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Leseherbst

Wer es bisher noch nicht wusste, konnte es heute der Zeitung entnehmen: Die Schweden sind um pragmatische Lösungen ihrer Probleme nicht verlegen. Diesmal geht es um eine Lösung des Leseproblems. Nachdem das Land beim PISA-Ranking in der Lesekompetenz deutlich nach hinten gerutscht ist, will man die jungen Menschen nun stärker zum Lesen animieren, und zwar schon in den Herbstferien. Mit zahlreichen Aktionen soll die Leselust der Teenager gefördert werden. Weg mit dem Smartphone, her mit dem Buch, das ist offenbar die Devise. Und dann auch noch in den Ferien, jener Zeit, in der die Schule (und damit auch der Staat) die Kinder in Ruhe lassen soll! Kein Wunder, dass sich sogar in Schweden schon leiser Widerstand regt. Ich stelle mir vor, wie der bei uns aussähe: Shitstürme in den sozialen Medien, Kampanien in den Leserbriefspalten, eine heftige Debatte im Landtag über den Schutz der Kinder vor staatlicher Bevormundung, die Forderung, das Jugendschutzgesetz um einen entsprechenden Passus zu erweitern. Die politische Rechte würde auf den Zerfall der Kultur unseres Landes hinweisen und dies als Folge des Flüchtlingszustroms deuten, die Linke würde auf die jahrzehntelangen Versäumnisse der konservativen Regierungen verweisen, die Grünen auf ein Verbot ungesunder Medien dringen, die CSU Bayerns Erfolge beim Lesen rühmen und andeuten, dass auch hier Merkel wieder einmal versagt habe. Wenn die leseschwachen Kinder all die Texte läsen, die zu diesem Thema publiziert würden, wäre das ihrer Lesekompetenz, die auch hierzulande zu wünschen übrig lässt, sehr zuträglich.

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