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Munteres Chaos

Wieder einmal hat der Berg gekreißt und ein Mäuslein geboren. Es gibt keine echte Lockerung, aber es gibt doch Andeutungen davon. Sie werden von den Inzidenzwerten abhängig gemacht. Dabei hat sich gegenüber dem letzten Treffen auf höchster Ebene etwas Neues ergeben: Statt der 35, sie scheint irgendwie vergessen zu sein, sind jetzt die 50 und die 100 wichtig. Zwischen 50 und 100 gibt es Lockerungen („Öffnungsschritte“), unter 50 auch, aber andere. Der Unterschied ist in einem Stufenplan dargelegt. Die Zahlen beziehen sich auf „Regionen“. Nun fragt sich Häckerling, wie sich der Inzidenzwert einer Region feststellen lässt. Wahrscheinlich so, indem man den Durchschnitt der Inzidenzen der Landkreise bildet. In der „Region Mittlerer Neckar“ sind das die Kreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Rems-Murr, Ludwigsburg und die Stadt Stuttgart. Ich erwarte, dass künftig in der Zeitung dieser Durchschnitt täglich genannt wird, damit ich weiß, ob die Regelungsmatrix „50 bis 100“ oder die andere („unter 50“) gilt. Derzeit ist diese Durchschnittsrechnung nicht einfach: Alle genannten Kreise und damit besagte Region liegen entweder knapp über oder knapp unter 50. Welcher Typ Öffnungsschritt gilt für uns? Aber eigentlich ist Häckerling das egal, denn er vermisst in den Absprachen des oben genannten Bergs die Bibliotheken. Hat man sie vergessen oder werden sie erst in einem sechsten Öffnungsschritt genannt werden? Immerhin kann man nun in die Buchhandlungen gehen und Bücher kaufen und muss sie nicht zuerst vorbestellen. Und was ist mit der übrigen Kultur? Wird sie im siebten Öffnungsschritt das Thema sein? Vielleicht bringt die neue Verordnung des Landes BW Licht ins Dunkel. Aber ob die hiesige Regierung angesichts der Wahl überhaupt noch arbeitet?

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Verzögertes Lockern

Man darf in Deutschland alles sagen, aber wehe, man tut es. Der Außenminister hat laut darüber nachgedacht, ob den Geimpften mehr Freiheitsrechte zugestanden werden dürfen. Hätte er geschwiegen, würde man ihm jetzt nicht über den Mund fahren. Natürlich geht es nichts ums Jetzt, sondern um die schöne Zukunft, die bei einer Impfquote über 50, 60, 65 auf uns wartet. Jene Zukunft, die als Licht am Ende des Tunnels metaphorischen Glanz bekommen hat. Man dürfe keine Unterschiede machen, wird der Minister belehrt, dürfe die Ungeimpften keinesfalls schlechter behandeln. Warum eigentlich nicht? Wer sich die Freiheit nimmt, das Impfen zu verweigern, kann für diese Freiheit auch ein Opfer bringen. Ist es nicht so, dass Ungetesteten das Betreten von Pflegeeinrichtungen verwehrt wird? Warum werden hier Unterschiede und das Testen zur conditio sine qua non gemacht? Morgen sollen durch die Kanzlerin-MP-Runde weitere Verschärfungen des Lockdowns beschlossen werden. Die Begründung: Die Zahlen seien weiterhin hoch. Aber sind sie nicht gesunken? Oder sind die täglich veröffentlichten Zahlen falsch? Gibt es nicht Anzeichen für die Wirksamkeit der jetzigen Maßnahmen? Man darf gespannt sein, wie man eine Verschärfung trotz sinkender Inzidenz-Zahlen begründet. Ach ja, die Gesundheitsämter kommen mit der Nachverfolgung nicht nach. Warum nicht? Fehlt es an Telefonanschlüssen, an Helfer*innen? Warum wird die Warn-App nicht besser genutzt? Vor allem werden die Mutanten der Lockerung entgegenstehen? Über die wird viel geraunt, aber keiner scheint etwas zu wissen. Plausibel begründete Politik sieht anders aus.

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Freiwillige Impfpflicht

Freiwillig“ und „Pflicht“ – passt das zusammen? Ja, nur so fügt es sich sinnvoll. Seine Pflicht zu tun, das wissen wir seit Kant, ist eine autonome Vernunftentscheidung des Individuums. Wer sich nur gezwungenermaßen pflichtgemäß verhält, handelt unfrei. Er ist ein Sklave, ein Opfer, ein fremdbestimmtes Wesen. Schiller sagt es freundlicher: Man soll das Notwendige mit Einsicht tun. Wer sich mit kruden Begründungen vom Impfen befreit, wer dummes Zeug nachschwätzt, um den Piks zu vermeiden, der vergeht sich an der Gesellschaft, der er angehört, die ihn schützt und ihm die Bedingungen einer eigenständigen privaten Existenz ermöglicht. Wasser, Gas und Strom, Verkehrsmittel, ärztliche Versorgung, kulturelle Angebote, schulische Bildung, das alles kann der Einzelne nicht allein hervorbringen. Es ist das Werk des Ganzen, des Staates, der Solidargemeinschaft oder wie wir sie nennen wollen. Die ist derzeit bedroht durch eine Infektion. Das gab es schon früher: Pest und Cholera, Tuberkulose, Pocken und Influenza, Masern und Kinderlähmung – sie alle haben die Menschheit bedroht. Sie zu bekämpfen, gab es oft keine Mittel. Jetzt, gegen Covid-19, gibt es sie. Da gehört es sich einfach, da ist es die Pflicht jedes Staatsbürgers, seinen Teil dazu beizutragen, dass diese Geißel der Menschheit niedergerungen wird. Häckerling weiß, dass die Schulen zurzeit andere Probleme haben, aber die Vermittlung einiger grundlegender ethischer Gedanken der deutschen (und europäischen) Geistgeschichte sollte nicht ersatzlos wegfallen.