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Achterbahn

Dieser Blog hat sich schon mehrere Male mit dem G8-G9-Thema beschäftigt. Es ist Häckerling nachgerade langweilig, immer wieder darauf hinweisen zu müssen, dass dies eine Debatte von vorgestern ist. Den neuerlichen Anlass, sich mit der Sache doch abermals zu beschäftigen, hat das baden-württembergische Kultusministerium geliefert. Es ließ doch tatsächlich die beiden Gymnasialwege vergleichen. Und was kam dabei heraus? Was wir alle schon längst wissen: Der Unterschied ist, wenn man vom Ergebnis ausgeht, minimal. Und auch das oft bemühte Argument, die armen Kursschüler hätten keine Zeit mehr für andere Beschäftigungen, hat sich laut dieser Studie in Luft aufgelöst. Was bleibt also? Dass es einfach schön wäre, länger in die Schule zu gehen? Wir Älteren, die wir als Lehrer jahrzehntelang G9 erlitten haben, können ein Lied davon singen, welche Zeitverschwendung und welche Schulverdruss sich zum Ende aufgebaut hatte. Die längere Zeit wurde nur von wenigen sinnvoll genutzt. Viele volljährige Gymnasiasten hatte Besseres zu tun, als die Schule mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Nun weiß also der Kultusminister, warum er es bei 44 G9-Gymnasien belassen will. Aber seine Partei, die SPD, weiß es deshalb noch lange nicht. Ich unterstelle ihr nicht, dass sie mit G9 Wähler gewinnen will, denn mit dieser G-Achterbahn-Fahrt wird sie keinen Erfolg haben. Hakt das Thema ab!

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Isisfurcht

Dieses Buch ist keine einfache Lektüre: Bruno Schirra, ISIS. Der globale Dschihad. 2015. Der Autor erspart dem Leser weder die Grausamkeiten der „Gotteskämpfer“ noch die intellektuelle Anstrengung, die unübersichtlichen Zusammenhänge der Koalitionen im nahöstlichen Machtkampf zu erfassen. Viele haben dazu beigetragen, dass 2014 ein „Gottesstaat“ entstehen konnte, der Gebiete des Irak und Syriens umfasst. Schirra ist ein ausgewiesener Kenner der Verhältnisse im „Morgenland“. Er scheut sich nicht, die Verantwortlichen dieser unsäglichen Entwicklung zu benennen: die Golfstaaten vor allem, die vorgeblich den IS bekämpfen, aber tatsächlich als Geldgeber der Dschihadisten wirken. Vorgestellt werden die Hintermänner und Protagonisten des „Kalifats“. Ausführlich beschrieben wird die Rolle des Iran als schiitische Schutzmacht. Der Autor weist auf die brutalen Folgen des syrischen Bürgerkrieges hin. Er verdeutlicht das Doppelspiel der Türkei im Kampf gegen ISIS und attackiert die Naivität des Westens sowie die folgenschweren Fehler und Versäumnisse der amerikanischen Politik. Schirra skizziert die Aktionen der Salafisten, auch hierzulande, und beklagt die schweigende Ratlosigkeit der „gutgläubigen“ Muslime angesichts der Radikalisierung von Teilen ihrer Gläubigen. Besonders erschreckend ist für mich die Geschichte eines schwäbischen Terroristen, dessen Brutalität und schonungslose Analyse Ängste schüren können. Nicht die Islamisierung Deutschlands sollte uns Sorgen bereiten, meint der Autor, sondern die Gefahr terroristischer Anschläge radikalisierter Islamisten. Die sind zu allem bereit, auch zum Sterben. Sie töten nicht nur Schiiten, Jesiden und Christen, sondern auch ihre sunnitischen „Brüder“, wenn die nicht ihrer mittelalterlichen Glaubensdogmatik folgen.

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Abstürze

Wenn ein Schüler stirbt, ob als Folge einer Krankheit, bei einem Unfall, am Drogenkonsum oder durch Suizid, dann ist das schlimm für eine Schule. Ein solches Ereignis zu bewältigen, es erträglich oder fassbar zu machen, stellt für die Mitschüler, die Lehrer und die Schulleitung eine Aufgabe dar, der man nur unzulänglich gerecht werden kann. Noch gewaltiger wird sie, wenn mehrere junge Menschen auf einmal ihr Leben verlieren. Ich denke dabei zurück an das Unglück vom Dachstein am Gründonnerstag 1954 und an die Amokläufe von Erfurt oder Winnenden. Es dauerte Jahre, bis die Wunden einigermaßen vernarbt waren. So wird es auch dem Gymnasium von Haltern ergehen. Dort allerdings hat man mit einem zusätzlichen Problem zu kämpfen, dem „Interesse“ der Medien. Deren Motiv ist nicht die „Teilnahme“, sondern, es tut mir leid, das so sagen zu müssen, die „Mitnahme“. Mit kaum etwas lässt sich mehr Geld verdienen als mit dem Entsetzen der Menschen. Die Freiheit der Medien ist inzwischen mutiert zur ungebändigten Ausbeutung leidender Menschen. Dass die sogar darum kämpfen müssen, in Ruhe gelassen zu werden, ist ein Skandal der besonderen Art. Offenbar sind im Kampf um die Quoten Werte wie Anstand und Respekt auf der Strecke geblieben. Für jene, die an neuen Bildungsplänen arbeiten, sollte das ein Ansporn sein, die Medienkunde (auch als Medienkritik) noch deutlicher als schulische Aufgabe zu benennen. Nicht wie man die neuen Techniken nutzen kann ist das zentrale Thema, sondern wie sie von gierigen Profis missbraucht werden.