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Das Netz und die Sprache

Sogar unser ältester Altkanzler, Helmut Schmidt, ist (berichtet die ZEIT) besorgt über die Entwicklung der Sprache im Netz. In den diversen Foren, den Kommentaren zu Online-Berichten und im persönlichen Gerede der Facebook-Menschen wird eine Sprache geschrieben, die in der Wortwahl, im Satzbau und natürlich ganz besonders in der Rechtschreibung deutlich unter dem Niveau einer zivilisierten Gesellschaft liegt. Das Schriftliche nähere sich dem Mündlichen an, diagnostiziert die Stuttgarter Zeitung. Dass einer seinen hochdatierten Regierungsposten aufgeben musste, weil er seine dumpfen Verlautbarungen mit Körperausscheidungen würzte, passt ins Bild.

Auch die Piraten haben sich dieser Ausverkaufssprache verschrieben. Das hat sie attraktiv gemacht. Dass man sie nun etwas deutlicher fragt, was sie eigentlich meinen und wollen und ob sie sich vielleicht etwas gepflegter ausdrücken könnten, lässt mich hoffen.

Wahrscheinlich kann man das Problem nur so lösen: Texte, die über eine Redaktion laufen und gegen die Regeln der Sprache und Orthografie verstoßen, müssen zuerst „redigiert“ werden, sie sind nach den Regeln zu überarbeiten, Fehler sind auszumerzen, verunglückte Sätze werden „behutsam“ repariert und Verstößen gegen den sprachlichen Anstand durch Weglassen oder Umschreiben der Weg in die Öffentlichkeit versperrt. Das ist keine Zensur, denn es wird nicht die Meinung verändert, sondern nur die Art und Weise ihres Vortrags.

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Die Finanzkrise und die Sparer

Ein bisschen lustig ist es schon, wenn mir „meine Bank“, die BW-Bank, die aber nicht mein Eigentum ist, eine „attraktive Verzinsung“ meiner kurzfristigen Spareinlagen verheißt: 0,3% gibt es auf dem Cash-Konto. Sollte ich mehr als 10000 Euro anlegen, steigt die Verzinsung auf sagenhafte 0,8%.

Da wird man ein bisschen nachdenklich. In den guten alten Zeiten glich der Zinssatz der normalen Spareinlagen wenigstens die Inflation aus. Nun ist eine Verzinsung, bei der das Geld an Wert verliert, bereits „attraktiv“. Ergo: Ich muss mich bei der BW-Bank dafür bedanken, dass sie mir einen höheren Verlust „erspart“. Ein erstes Dankeschön also.

Der Nachdenklichkeit zweites Ergebnis ist die Erkenntnis, dass ich mit dieser „attraktiven“ Verzinsung meines Geldes offenbar einen wertvollen Beitrag zur Finanzierung der Bank in der Finanzkrise leiste. Der Wert meines Geldes sinkt, die Gewinne der Bank steigen. Dadurch wird sie (hoffentlich) stark genug, um den Wirren des Finanzmarkts zu trotzen. Wer eine Bank so erfolgreich führt, indem er den Wert meines Geldes schrumpfen und die eigenen Gewinnen steigen lässt, hat ein hohen Bonus verdient. Noch einmal Danke, dass ich bei der Finanzierung helfen darf.

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Die Gemeinschaftsschule und die Kosten

Manchmal verrät eine Formulierung mehr, als ihre Verfasser mit ihr ausdrücken wollen. Im Entwurf für die Ergänzung des Schulgesetzes Baden-Württemberg steht ein Satz, dessen Auslegung einige Mühe bereitet. Es geht um den zusätzlichen Aufwand für die Gemeinschaftsschule. Ich lese:

Der Ressourcenbedarf wird daher zunächst in einem überschaubaren Rahmen liegen, der jedoch – abhängig von der Anzahl der Gemeinschaftsschulen – in den Folgejahren ansteigen wird. (Quelle: http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/show/1355564/Anhrungsfassung_Gesetzentwurf%20der%20Landesregierung%20zur%20Gemeinschaftsschule.pdf)

Das Subjekt („Ressourcenbedarf“) ist mit einem futurischen Prädikat gekoppelt („wird liegen“), in das eine adverbiale Bereichsangabe eingebettet ist: „in einem überschaubaren Rahmen.“ Mit „daher“ wird ein kausaler Rückbezug angezeigt, der hier vernachlässigt werden kann. Interessant ist die adverbiale Bestimmung der Zeit im Hauptsatz: „zunächst“. Ihr muss ein „später“ korrespondieren. Das können wir dem Relativsatz entnehmen, der sich als Gegensatz gibt („jedoch“) und sich eindeutig auf den „überschaubaren Rahmen“ bezieht. Der wird (Zukunftsform) „in den Folgejahren“ (Zeitangabe) „ansteigen“. Ein überschaubarer Rahmen, der ansteigt, wird seine Überschaubarkeit verlieren, meine ich. Und was bedeutet das für die Kosten der GMS? Werden sie unüberschaubar?

Nun habe ich allerdings den Verdacht, dass der Relativsatz sich auf „Ressourcenbedarf“ beziehen soll. Aber ist dieser sprachlich-handwerkliche Fehler nicht symptomatisch für das Projekt GMS?