Nun hat eine Studie ergeben, was der gesunde Menschenverstand schon immer wusste: die Lehrkräfte sind auf die Inklusion nicht oder kaum vorbereitet. Sie werden zu Beginn des Schuljahrs in Klassen geschickt, in denen sie Schüler mit Förderbedarf vorfinden. Nun können auch Amateure große Leistungen vollbringen. Sie arbeiten sich ein, machen sich kundig, überlegen sich dies und das, fragen andere, wie sie damit umgehen. Irgendwie geht es dann doch, wenn nicht gut, so doch leidlich. Die Kinder, die zu integrieren sind, werden nicht allzu sehr leiden, die anderen, die ein Recht auf gut vorbereiteten Unterricht haben, werden Abstriche machen müssen, denn ihre Lehrer haben nur begrenzte Zeitressourcen für die Vorbereitung. Manchmal taucht sogar ein Profi im Unterricht auf, ein gelernter Sonderschulpädagoge, der im Lauf der Woche „seine“ Schäflein besucht, ihnen ein wenig beisteht und auch den „Hauptlehrern“ den einen oder anderen Rat gibt. Der (oder die) fühlen sich in ihrer Rolle als Dilettanten nur begrenzt wohl. Sie trösten sich damit, dass sie mithelfen, ein großes politisches Ziel zu verwirklichen: die Inklusion. Ich finde, es gibt dabei zu viele Verlierer. Die Lehrkraft verliert an Selbstvertrauen, weil sie tun muss, was sie nicht gelernt hat, der Förderschüler verlieren, weil sie irgendwann merken, welche Belastung sie darstellen, die „normalen“ Schüler gewinnen zwar an Sozialkompetenz, aber sie müssen Qualitätsverluste im Unterricht hinnehmen. Nur die Politik gewinnt. Sie kann mit dem Vollzug der Inklusion punkten.
Monat: Mai 2017
Akademisierung
Was die Kultusministerin von BW mit diesem Begriff meint? Es gibt zu viele Schüler, die studieren wollen und zu wenig, die einen handwerklichen Beruf anstreben. Das findet Frau Eisenmann nicht gut, das will sie ändern. Aber wie? Ihr Rezept: gleiche Wertschätzung des Handwerklichen und des Akademischen. Das dürfte nicht reichen. Den Trend zum Gymnasium wird sie auf diese Weise nicht stoppen können. Also müsste sie die Hürden erhöhen. Aber die Kraft der Politik ist nicht einmal stark genug, um die verbindliche Grundschulempfehlung wieder einzuführen. Erst recht würde es an Mut fehlen, eine Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium anzuordnen. Die gab es übrigens früher schon mal, aber da lag die Übergangsquote ins Gymnasium noch im einstelligen Bereich. Und den dritten Weg, die gymnasiale Versetzungsordnung zu verschärfen, wird man auch nicht erwägen. Für eine Erschwerung der Bedingungen fürs Bestehen des Abiturs sehe ich keine Chance. Was bleibt dann? Die Beschränkung der Zahl der Studierenden, die Einführung allgemeiner Studiengebühren oder finanzielle Anreize für alle, die nicht studieren? Völlig unmöglich. Aber vielleicht hat die Ministerin noch wirkungsvollere Ideen als die in der Zeitung genannten, die Einführung des Fachs Wirtschaft und mehr Beratungsangebote. Das wird nicht reichen, um den Trend zum Studium umzukehren.
Abiturdefekte
Auch früher gab es Fehler beim Abitur. Ich kann mich an so manche hektische Telefonaktionen zu Oberschulamtszeiten erinnern. Morgens um sieben wurde man um die Korrektur von Zahlen in Mathematikaufgaben, um Ersetzung von Vokabeln in den Fremdsprachentexten und um die Verbesserung von Angaben in den naturwissenschaftlichen Fächern gebeten. Es hat mit dem Verbessern immer geklappt, wenn auch mit erhöhtem Adrenalinspiegel der Beteiligten. Legendär ist die Geschichte von der undichten Stelle bei der privaten Druckerei, die mit der Vervielfältigung der Abituraufgaben betraut war. Plötzlich waren sie bekannt. Man musste die Aufgaben für die Nachtermine nehmen, mit der Folge, dass der schließlich dritte Aufgabenaufguss (der für die Nachschreiber) in seiner Qualität sehr zu wünschen übrig ließ. Das Zentralabitur auf Landesebene ist eine logistische Herausforderung. Dass solche Systeme fehleranfällig sind, kann niemand wundern. Ein bundesweites Zentralabitur wäre es noch mehr. Über einiges beim Abitur 2017 muss ich mich aber schon wundern: dass 18 Schulen trotz einer Aufforderung der Schulverwaltung eine Änderung der Aufgaben nicht registriert und umsetzt, müsste genauer untersucht werden. Wollten sie nicht oder konnten sie nicht? Aber warum nicht? Liest man dort grundsätzlich nicht, was vom RP kommt? Merkwürdig ist auch die Diebstahlanfälligkeit mancher Schultresore. Es gäbe sicher welche, die man nicht so leicht knacken kann. War man bei der Anschaffung zu naiv oder zu sparsam? Beides ist eigentlich inakzeptabel. Für die Ruhe der Prüflinge und ihrer Lehrkräfte müsste man schon ein paar Euro übrig haben.