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Ministerieller Unfug

Nicht genug, dass der Sozialminister L. uns mit seiner Corona-Politik nervt, nun hat auch die Bildungsministerin ihren Beitrag zur Chaotisierung des Regierungshandelns geleistet. Sie stellt es den Schülerinnen und Schülern frei, ob sie vom 20. bis zum 22. Dezember in die Schule gehen oder zu Hause bleiben wollen. Sie nennt das „freiwillige Quarantäne“. Ein Etikettenschwindel. Tatsächlich erreicht Frau Ministerin Sch. damit, dass die Kinder sich an diesen Tagen außerhalb der Schule ungeniert treffen können, während einige „Streber“, so nannte man sie früher, der Schule die Treue halten. Das Feigenblatt, mit dem die häusliche Vorweihnachtsfreizeit verbrämt wird: besagte Quarantänist*innen sollen vom 20. bis 22. Dezember zu Hause Aufgaben erledigen. Echt? Die Lehrerinnen und Lehrer sollen also die Restgruppe in Präsenz beschulen und dazu noch den Freizeitschüler*innen Aufgaben mitgeben. Ist daran gedacht, dass die Lehrkräfte am 22.12. Hausbesuche machen, um zu prüfen, ob die Aufgaben auch erledigt wurden? Niemand kann ernsthaft fordern, diese Kontrolle erst nach Epiphanias vorzunehmen, denn dann wird Dringlicheres zu tun sein. Dann gilt es, die wegen der vorweihnachten ministeriellen Unterrichtsstörung verschobenen Klassenarbeiten und Klausuren zu schreiben, zu korrigieren und rechtzeitig für die ab Mitte Januar zu erstellende Halbjahresinformation der Klassen 5 bis 10 oder das wichtige Halbjahreszeugnis der Oberstufe zu benoten. Nicht genug, dass die Pandemie das Schulgeschehen beeinträchtigt, auch die Schulverwaltung tut ein Übriges, den Unterricht zu stören.

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Klare Kante

Der Kommentator der Stuttgarter Zeitung nimmt Zuflucht zu diesem unklaren Bild („klare Kante zeigen“), um klar zu sagen, dass er dem Staat eine deutliche Reaktion auf die rechts- und dumpfradikalen Umtriebe der letzten Tage empfiehlt. Kanten sollten eigentlich nicht „klar“, sondern „eckig“ sein. Man muss sie nicht „zeigen“, sondern einfach nur haben. Wie soll das beim Staat zugehen? Vielleicht geht es da gar nicht um Kanten, sondern um die Einleitung von Strafverfahren, um rasches Handeln statt zögerlichem Abwarten, um Reagieren statt Aussitzen. Eigentlich ist das selbstverständlich. Wer in einem Rechtsstaat gegen das Recht verstößt, muss mit rechtlichen Folgen rechnen. Leider sind die Strafverfolgungsbehörden – wie so vieles in der Republik – überlastet, so dass es mit dem Reagieren eine Weile dauern wird. Politiker werden die Idee haben, die Gesetze zu verschärfen, aber was soll das nützen, wenn es schon mit den bisherigen Gesetzen wegen besagter Überlastung nicht so recht klappt? Es steht also zu vermuten, dass es mit der klaren Kante nichts wird. Sie wäre ja auch geboten, wenn sich der Gesetzgeber zur gesetzlich vorgeschriebenen Impfpflicht durchringen würde. Doch auch hier gilt: Bevor man jemanden zur Pflichterfüllung anhalten kann, muss man ihn/sie erst einmal haben. Heute ist in der Kreiszeitung zu lesen, dass man im Landkreis BB zwar eine niedrige Impfquote hat, aber vermutet, dass die Statistik nicht stimmt. Wer zählt die Geimpften? Das Sozialministerium BW gewiss nicht, das muss die Fauxpas des Ministers zählen, aber wer soll es dann machen? Eigentlich ist es tröstlich, dass in unserem Staat selbst das Zählen Mühe macht. Denn nun kann keiner mehr behaupten, der Staat sei zu mächtig. Ein bisschen Schlendrian tut uns allen gut – und ein bisschen Nachsicht mit den Überforderten. Warten wir also nicht auf die „klare Kante“, sie wird nicht kommen, es muss fürs Erste genügen, den Rechts- und Dumpfradikalen den Vogel zu zeigen.

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Unwillige Impflinge

Endlich zeichnet sich am Horizont die ultimative Lösung des Pandemie-Problems ab: eine allgemeine Impfpflicht. 71 % der Deutschen seien dafür und „nur“ 26 % dagegen, behaupten Umfragen. Vermutlich sind die sechsundzwanzig Prozent just jene, die sich nicht impfen lassen wollen. Auch die Parteien, die vor einem Jahr noch vehement gegen eine Impfverpflichtung waren, sind nun schlagartig dafür. Niemand soll sie wegen Tatenlosigkeit schelten. Nun meldet die Zeitung heute, wie man sich das mit der Impfpflicht vorstellt. Wer gegen sie verstößt, zahlt (einmal, mehrfach?) 2.500 €. Allerdings soll es Ausnahmen geben: Kinder und Jugendliche (warum – für die gibt es doch auch einen Impfstoff?), Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können (ich sehe schon die Gutachten vor mir, die Ärzte schreiben, die selbst gegen das Impfen sind). Aber auch solche, die aus „religiösen“ oder „Gewissensgründen“ gegen das Impfen sind, sollen von der Pflicht dazu befreit werden. Da fragt sich Häckerling: Wer bleibt dann noch übrig? Werden jene, die den Piks verweigern – ein Gewissen hat schließlich jede und jeder – weniger sein als 15 %? Denn dem Vernehmen nach sollten wir auf eine Impfquote von 85 % kommen, um so etwas wie eine Herdenimmunität zu erreichen. Ich fürchte, die allgemeine Impfpflicht ist ein stumpfes Schwert. Im Frühjahr (bei der 5. Welle) werden wir feststellen, dass sich „leider“ nicht genug haben impfen lassen. Dann aber ist Schluss mit lustig. Werden wir Geimpften dann noch einmal von den anderen in die Unfreiheit des eingeschränkten Alltags gezwungen werden?