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Burundi

Wie beschreibt man einen Bürgerkrieg, in dem etwa eine Million Menschen Opfer von Gewalt geworden sind? Faye erzählt diese afrikanische Geschichte aus eigenem kindlichem Erleben. Er ist zwölf Jahre alt, als die Massaker in seiner Heimat Burundi eskalieren. Lange meint er, mit dem Streit zwischen den Eingeborenen, den Hutu und Tutsi, nichts zu tun zu haben, steht er doch als Teil einer privilegierten Familie (zunächst) außerhalb des Konflikts. Der Vater ist Franzose, die Mutter zwar eine Tutsi, aber mit französischer Staatsbürgerschaft. Sie leben in einem „besseren“ Vorort der burundischen Hauptstadt Bujumbara, idyllisch gelegen am Tanganyika-See. Gaby, wie der Ich-Erzähler Gabriel genannt wird, wächst im Wohlstand auf, in einem geräumigen Haus mit einheimischen Dienern. Er trifft sich oft mit seinen Freunden aus der Nachbarschaft. Dann zerbricht die Ehe der Eltern. Auch die gesellschaftliche Ordnung beginnt allmählich zu zerfallen. Es bilden sich Jugendbanden, die das Leben der Einwohner bedrohen und vor Gewalt gegenüber denen mit „anderer Herkunft“ nicht zurückschrecken. Immer näher rückt das Grauen. Es trifft die Dienerschaft, Bewohner der Nachbarschaft, Bekannte, Verwandte, die Mutter. Gaby flieht ins Lesen, eine Nachbarin leiht ihm Romane aus. Aber dann funktioniert auch das nicht mehr. Auch er gerät in die Mühlen der Gewalt. Der Roman, der so heiter begonnen hat, endet im Grauen des Völkermords. Die Geschichte wird rückblickend erzählt. Inzwischen lebt der Erzähler (wie auch der Autor) in Frankreich, trauernd um die verlorene Heimat. Das Buch nimmt uns hinein in ein Geschehen, das wir als Nachrichtenkonsument in den 1990er Jahren nur distanziert von außen betrachtet haben. – Gaël Faye: Kleines Land. Roman 2016. Verlag Piper

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