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Alltäglicher Tod

Wenn nicht an diesem letzten Tag der Karwoche, an dem manche ans Sterben Jesu denken, wann sonst ist es geraten, sich über das den Tod Gedanken zu machen? Zumal der Tod angesichts der Seuche gerade besonders in den Blick gerät. Am Anfang stehe eine unbestrittene Zahl: 2.500. Das ist die durchschnittliche Zahl der Toten in Deutschland – pro Tag. Ständig sterben Menschen. An Unfällen, an Krankheiten, an Altersschwäche. Darüber regt sich niemand auf. Das ist Alltag. Wer auf Friedhöfe geht, sieht die frischen Gräber. Warum also ist der Tod durch die Corona-Pandemie so ein Thema? Es kann nicht die Zahl der Gestorbenen sein, denn die Opfer von Covid-19 wirken sich auf die Statistik kaum aus. Häckerling vermutet, dass dem Virus etwas gelungen ist, was sonst weder der Unfalltod noch das Sterben an Krebs hinbekommt: dass wir uns mit dem Tod auseinandersetzen. Er wird uns über die Medien frei Haus geliefert. Es ist ein anderes Sterben als das in den Kriminalfilmen. Beim Tatort-Toten wissen wir, dass er fiktiv ist, beim Corona-Toten gelingt es uns nicht, ihn aus dem Bewusstsein zu verdrängen. Was für ein Schauer läuft uns über den Rücken, wenn wir die Särge in Italien, Spanien und nun in den USA sehen? Ein bisschen Erleichterung, ja Zufriedenheit und vielleicht auch Stolz stellt sich, wenn wir erfahren, dass unser System offenbar erfolgreicher im Verhindern des Erstickungstodes ist. Aber auch er findet statt, in manchen Altersheimen oder Kirchengemeinden. Bisher herrschte die übereinstimmende Meinung vor, der Tod werde verdrängt. 2500 Leichen am Tag lassen uns kalt, aber diese besonderen Toten, die Opfer eines vor Kurzem noch unbekannten Virus, sie rücken in unser Bewusstsein, die erinnern uns an die eigene Sterblichkeit, von der wir in der Regel nichts wissen wollen. Passt hier das Diktum vom Guten im Schlechten?

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