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Mediales Analphabetentum

Ein Gespenst geht um in der Welt: der naive Glaube an die Wahrheit von Posts in den sozialen Medien. Wenn die Zahlen stimmen, sind sie besorgniserregend. Dass nämlich rund ein Viertel der Bevölkerung anfällig ist für Unwahrheiten, für erfundene Theorien und dümmliche Weltdeutungen. Dass Menschen für wahr halten, was längst als falsch entlarvt wurde. Wir könnten mit dem Finger auf die USA zeigen, wo ein Präsident verkündet, er habe eine Wahl gewonnen, die er verloren hat, wo ihm Anhänger blindlings folgen und auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken. Aber wenn es bloß im bildungsdefekten Amerika so wäre, könnten wir uns entspannt zurücklehnen. Aber es soll auch bei uns Menschen geben, die sich als Virus-Leugner bekennen, die hinter der Pandemie eine Weltverschwörung wittern und im Impfen den Versuch, uns genetisch zu verändern. Es gibt auch Leugner des vom Menschen gemachten Klimawandels. Es gibt Antisemiten, die hinter allem, was derzeit an Ungutem geschieht, das Weltjudentum als Akteur sehen. Derlei Zeug wird allenthalben verbreitet. Und es wird geglaubt. Es ist Zeit für eine PISA-Studie, die sich der medialen Dummheit annimmt. Hat die Schule versagt? Haben wir mediale Analphabeten herangezogen? Ein Korn Wahrheit steckt darin. Die mediale Bildung ist rudimentär. Wir haben zu wenig Kompetenz im Umgang mit medialer Desinformation vermittelt. Wir haben zu wenig darauf geachtet, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, bei Informationen die Spreu vom Weizen zu trennen, Falsches von Richtigem zu unterscheiden, guten und schlechten Journalismus auseinanderzuhalten. Die Kultusministerkonferenz, von der man derzeit fast nichts hört, hätte hier eine systemrelevante Aufgabe.

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