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Unverhohlen – die schweren Bankverluste

Auf der ersten Seite der Stuttgarter Nachrichten (25.9.09) erfahre ich von neuerlichen Verlusten der Landesbank Baden-Württemberg. Es handelt sich um „Neue schwere Verluste“ derselben. Sie treiben den Verantwortlichen offenbar den Angstschweiß ins Gesicht und anderswo. Aber was hat es mit diesen Verlusten auf sich?
Zwischen den beiden Adjektiven „neu“ und „schwer“ steht kein Komma. Daher müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Bank schon einmal schwere Verluste zu verkraften hatte. Zu diesen früheren „milliardenschweren“ Verlusten, wie man jetzt gerne mit einem modischen Adjektiv sagt, sind jetzt also weitere hinzugekommen. Eine Geschichte schwerer Verluste, ohne Punkt und (hier) ohne Komma.

Was würde uns hingegen mitgeteilt, wenn es sich um neue, (Komma) schwere Verluste handelte? Dann wären diese Verluste neu und überdies – im Gegensatz zu den früheren – auch noch schwer. Die Verluste hätten sich sozusagen gesteigert. Die neuerliche Krise der LBBW wäre noch größer als die bisher bekannte.

Ob mit oder ohne Komma: Es ist den Verantwortlichen nicht gelungen, die Verlustmeldung bis nach der Bundestagswahl unter Verschluss zu halten. Eine schlechte Nachricht kommt „zur Unzeit“ ans Licht und damit auch wieder ein Zipfelchen der Wahrheit. Von wegen „die Talsohle ist erreicht“ – im Gegenteil: Die höchste Spitze des Schuldenbergs haben wir, so sieht es aus, immer noch nicht erklommen.

Das zu wissen, schadet uns Bürgern nicht. Wer uns für mündig hält, sollte uns reinen Wein einschenken.

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Unlösbar – die Sindelfinger Mercedes-Abhängigkeit

Jetzt ist der Jammer wieder groß. Die Firma mit dem Stern will eine Produktionsstätte (die für die C-Klasse) verlagern und damit tausende Arbeitsplätze in Sindelfingen abbauen. Das würde die gesamte Infrastruktur der Stadt treffen: den Wohnungsbau, den Einzelhandel, die Zulieferer. Und natürlich auch die Stadtkasse; die aber ist eh schon leer. Die Tragik einer Kommune.

Die Stadt ist seit Jahrzehnten „vom Daimler“ abhängig. In guten Zeiten ermöglichte seine Gewerbesteuer den Bau von teuren Bauten, die man in den nun schlechten Zeiten nicht mehr erhalten kann. Wünsche des größten Arbeitgebers der Region waren der Kommune stets Befehl. So wuchs das Unternehmen und zugleich wuchs die Abhängigkeit von ihm. Zwar nahm auch die Einsicht zu, dass eine solche einseitige Ausrichtung auf die Autofirma gefährlich ist, aber das Erkennen der Gefahr führte nicht zu ihrer Abwendung. Es blieb dabei: auf Gedeih und Verderb ist Sindelfingen dem Mercedes-Werk ausgeliefert.

Wäre es da nicht ein Segen, wenn die Firma selbst etwas dazu beitrüge, die Bindung zwischen Stadt und Werk zu lockern? Nur wenn dieser Mega-Arbeitgeber kleiner wird, kann es vielleicht gelingen, andere Betriebe wachsen zu lassen. Mit diesem Satz begebe ich mich allerdings in eine kommunalpolitische Gefahrenzone…

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Unlieblich – die neue Mädchensprache

Eine Schlagzeile der Stuttgarter Nachrichten (22.9.09) lässt aufhorchen: „Mädchen lassen immer öfter die Fäuste sprechen.“ Abgesehen von der immer noch etwas gewöhnungsbedürftigen Steigerung von „oft“ ist der Inhalt dieses Satzes bemerkenswert. Frauen und Mädchen, üblicherweise die Opfer von Männergewalt, schlagen zurück und attackieren – im beschriebenen Fall ohne ersichtlichen Grund – einen älteren Mann. Der Einzelfall sei gar keiner, berichtet die Zeitung; hier zeige sich ein Trend. Werteverlust und Alkoholkonsum führten zu einer Zunahme weiblicher Gewaltakte.

Dabei hat sich die Zeitung zu einer eher freundlichen Formulierung entschlossen. Man vermeidet das Wort „Gewalt“ und wählt eine – bisher wenigstens – positiv besetzte Metapher: sprechen lassen. Wir erinnern uns an die Fleurop-Werbung „Lasst Blumen sprechen!“ Dass man das Herz oder die Seele sprechen lässt, ist durchaus üblich. Auch Bilder oder Zahlen lassen manche gerne sprechen, Erfolge oder Taten, meinetwegen auch Tore, könnte man sprechen lassen, aber Fäuste?

Die Sprache der Gewalt sei manchmal die einzige Sprache, die verstanden wird, liest man gelegentlich. Dennoch habe ich bei den „sprechenden“ Fäusten meine Probleme. Ist das Attackieren, das Zuschlagen wirklich eine Sprechhandlung? Oder ist es nicht eher der Ausdruck einer Sprachlosigkeit, einer Unfähigkeit, sich verbal mit anderen Menschen auseinanderzusetzen. In der Schule jedenfalls ist das Erste, was man schlagenden Kindern und Jugendlichen vermittelt, dass sie miteinander sprechen sollen.

Es spricht einiges dafür, diese Haltung auch den mit ihren Fäusten sprechenden Mädchen anzuempfehlen. Allerdings fragt man sich, welche Sprache sie überhaupt noch verstehen.