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Druckmacherei

Heutzutage wird kein Druck mehr ausgeübt, sondern nur noch gemacht. Das geschieht vor allem in der Politik und immer mal wieder auch bei „Arbeitskämpfen“. Derzeit machen die Gewerkschaften Druck bei den Zeitungen, der Lufthansa, der Telekom und vor allem im sogenannten öffentlichen Dienst. Das Wörtchen „sogenannt“ beziehe ich auf „Dienst“, denn gedient wird da schon lange nicht mehr. Das klänge auch zu obrigkeitsstaatlich oder christlich.

Der Druck von ver.di richtet sich angeblich gegen die öffentlichen Arbeitgeber, im Bund, den Ländern, den Kommunen. In Wirklichkeit sind es „die Menschen“, die unter ihm leiden. Ihre Straßenbahn oder ihr Bus fährt nicht, ihre Kita hat zu, ihr Müll bleibt liegen. Mit diesen „Warnstreiks“ bestraft man jene, die den öffentlichen Nahverkehr benutzen (müssen) und nicht das Auto, die ihre Kinder der Kindertagesstätte und nicht der Tagesmutter anvertrauen, die ihre Mülltonne vergeblich vor die Türe stellen – oder die sich den Luxus einer Tageszeitung leisten. Die Warnung lautet: Verlass dich nicht auf die staatlichen Dienstleistungen, sondern organisiere dein Leben so, dass du diese Dienste nicht brauchst – und auch nicht die Tageszeitung, deren Qualität derzeit ziemlich unterirdisch ist.

Die öffentlichen und nichtöffentlichen Arbeitgeber brauchen nicht mit Warnstreiks gewarnt zu werden, die müssen den Druck auf die Bürger nur aussitzen. Die Innenminister und die Arbeitgeberverbände leiden unter diesem Druck erkennbar nicht. Sie müssen nur ganz entspannt warten, bis die gewerkschaftlichen Rituale abgespult sind und man sich einigen kann. Diese Einigung liegt schon längst fest. Sie wird etwa so ausfallen, wie sie in den Haushaltplänen vorgesehen ist.

Ich bin es leid, der Druckmach-Rituale wegen den gewerkschaftlichen Drückerbanden als Opfer zu dienen.

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Turboverlängerung

Das achtjährige Gymnasium, kurz G 8 – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Staatsführertreffen, als die Russen noch dabei sein durften – oder auch „Turboabitur“ genannt, ist auf dem Rückzug. Viele Politiker, Eltern, Lehrer und merkwürdigerweise auch Schüler fänden es schön, wenn die gymnasiale Schulzeit statt der seit Jahren üblichen zwölf künftig 13 Jahre dauern würde. Daher drehen viele Bundesländer das Rad zurück und machen aus G 8 wieder G 9.

Ich bin damit nicht einverstanden. Die Gründe, warum man aus neun Jahren acht gemacht hat, waren: (1) In der DDR waren die acht Jahre immer üblich, viele „neue“ Bundesländer sind beim Alten geblieben. (2) Die westdeutschen Schüler waren im Schnitt deutlich älter als ihre Mitstudierenden aus aller Welt. (3) Das 13. Schuljahr war schon immer kürzer als die vorausgehenden. (5) Es war unergiebig und langweilig und wurde gern durch allerlei Reisen (sog. Studienfahrten)  unterbrochen. (6) Es war von Fehlzeiten (auch wegen der zunehmenden Zahl der Jobbenden) besonders heimgesucht. (6) Das lag auch daran, dass die Lernenden volljährig waren und sich selbst entschuldigen konnten. (7) Man soll heutzutage nicht mehr auf Vorrat lernen, sondern lebenslang. (8) Die Ergebnisse im Abitur waren nach acht Jahren nicht schlechter als nach neun Jahren Gymnasium.

Kurz: Die neunjährige Gymnasialzeit war sinnlos, unnötig und teuer.

Trotzdem will man sie jetzt wieder einführen, obwohl sie Ressourcen verbraucht, die andernorts fehlen, obwohl die deutschen Abiturienten beim Abschluss dann wieder fast 20 Jahre alt sein und das Gymnasium noch schulmüder als eh schon verlassen werden.

Man sage nicht, der Stoff lasse sich nicht in acht Jahren vermitteln. Wer es will, der kann es auch.

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Verhoenesspiepelung

Bayern heult auf. Wie kann ein Münchener Gericht es wagen, seinen – neben Seehofer – beliebtesten Mitbürger ins Gefängnis bringen zu wollen? Wegen eines Kavalierdelikts, wegen Vergessens von Steuerzahlungen. Das macht doch jeder. Und deswegen soll der Präsident hinter Gittern? Wo er doch so geweint hat, wo er doch so reuig ist, wo es ihm doch so leid tut, wo er doch alles nachzahlen will. Mussten etwa Beckenbauer und Becker, Schwarzer oder Leicht ins Kittchen? Nein, denen hat man es erspart.

Ich glaube auch nicht, dass Uli Hoeness ins Gefängnis muss. Das Verfahren wird sich noch so lange hinziehen, dass der vergesslichen Öffentlichkeit bald nicht mehr bekannt ist, um was eigentlich geht: um einen Verstoß gegen die deutschen Steuergesetze. Und dann wird man sich wohl auf ein symbolisches Einsitzen verständigen. Der Platz in den deutschen Haftanstalten ist eh so rar.

Das Begleitgeschrei zum Fall Hoeness ist laut. Der Stammtisch hat sich in ein hohes Gericht verwandelt. Alle reden mit, vor allem die von juristischen Kenntnissen besonders unbeleckten. Es ist wie bei Fragen der Bildungspolitik. Da wissen es auch alle besser als die, deren täglich Brot sie ist.

Das Bedenkliche im genannten Fall ist ein Doppeltes: Wird der Bayern-Chef aus Ulm schonend behandelt, dann verfestigt sich das Gefühl, dass man die Kleinen henkt und die Großen laufen lässt. Bestraft man den Steuerhinterzieher zu streng, unterstellt man dem Gericht, es habe sich von Ressentiments leiten lassen, um seine Unabhängigkeit unter Beweis zu stellen. Insofern halte ich die ins Auge gefasste Strafe für einen erträglichen Kompromiss. Ob er sie je antreten wird? Warten wir’s ab.