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Der Protestantismus und die Familie

Sie wollen die Familie verteidigen, die Rechtgläubigen in der evangelischen Kirche Württembergs, vorneweg ihr Bischof July. Aber welche Art von Familie meinen sie? Wahrscheinlich jene mit Mutter und Vater und zwei Kindern. Die leiten sie „aus der Bibel“ ab und werfen der neuen EKD-Schrift „Familie als verlässliche Gemeinschaft“ vor, sie tue das nicht, sondern öffne anderen sozialen Lebensweisen Tür und Tor. Das tut sie allerdings, wobei man diesen neuen Formen keine Tür mehr öffnen muss; sie sind schon da.

In besagter Studie steht unter anderem: Eine breite Vielfalt von Familienformen ist, historisch betrachtet, der Normalfall. Das heute von den Frommen so hoch gehaltene Familienideal habe sich erst im 18. Jahrhundert entwickelt. In der Familienschrift wird auch festgestellt: Ein normatives Verständnis der Ehe als ‚göttliche Stiftung‘ und eine Herleitung der traditionellen Geschlechterrollen aus der Schöpfungsordnung entsprechen nicht der Breite des biblischen Zeugnisses. Was ist falsch an dieser Aussage? Was weiß der württembergische Bischof, was die EKD-Sachverständigen nicht wissen?

Dass auch der Kommentator der Stuttgarter Nachrichten sich letzte Woche in den Chor derer eingereiht hat, die der evangelischen Kirche raten, mehr (konservative) „Kante zu zeigen“, und mit Bedauern konstatiert, die Evangelischen hätten keinen Papst, der ihnen die Linie vorgibt, irritiert mich. Bisher, so dachte ich, dürfen Protestanten selber denken. Auch der Bischof July darf das und seine konservativen Adepten dürfen es auch. Aber ich erlaube mir trotzdem, jener Position zuzuneigen, die der künftige Landesbischof von Baden geäußert hat. Er hat die EKD-Schrift gelobt. Auch ich finde sie lobens- und lesenswert.

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Das Reifezeugnis und die Reife

In den Köcher gegen das achtjährige Gymnasium ist ein neuer Pfeil gelegt worden. Das Argument, mit dem in der Zeitung von heute (17.7.13) gegen das Verlassen der Schule nach 12 Jahren Unterricht geschossen wird, lautet: Die jungen Menschen sind mit 18 noch nicht reif. Sie wissen nichts mit dem gewonnenen Jahr anzufangen, verplempern es. Da wäre es doch besser, sie noch ein Jahr unter der Fuchtel der Schule zu haben.

Nun ist – wie wir schon länger wissen – das Niveau des Abiturs trotz der verkürzten Gymnasialzeit nicht gesunken; jedenfalls können wir das den Ergebnissen des Doppeljahrgangs 2012 entnehmen. Aber was ständig sinkt, ist das Niveau der Auseinandersetzung über G8 und G9. Sind die jungen Leute mit 18 tatsächlich noch nicht reif, obwohl man ihnen das durch das „Zeugnis der Reife“ bescheinigt? Warum erhalten diese Jungspunde den Status der Volljährigkeit? Warum dürfen sie Geschäfte tätigen? Warum lässt man diese Unreifen wählen und Soldat werden? Warum ein Auto fahren? Wenn es stimmt, dass wir nach acht Jahren Gymnasium einen Haufen junger Menschen ins Nirwana der Ziellosigkeit entlassen, dann ist zu fragen, wer diese Generation der Unentschlossenen zu solcher Unmündigkeit erzogen hat.

Könnte es nicht sein, dass man ihnen zu viel abgenommen hat, ihnen zu viele Steine aus dem Weg und zu wenig Herausforderungen in den Weg gelegt hat? Man hat sie behütet und bewahrt und ihnen damit die Chance genommen, erwachsen zu werden.

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Die Lehrer und das Leben

Da hat er mal eine richtige Erkenntnis gehabt, der Minister Stoch, und jetzt fallen sie über ihn her. Dabei wollte er doch nur zum Ausdruck bringen, dass Lehrer nicht betriebsblind sein sollen, sondern den Betrieb in den Betrieben kennen sollen. Anders gesagt: Sie sollen eine Ahnung davon haben, wie es im realen Leben zugeht, auf dass sie ihren Schülerinnen und Schülern davon anschaulich berichten können. Dass es nichts schadet, die Arbeitsbedingungen einer Logistikfirma oder eines Bauunternehmens zu kennen, dass es von Nutzen ist, über die Tätigkeit von Putzkolonnen, Erdbeerpflückern oder Verwaltungsbeamten, von Menschen am Band oder am Tresen, von Bankern oder Managern, von Sozialarbeitern, Politikern und Journalisten, Wissenschaftlern, Sportlern und Schauspielern, Architekten und Ärzten Bescheid zu wissen.

Aus diesem Grund verlangt man schon seit Jahren von den künftigen Lehrern, auch denen am Gymnasium, lieber Herr Stoch, dass sie ein soziales oder betriebliches Praktikum abgelegt haben, ehe sie sich für das zweite Staatsexamen melden.

Und dann habe ich noch eine Bitte um sprachliche Genauigkeit an den Minister. Wenn man den Text des Artikel in den Stuttgarter Nachrichten für authentisch nehmen darf, dann hat Stoch gesagt, bei den Lehrern solle das „Verständnis für die Wirtschaft“ wachsen. Aber darum geht es nicht, sondern es geht um das „Verstehen“. Das aber bekommt man nicht dadurch, dass man „einen Betrieb von innen sieht“. Dazu muss man einiges lernen, Betriebs-, Volks- und Finanzwirtschaftliches und auch etwas Soziologie. Damit könnten „Betriebsblinde“ zu Sehenden werden. Derlei Kundige stünden den Schulen in der Tat wohl an.