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Umstrittener Regelbetrieb

Endlich haben die rot-schwarzen Koalitionäre ein Thema gefunden, über das sie sich publikumswirksam streiten können. Kann nach den Sommerferien an den Schulen wieder der „Regelbetrieb“ losgehen, wie es die KMK vereinbart hat und wie es die Ministerin E. beteuert, oder ist das wenig wahrscheinlich, wie der Ministerpräsident K. mutmaßt? Diese Differenz zwischen den Aussagen der beiden Wahlkämpfer ist gar keine. K. ist skeptisch, weil über 20 % der Lehrkräfte fehlten, sie seien „vulnerabel“, also verletzlich oder gefährdet, wenn das Virus sie erwischt. E. ist optimistisch, muss aber einräumen, dass es wegen der fehlenden Lehrkräfte nicht ohne Einschränkungen gehen werde. Ein Streit um des Kaisers Bart. Oder, um es paradox auszudrücken: Wir werden im Herbst an den Schulen einen ungeregelten Regelbetrieb haben. Der müsste allerdings klug geregelt werden. Die Vulnerablen sind ja nicht krank, sondern nur schützenswert, wie wir alle eigentlich. Sie können arbeiten, in der Schule unter Einhaltung der Hygieneregeln oder zu Hause am Bildschirm. Steht ihre Stunde an, so Häckerlings Vorstellung, werden sie „zugeschaltet“. Falls das von einem Nebenraum des Schulhauses aus geschieht, einem Studio sozusagen, wäre das fast wie normaler Unterricht. Ob die Klasse eine zusätzliche Aufsicht braucht oder ob Videoüberwachung ausreicht, müsste von Fall zu Fall entschieden werden. Man könnte eine Hoffnung haben: dass die Schützenswerten dann doch lieber ins Klassenzimmer gehen, wenn ihnen die Videoauftritte zu lästig sind. Oder werden sie nur darüber jammern, was man ihnen zumutet? Sorry, aber ich sehe in den Geschäften, den Lokalen und auf den Flughäfen viele, die mir ziemlich vulnerabel vorkommen. Warum sollte man sie nicht im Unterricht sehen?

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Eskalierende Gewalt

Jetzt tun sie so, als sei die nächtliche Gewaltexplosion in Stuttgart aus heiterem Himmel gekommen. Dabei hat sie sich schon länger abgezeichnet. Haben wir nicht mehrfach von Übergriffen gegen die Polizei und gegen Hilfskräfte bei Rettungseinsätzen gehört? Haben sich nicht bei den Anti-Shutdown-Demonstrationen die Rebellierenden immer uneinsichtiger gezeigt? Ist nicht mit den Exzessen am Rande der Anti-Rassismus-Proteste ein Muster vorgeführt werden, an denen sich die „Gewaltbereiten“, die es auch hierzulande gibt und immer gegeben hat, orientieren konnten. Es hat etwas Naives, wohlwollend von Wutbürgern zu reden und sich dann höchlichst zu wundern, wenn bei manchen Wütenden die Wut ausbricht. Damit man mich nicht missversteht: Das Recht auf Demonstration ist ein hohes Gut. Es zu schützen ist die Aufgabe der staatlichen Ordnungskräfte. Aber Angriffe auf jene, die das Gewaltmonopol haben, sind rechtlich und auch moralisch nicht begründbar. Widerstand gegen die Staatsgewalt ist in einem Rechtsstaat eine Straftat. In den Köpfen derer, die Polizisten angreifen und Privateigentum zerstören, ist nicht nur eine Schraube locker, es stimmt deren ganzes Wertesystem nicht. Man muss den Verantwortlichen vorwerfen, dass sie die Zeichen der Zeit und das Zusammenbrauen des Sturms nicht rechtzeitig erkannt haben. Und man muss der Gesellschaft ankreiden, dass sie mit klammheimlichem Wohlwollen und leichtsinnigen Kommentaren diese Entwicklung begünstigt hat. Jetzt ist jedermann empört, auch Häckerling, aber das reicht nicht aus, um die Fehler der Vergangenheit, die Blindheit und die Neigung zur Verharmlosung, zu tilgen. Es geht jetzt um Bestrafung, ja, es geht aber auch um die Rückbesinnung auf das, was eine Demokratie ausmacht und den Kampf gegen jenes Denken, das sie zerstört. Wenn wir Regeln der Demokratie mit dem gleichen Nachdruck durchsetzen würden wie die Hygieneregeln, wäre manches besser.

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Unbewertete Hausaufgaben

Zugegeben, es ist nicht das Übliche in einem Lehreralltag. Keine Schülerinnen und auch keine Schüler vor sich zu haben, sondern sie mithilfe elektronischer Werkzeuge zu kontaktieren, das hatten wir bisher nicht. Was wir aber schon immer hatten, das waren die Hausaufgaben. Nun hat eine Debatte begonnen, ob und wenn ja wie digital verschickte Aufgaben zu bewerten seien. Angeblich wird an einer Richtlinie gearbeitet. Das ist schulrechtlich interessant. Richtlinien sind keine Verwaltungsvorschriften, sondern gute Ratschläge. Gegen sinnvollen Rat mag Häckerling nichts einwenden, aber was die Bewertung (oder Benotung) häuslicher Arbeiten angeht, bedarf es keiner Vorschriften; die haben wir längst. In der „Notenverordnung“ ist dargelegt, dass für die Benotung der Schülerleistungen der Fachlehrer oder die Fachlehrerin zuständig sind. Wie er/sie die einzelnen Arbeiten der Zöglinge gewichtet, steht ihm/ihr frei. Darüber Auskunft zu geben ist eine Pflicht, der man zu Beginn eines Schuljahrs ungefragt nachkommt. Sollten sich Änderungen ergeben, sind die ebenfalls mitzuteilen. Mehrmonatiger häuslicher Unterricht ist eine nicht ganz kleine Änderung. Also wäre von den Pädagogen eine Antwort auf die Frage zu erwarten, wie sie die elektronisch gestellten Hausaufgaben in ihre Gesamtbeurteilung einbeziehen. Die Frage, ob sie das tun sollen, stellt sich nicht, da die Notenverordnung an diesem Punkt streng ist. Alle Leistungen sind bei der Gesamtnote zu berücksichtigen. Wer eine per Papierkopie, SMS, E-Mail, Moodle oder auf andere Weise zugestellte Aufgabe nicht bearbeitet, verweigert die Leistung. Dafür ist die Note „ungenügend“ zu geben. Es sei denn, jemand kann plausibel erklären, warum er (oder sie) diese Aufgabe nicht bearbeiten konnte. In diesem Fall würde ich das Kind einbestellen und es in einem Klassenraum arbeiten lassen. Vielleicht können auch die Pädagogen der Notbetreuung diese Aufgabe übernehmen. Denn eines ist klar: Auch wenn alle versetzt werden, ein Zeugnis ist für das Schuljahr 2019/2020 trotzdem auszufertigen. Und das muss auf bewerteten Leistungen beruhen.