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Gebremste Religion

Es gibt nur wenige Ereignisse, bei denen christlich geprägte Menschen etwas von ihrer Kirche erwarten: Geburt, Hochzeit, Krankheit und Tod. Wenn ein Kind ins Leben tritt, kann den Angehörigen durch dessen Taufe vermittelt werden, dass dieses Wesen nicht ihr Eigentum ist. Eine kirchliche Trauung sagt dem Paar, dass es nicht einfach so zusammenlebt, sondern in einem Sinnzusammenhang steht. Bei einer ernsthaften Erkrankung kann die Erkenntnis helfen, dass man nicht nur dem medizinischen Apparat ausgeliefert ist, sondern sich in einem Größeren geborgen wissen darf. Führt die Krankheit mit einiger Wahrscheinlichkeit zum Tode, ist es gut, wenn Worte des Trostes und der Zuversicht dem Sterbenden das Gefühl vermitteln, dass sein Leben und damit auch sein Tod einen Sinn haben, der nicht mit seiner Lebensleistung identisch ist. In den letzten Wochen sind Menschen an einem Virus erkrankt, das mit dem Attribut „neuartig“ versehen ist. Neu ist offenbar, dass sich alle vor ihm schützen wollen, auch die Pfarrer und Priester. Das ist einerseits zu verstehen. Wer steckt sich schon gerne an? Aber die Folge war, so ist zu hören, dass die Geistlichen Kranke und Sterbende gemieden haben und einige ohne den Trost der Religion gestorben sind. Das ist traurig. Man fragt sich, ob es nicht zum Beruf des Krankenhausseelsorgers gehört, mit den Risiken einer Ansteckung zu leben. Sollte es tatsächlich keine Möglichkeit gegeben haben, die Ausübung des Berufs (oder der Berufung) möglich zu machen? Auch die Pflegenden in den Kliniken und Heimen sind gefährdet, aber sie arbeiten trotzdem. Zu den Zahlen, die nach der Seuche zu erheben sein werden, wird auch jene gehören, wie viele Menschen ohne geistliche Begleitung geblieben sind, obwohl sie eine wollten.

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Geschwätz

Der Papst hat seine höchsten Mitarbeiter daran erinnert, dass sie nicht eitel sein und nicht bloßes Geschwätz von sich geben sollen. Eine solche Mahnung findet sich bereits im Epheserbrief (4,29): Lasset kein faul Geschwätz aus eurem Munde gehen, sondern was nützlich zur Besserung ist, wo es not tut, dass es holdselig sei zu hören. Leider macht die Einheitsübersetzung aus der etwas verquer klingenden Luther-Version eine eher lahme Ermahnung: Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt und dem, der es hört, Nutzen bringt. Aber immerhin: Es wird daran erinnert, dass beim öffentlichen Reden (wir dürfen an die Kanzel, aber auch an die Mikrofone denken) nicht die eigene Befindlichkeit im Vordergrund zu stehen hat, sondern die des anderen, also der, dem das Reden gilt.

Es ist ein Kreuz, was man heutzutage an sonntäglichen Reden von der Geistlichkeit und an Sonntagsreden der weltlichen Herrschaften geboten bekommt. Langweilige, sprachlich dürftige, formel- und floskelhafte Texte sind leider der Normalfall. Sie verführen zum Abschalten der Aufmerksamkeit, sie bewegen nichts, weil es ihnen selbst an Bewegung fehlt. Geschwätz halt, nicht einmal ein böses, sondern einfach nur eines ohne Saft und Kraft, nutzloses und wirkungsloses Gerede eben. Es ist eine Sprache, die nichts benennt oder durchdringt, sondern nur sich selbst reproduziert. Eine Sprache, die kein Werkzeug der Vermittlung ist, sondern sich selbst genug ist. Vielen Rednern heute fehlt es am Mut zur klaren Aussage, vielen leider auch an der Professionalität beim Umgang mit dem schönsten Kulturgut, das wir haben, unserer Sprache.