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Einfache Lösung

Viele sagen, es gebe keine einfache Lösung für den aktuellen Krieg in Europa. Aber manche haben diese einfache Lösung vor Augen: Die Ukraine soll kapitulieren. Dann käme von einem Tag auf den anderen das Ende des Schießens und Mordens. Die Regierung erhielte Asyl im Westen. Die Geflohenen könnten zurück in die Heimat. Das würde uns Kosten sparen. Russland müsste nicht mehr unter Sanktionen leiden. Gerne würde es die freigegebenen Milliarden in den Wiederaufbau der Ukraine stecken. Es würde dem Land weitgehende Autonomie gewähren. Es käme überhaupt eine bessere Zeit für das ukrainische Brudervolk. Zum Beispiel würde es nicht mehr von drogensüchtigen Nationalisten regiert. Auch für uns im Westen hätte das beträchtliche Vorteile. Bald käme wieder Weizen aus dem Osten. Wir könnten weiter billige Energie von Russland beziehen, Nord Stream 2 könnte in Betrieb gehen. Die Firmen dürften wieder Geschäfte mit dem Land treiben. Der Index, der den Optimismus der Industrie misst, würde steigen. Auch die Aktienkurse hätten wieder eine Tendenz nach oben. Putin könnte im Bundestag eine Friedensrede halten und dafür stehend Ovationen bekommen. Er würde zum Kandidaten für den Friedensnobelpreis. Warum nur gehen wir nicht offen diesen einfachen Weg in Richtung Frieden und begnügen uns damit, bei den Waffenlieferungen Zurückhaltung zu üben und so die Zeit bis zur Kapitulation zu verkürzen?

11 Antworten auf „Einfache Lösung“

Man kann den Text als einen pazifistischen Vorschlag zum Appeasement lesen. Er folgte dann der Devise: Wenn ich dem Stärkeren gebe, was er will, lässt er mich in Ruhe. Der Text kann aber auch satirisch gemeint sein. Er wäre dann von der Prämisse geleitet, dass man Aggressoren nicht nachgibt, sondern sie mit Gewalt zum Rückzug zwingt. Die Alliierten haben Hitler gegenüber zunächst den ersten Weg verfolgt, dann aber den zweiten. Sie haben dem Aggressor am Ende nicht einmal die Möglichkeit geboten, sein Gesicht nicht zu verlieren. War das falsch? Muss man das bei Putin so machen?

Sobald ein Verfasser seinen Text in die Freiheit entlassen hat, geht sein Einfluss auf ihn verloren. Von jetzt an gelten die Regeln der Interpretation: Aussagen über ihn sind frei und nur noch daran gebunden, ob der Wortlaut sie stützt. Wenn ein Schreiber meint, sein Text sei satirisch, der Leser oder die Leserin dafür aber keinen Anhalt findet, hat er Pech gehabt.

Die versteckt kritische Aussage ist sichtbar, schon bei den unbestimmten Zahlwörtern “viel” und “manche”. Die Aussagen, dass Deutschland Kosten sparen würde und Russland nicht mehr leiden müsste, dass wir wieder Geschäfte machen könnten und der Aktienkurs stiege, verraten das Zynische dieser zitierten Haltung deutlich. Und wenn es dann immer noch nicht deutlich genug sein sollte, der Hinweis auf den Friedensnobelpreis für Putin müsste das Satirisch-Anprangernde des Textes endgültig offenbaren.

Tagesspiegel, 26.4.: „Der Untergang war eine Demütigung“ Putin war offenbar verhandlungsbereit – doch dann kam das „Moskwa“-Debakel

Der Verlust des Kampfschiffes soll Russlands Staatschef erzürnt haben. Insidern zufolge habe er danach sein Kriegsziel in der Ukraine neu ausgerichtet. Christoph Rieke
Da sieht man’s!

Manche wissen mehr oder glauben es wenigstens. Dass P. verhandlungsbereit gewesen sei, hat offenbar außer dem Tagesspiegelschreiber niemand bemerkt. Der Verlust eines Schiffes ist in einem Krieg ziemlich normal. Wer sich in Gefahr begibt, kann darin umkommen. Wieso also Demütigung? P. demütigt andere ständig und lässt zerstören, was sich ihm in den Weg stellt. Mit dem Untergang der Moskwa hat er nun eine neue Motivation fürs Zerstören erhalten. Und übrigens: Musste er seinen Angriffskrieg beginnen?

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