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Männer und ihre Probleme

Es ist dem (männlichen) Schreiber dieser Zeilen völlig klar, dass er, was er auch zu „Brüderles Stern-Stunde“ schreiben mag, in den Verdacht kommt, seine Geschlechtsgenossen unziemlich verteidigen zu wollen. Daher sei der Satz vorausgeschickt, dass er jede Art von blöder Anmache albern findet und alles Macho-Gehabe und –Gerede verabscheut.

Brüderle hat sich dumm benommen. Offenbar war er um diese mitternächtliche Stunde, als er der bedirndelten Journalistin begegnete, nicht mehr ganz Herr seiner selbst und hatte weder seine Blicke noch seine Sprache unter Kontrolle. Dass ihm das nun um die Ohren geschlagen wird, ist nicht unverdient. Zu einem deutschen Strauss-Kahn sollte man ihn aber nicht stilisieren.

Der nächste Satz will nichts entschuldigen, sondern nur ein bisschen erklären. Es ist auch für uns einfacher gestrickte männliche Wesen nicht immer einfach, eine Frau anzuschauen, ohne sich der Deutung sexistischer Anmache auszusetzen. Das Problem besteht darin: Wenn man sie zu übersehen versucht, wird sie irritiert sein. Schaut man ihr in die Augen, tritt der Casablanca-Effekt ein. Andere Körperteile in den Blick zu nehmen ist auch nicht möglich, denn allenthalben stößt man auf Tabuzonen. Also bleiben allenfalls noch die Hände oder die Schuhe.

Leichter ist das Vermeiden dummer Sprüche. Wenn man mit einer Frau über das Wetter, die letzten oder die nächsten Wahlen, den Verfall der sprachlichen Bildung, die letzten oder nächsten Streik bei der Lufthansa oder die Sünden der Deutsche Bahn redet, besteht keinerlei Gefahr, in herrenwitzelndes Fahrwasser zu geraten. Ob es die Dame allerdings interessiert, steht dahin.

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Wähler und Leihstimmen

Das Leihen hat mal wieder Konjunktur. Was ist das eigentlich, leihen? Man kann sich bei jemandem etwas leihen, z. B. Geld, Bücher, Kleidungsstücke oder Autos. Der Gebende ist dann der Verleiher. Das kann eine Bank, eine Leihbücherei, ein Kostümverleih oder eine Firma drin, die mit dem Ausleihen von Fahrzeugen gutes Geld verdient. Wer einem anderen das Ohr leiht, reißt es sich dazu nicht ab, sondern wendet es dem Mund des anderen zu und wird so dessen klagender oder glücklicher Rede teilhaftig. Wenn eine Bank Geld leiht, will sie dafür mehr Geld (Zinsen) zurück. Wer ein Buch leiht, zahlt eine Leihgebühr. Das gilt auch beim Verleihen von Kleidungsstücken. In der nächsten Zeit werden die Verleiher von Faschingskostümen gute Geschäfte machen.

Am vergangenen Sonntag sollen CDU-Wähler ihre Stimme der FDP geliehen haben. Hat die dafür etwas bezahlt? Mir ist nichts dergleichen bekannt, es sei denn, man verstehe die erwartete Wahl eines CDU-Ministerpräsidenten als die fällige Leihgebühr. Wollen die CDU-Wähler ihre geliehenen Stimmen wieder zurück? Auch davon ist bisher keine Rede. Wie soll das auch gehen? Man müsste die Wahl anfechten und noch einmal den Zettel ausfüllen dürfen.

Insofern ist das Wort „Leihstimme“ ein sprachlicher Unfug. Geschehen ist etwas anderes: Der autonome Wähler hat sich im Wahllokal in freier Entscheidung für eine Aufteilung seiner beiden Stimmen entschieden. Wir FDP-Wähler haben das auch manchmal gemacht. Um die aussichtslose Stimme für den FDP-Kandidaten nicht zu „verschenken“ haben wir die Erststimme einem anderen gegeben, vielleicht sogar mal einem CDU-Kandidaten. Allerdings hat das bisher nie jemand eine Leihstimme genannt, sondern allenfalls „strategisches Wählen“. Am besten wir nennen das in Hannover Geschehene auch so. „Leihstimme“ wäre für mich ein Kandidat für das Unwort des Jahres.

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Neger und Hexen

Deutschland reinigt sich. Mit eisernem Besen werden Kinderbücher ausgefegt und alles Unschickliche, Anstößige, Unkorrekte entfernt. Der Grund leuchtet unmittelbar ein: Es gibt Wörter, die Kinder schädlich beeinflussen, ihnen ein falsches Welt- und Menschenbild vermitteln und sie zu Rassisten machen. Es handelt sich zum Beispiel um die Wörter „Neger“ und „Hexe“. Wer sie verwendet, ist ein Faschist, Rassist oder Sexist. Es wird Zeit, dass wir das Land von diesen Typen säubern.

Die Säuberung – ein Wort, das wir auch aus früheren Zeiten kennen, das aber noch nicht verboten ist – geschieht durch Umschreiben der Literatur, zunächst der K8inderliteratur, aber natürlich kann das nur der Anfang sein. Gibt es doch in der Bibel viel Anstößiges, ein falsches Frauenbild und auch ein sehr problematisches Bild der Juden. Und auch bei den deutschen Klassikern wird man, was „schlimme Wörter“ angeht, schnell fündig werden.

In einer Fachsitzung für angehende Deutschlehrer ging es einmal um Kleists Geschichte von der „Verlobung in St. Domingo“. Dort kommt bereits auf der ersten Seite „ein fürchterlicher alter Neger“ vor. Das veranlasste einen Referendar zu der Aussage, dass man ein Werk, in dem so etwas steht, keinesfalls mehr im Unterricht verwenden dürfe. Mein zaghafter Hinweis auf die historische Bedingtheit eines solchen Wortes, blieb ohne Wirkung bei den Korrekten im Kurs. Was wird uns also übrig bleiben als Kleist zu korrigieren und statt „Neger“ einfach „Mann“ zu sagen? Aber vielleicht wehren sich die Männer auch eines Tages gegen diese Diskriminierung.