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Ungenaue Zahlen

Das Verführerische an Zahlen ist ihre Exaktheit. Wenn es heißt, ein Brot  koste 4,50 €, wenn das Fieberthermometer 37,1 Grad anzeigt oder eine Theatervorstellung von 153 Menschen besucht wurde, dann darf man annehmen, dass diese Zahlen der Realität entsprechen. Derzeit werden wir mit Zahlen zu Corona überschüttet. Da redet der Robert-Koch-Sprecher von 102673 Infizierten, 1471 an Covid-19 Verstorbenen und 31289 Genesenen in Deutschland, aber alle heben warnend den Finger. Diese Zahlen seien falsch. Und dann kommt ein magisches Wort: Dunkelziffer. Ihre Besonderheit ist es, dass keiner weiß, wie groß diese dunkle Zahl ist. Man müsse, heißt es, unterscheiden zwischen den nachweislich Infizierten und den unbekannten, weil mangels Test noch nicht entdeckten. Über die Größe der dunklen Zahl gibt es nur Spekulationen. Ist sie doppelt, vier Mal oder acht Mal so groß? Bei den Corona-Toten tappen wir noch mehr im Dunkeln. Sind sie an oder nur im Gefolge des Virus gestorben, war das Virus ursächlich oder nur zusätzlich am Sterben schuld? Noch unklarer ist es mit den Genesenen. Sie müssen nicht gemeldet werden, wird gesagt, sind also allenfalls geschätzt. So wird uns der Glaube an exakte Zahlen ausgetrieben. Dann hört man, die Zahlen von China seien falsch und in Russland gebe es nur deshalb so wenig Infizierte, weil wenig getestet werde. Als Laie fragt man sich: Wenn schon die Zahlen nicht stimmen, was stimmt dann eigentlich von dem, was uns sonst noch Tag für Tag erzählt wird? Die Politik will über den Exit nachdenken, wenn „die Zahlen“ es erlauben. Welche Zahlen?

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Verschwiegene Exitplanung

Man kann ein Volk für eine Weile einsperren, wenn man ihm erklärt, weshalb das nötig ist. Es wird uns gesagt – und das leuchtet auch ein –, dass man zur Entlastung der Kliniken und damit zum Schutz der Gefährdeten, der Alten, der Menschen mit Vorerkrankungen, die Ausbreitung des Virus verlangsamen müsse. Dabei wird – man nannte das früher schwarze Pädagogik – auf die Zustände in den italienischen Krankenhäusern verwiesen. Die sind in der Tat schlimm. Wenn ihr es so nicht haben wollt, höre ich die Verwaltung sprechen, dann müsst ihr gefälligst Kontakte vermeiden. Das tun wir dann auch, brav, mehr oder weniger überzeugt, hoffend, es werde was nützen. Aber was Häckerling irritiert: Man darf nicht über den Ausstieg aus diesem freiheitsbeschränkenden Zustand reden. Das wäre zu früh, das würde falsche Signale setzen. Sorry, aber das leuchtet mir nicht ein. Im Gegenteil: Es wäre erleichternd zu wissen, dass die Exekutive tatsächlich über einen Exit-Plan verfügt, dass sie sich bereits viele Gedanken gemacht hat, wie der – gewiss stufenweise – Ausstieg erfolgen wird. Warum verschweigt man uns, was längst in den Schubladen liegt? Hält man uns für so unreif, dass wir einen solchen Plan missverstehen würden als Botschaft vom Ende der Kontaktsperre. Andersherum wird ein Schuh daraus. Wenn wir wüssten, dass es am Tag X so weitergehen würde, dass zuerst (als Beispiel sei es genannt) die Schüler mit Prüfungen wieder in die Schulhäuser dürften, dass (als weiteres Beispiel) die Kinos oder Theater unter der Auflage öffnen dürften, nur ein Drittel der Plätze zu besetzen, dass zuerst die Jüngsten (oder Ältesten) in ihre Kitas dürften, dass Friseure unter bestimmten Voraussetzungen wieder arbeiten könnten, dass die Alten nur zu bestimmten Zeiten in den Supermärkten einkaufen dürften, dass …, wenn wir derlei wüssten, hätten wir eine Hoffnung, könnten wir uns vorstellen, wie wir unsere Freiheit allmählich wieder bekämen.

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Österliche Hoffnungen

Den christlichen Kirchen bietet die C-Krise reichlich Anschauungsmaterial für die Passionszeit. Man erinnert sich in dieser Karwoche an das Leiden und Sterben Jesu. Schon immer galt seine Passion als Modell des menschlichen Leids. Daran hat es in den letzten Jahrhunderten nie gemangelt. Aktuell fällt unser Blick auf Schwerkranke in Hospitälern, auf Särge mit Toten, die mangels Kapazitäten der Krematorien „zwischengelagert“ werden, sozusagen auf ihren zweiten Tod in den Öfen warten. Wir hören von Angehörigen, denen der Zutritt zu Sterbenden verwehrt wurde, von alten Menschen, die in ihrer Verwirrung die Welt noch weniger verstehen als vorher. Es ist zu lesen von Familien, die es in der Isolation nicht aushalten und ihre Kinder und Ehepartner misshandeln. Täglich erfahren wir von Firmen, die keine Zukunft mehr sehen und ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. Leiden auf allen Ebenen. Wo ist da Platz für Ostern? Wie kann man sich die Auferstehung der am Boden liegenden Gesellschaft denken? Manche Philosophen machen uns Hoffnung. Die Welt werde sich durch diese Krise zum Guten verändern. Schön wäre es. Die christliche Botschaft ist einfacher. Sie sagt: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Will sagen: Das Leiden ist nur das Vorletzte, das Leben ist mehr als Leiden. Und in der Tat. Haben sich die Menschen nicht nach allen Katastrophen (Krieg, Hunger, Verfolgung, Epidemien) wieder aufgerappelt, sind sie nicht aus den Ruinen ihrer Existenz wieder auferstanden? Man muss allerdings einschränkend sagen: Wenn sie die Leidenszeit überlebt haben. Das gelingt nicht allen. Wer in der Katastrophe umkommt, kann nur hoffen, dass ein anderer Aspekt der christlichen Verkündigung wahr wird: Wir fallen sterbend nicht ins Nichts.