich überzeugender. Natürlich meinen es die Parteien allesamt gut mit uns, ja mehr: sie wollen nur unser Bestes, aber sie tragen das in ihren „Wahlsendungen“ mit beträchtlichem Charme vor, manchmal sogar mit Humor. Wenn z. B. der Minischterpräsident sich zuerst in seiner Werkstatt mit einem Stück Holz abmüht und dann im dunklen Anzug ins Auto steigt, um in seine Residenz nach Stuttgart zu fahren, dann verblassen alle Sorgen, die man sich um ihn machen könnte für den Fall, dass die Wiederwahl nicht gelänge. Er kann sich dann wieder umziehen und in seine häusliche Werkstatt zurückkehren. Das ist politisch belehrende Unterhaltung im besten Sinne. Gelegentlich überkommt mich das Bedauern, bei der Wahl nur eine Stimme zu haben. Ich würde einer ganzen Reihe dieser Filme einen Preis geben. Eines hoffe ich: dass es diese Kurzfilme schaffen, die Wahlbeteiligung am Sonntag zu erhöhen.