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Überrumpelt – Schließung einer Hauptschule

Die Vorgaben sind eindeutig: Die Kommunen müssen entscheiden, für welche ihrer Hauptschulen sie den Status einer Werkrealschule beantragen wollen. Die müsste auf Dauer zweizügig sein, so lautet eine Bedingung. Das arme Sindelfingen hat vier Hauptschulen; davon können allenfalls drei zur Werkrealschule werden. Ergo: eine muss geschlossen werden; es trifft die Hauptschule am Klostergarten. Das hätte den wünschenswerten Nebeneffekt, dass die Stadt Geld spart und vielleicht auch noch einnimmt, wenn sie Schulgelände günstig verkaufen kann.

Als der Schul- und Kulturausschuss diese Frage am 18.11.09 öffentlich beriet, war die Tribüne brechend voll: viele Schüler, etliche Lehrer und Eltern verfolgten die Sitzung. Mit Plakaten machte man die Räte beim Betreten des Sitzungssaals darauf aufmerksam, dass sie die für viele sehr überraschend gekommene Entscheidung nicht gut finden. Wer kann es ihnen verdenken?

Es ist nur schwer zu vermitteln, dass überhaupt eine Hauptschule geschlossen wird. Das ist ein Zeichen, das sich so deuten lässt: Die Schwächsten unter den Schülern müssen die Konsequenzen einer ministeriellen Entscheidung und die Folgen einer städtischen Finanzkrise tragen. Es ist nicht so gemeint, aber es kommt so rüber.

Und geschlossen wird nicht etwa die kleinste Hauptschule, sondern die größte, eine Brennpunktschule mit großem Engagement. Ihre Schüler sollen dazu beitragen, dass die kleineren Hauptschulen die Zweizügigkeit erreichen und zu Werkrealschulen werden können. Auch das ist nicht leicht zu vermitteln.

Die Entscheidung wurde hinter den Kulissen vorbereitet, sie steht, sie ist auch in der Sache plausibel, aber sie wird den betroffenen Schülern der Hauptschule am Klostergarten sowie ihren Lehrerinnen und Lehrern manches Ungemach bereiten: Wechsel an eine andere Schule mit zwangsläufig größeren Klassen, also Verlust der bisherigen Klassengemeinschaft, ein längerer Schulweg, andere Lehrer, ein anderer Arbeitsstil usw. Hoffentlich haben die Verantwortlichen genügend Ideen, wie sie das auffangen können.
(Blog-Eintrag Nr. 110)

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Überholt – Sindelfingens Sparpläne 1

Die ersten Sparideen der verarmten Kommune Sindelfingen kommen ans mediale Tageslicht. So weiß die Stuttgarter Zeitung (am 5.11.09) zu berichten, dass der Glaspalast, das Maichinger Hallenbad, zwei Schulen und die Galerie der Stadt auf der Kippe stehen.

Der Glaspalast – er heißt wirklich so – ist ein Prestigebauwerk aus besseren Zeiten. Dort haben allerlei sportliche Großereignisse stattgefunden. Aber das ist Geschichte. Jüngst häufen sich dort die Erotik-Messen. Nun müsste das Ganze saniert werden. Dafür fehlt das Geld. Wenn niemand bereit ist, den einzigen Palast der Stadt käuflich zu erwerben, ist der Abriss die billigste Lösung. Ob es dazu kommen wird? Die Sportlobby Sindelfingens hat Gewicht.

Das Maichinger Hallenbad ist schon weitgehend der städtischen Fürsorge enthoben worden. Das Betreiben hat man einigen Bürgern überlassen. Aber nun steht die Sanierung an. Auch hier wäre der Abriss billiger. Doch wo sollen dann die Maichinger Kinder schwimmen, wenn es der Schulsport gebietet?

Mit dem Stilllegen von Schulen ist das so eine Sache. Mal braucht man sie sehr, weil es viele Kinder gibt, mal weniger, weil die Zahl der Kinder schrumpft. Aber sie kann auch wieder steigen. Dann sind die Schulen abgerissen oder einem anderen Zweck zugeführt. Doch beim Sparen gerät die Zukunft gerne aus dem Blick.

Die Galerie könnte man natürlich auch abreißen oder verkaufen und die Sammlungen im Keller abstoßen. Das brächte ein wenig Geld. Dass ausgerechnet die Liberalen unter den Stadträten diese Idee kultivieren, macht betroffen. Heißt es nicht, dass gerade in Krisenzeiten, wenn es am Materiellen gebricht, das Kulturelle besonders gefördert werden muss? Bevor man die Galerie verscherbelt, sollte man alternative Modelle ihres Betreibens ausloten.
(Blog-Eintrag Nr. 103)

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Uneinig – Böblingen und Sindelfingen

Not lehrt beten, heißt es. In Sindelfingen lässt der Mangel an Steuereinnahmen die Idee einer Vereinigung mit Böblingen aufleben. Die soll Geld sparen, sagt deren Oberbürgermeister. Aus dem gleichen Grund, der administrativen Synergieeffekte wegen, wollten die Planer der Gemeindereform schon in den 1970er Jahren die Zusammenlegung der beiden Kommunen. Sie wäre damals durchaus sinnvoll gewesen, ist aber am heftigen Widerstand vieler Einheimischer gescheitert. Die konnten sich ein Zusammengehen „mit denen drüben“ überhaupt nicht vorstellen. Beim Fest der Nichtvereinigung ist damals viel Freibier getrunken worden. Der Jubel der Sieger ist mir noch in unguter Erinnerung. Die Befürworter mussten allerlei Hohn ertragen. Inzwischen war Sindelfingen einmal die reichste Kommune in Deutschland und dann wieder eine der ganz armen.

In den letzten 35 Jahren haben sich die beiden Städte eher auseinander entwickelt. Die Autobahn und die Bahnlinie trennt sie auf die sichtbarste Weise. Die neu entstandenen Siedlungen, das Straßennetz und auch der Nahverkehr haben die Trennung verstärkt. Viel Geld wurde ausgegeben, um das Prestige der je eigenen Stadt zu stärken. Daran leidet man jetzt.

Es gab und gibt zwar Ansätze zu gemeinsamem Handeln, aber sie sind mit einem erheblichen und auch teuren Aufwand verbunden. Das „Gemeinsame Gremium“ der beiden Städte verdient kaum den Namen. Man ist, auch wenn man sich zur Gemeinsamkeit durchringt, politisch schwach. Siehe die unendlichen Verzögerungen bei der S-Bahn nach Renningen. Siehe die kläglichen Erfolge bei der Einhausung (Überdeckelung) der Autobahn. Weder das kulturelle Angebot noch das sportliche sind aufeinander abgestimmt. Und auch die Bebauung ist kein Zeugnis gemeinsamen Gestaltungswillens.

Böblingens Oberbürgermeister kommentiert den Vorschlag des Sindelfinger Kollegen ablehnend. Der wird, vermute ich, Abstand von seiner Idee nehmen, sobald die Einnahmen seiner Stadt wieder steigen. Eine „aus der Not“ geborene Städte-Union hat wenig Aussicht auf Erfolg.