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Gewaltsommer

Wem immer sich die Gelegenheit bot, hat seinen Kommentar bereits abgegeben. Im Internet ertrinkt man schier im Meer der eilends heruntergeschriebenen Reaktionen. Nun hat sich auch die Kanzlerin geäußert. Auch sie legt Zeugnis ab von der kläglichen Spracharmut angesichts der globalen Gewaltakte. Die machen inzwischen nicht einmal vor der süddeutschen Provinz halt. Gegen diese Taten sind (fast) alle, wirksame Lösungen, sie zu verhindern, hat keiner. Aber trotzdem reden und schreiben sie landauf landab, was das Zeug hält. Man solle doch endlich die Grenzen dichtmachen – das ungarische Modell lässt grüßen, aber wir sind kein Ostblockstaat, der locker Gründe für seine Abschottung findet. Man müsse die Zahl der Polizisten erhöhen – wo sollen die herkommen und ich zweifle daran, dass selbst doppelt so viele Staatsdiener ausreichen, um alles und jeden zu überwachen. Am besten wäre es, die ganzen Ausländer heimzuschicken – aber wer macht uns dann die Arbeit, die von ihnen derzeit erledigt wird? Man könnte natürlich alles fremde Volk in Lager sperren – vielleicht lagern ja irgendwo noch die Baupläne für die KZs? Früher hatten wir in den Medien das „Sommerloch“, heuer haben wir den Gewaltsommer. Der bietet reichlich Stoff für unangemessenes Geschwätz, für Wichtigtuerei und Stammtischparolen. Es gibt Menschen, die wegen der jüngsten Untaten unsicher und ängstlich sind. Ich kann das verstehen, aber daran lässt sich nichts ändern. Es ist eine Angst mehr in dieser Angst machenden Zeit. Wenn man die Ursachen der Angst nicht beseitigen kann, muss man sich an die Angst gewöhnen.

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Lehrdefizite

Dieser Tage durften wir lesen, dass sich beim bundesweiten Leistungsvergleich „Vera 8“, an dem Baden-Württemberg zum ersten Mal teilnahm, ergab, dass die hiesigen Schülerinnen und Schüler Schwächen beim Schreiben und Rechnen hätten. Das betreffe vor allem die Realschüler, die Gemeinschaftsschüler und die Hauptschüler. Nur bei den Gymnasien sehe es etwas besser aus. Damit hat sich das Land fürs Erste aus der Spitzengruppe der deutschen Bundesländer verabschiedet. Die neue Kultusministerin leitet die alte Konsequenz ab, dass künftig die Schwächeren stärker gefördert werden müssten. Aber warum nicht alle Schülerinnen und Schüler? Die Antwort auf diese Frage müsste m. E. etwa so lauten: Der Unterricht ist derzeit offenbar so, dass die leistungsfähigeren Schüler Nutzen aus ihm ziehen, die weniger Begabten aber nicht. Offenbar verstehen Letztere es nicht, wenn die Deutschlehrer mit ihnen die Regeln fürs richtige Schreiben und Formulieren erarbeiten oder wenn die Mathematiklehrer ihnen helfen, eine Aufgabe zu lösen. Anders formuliert: Die guten Schüler lernen trotz des Unterrichts etwas und die Schwächeren wegen des Unterrichts nichts. Daraus folgere ich: Es geht gar nicht darum, die Schwächeren stärker fördern, sondern es muss darum gehen, die Qualität des Unterrichts insgesamt zu verbessern. Die aber hängt bekanntlich davon ab, wie gut die Lehrer die Sache verstehen, die sie vermitteln sollen. In der Pflicht ist also die Lehrerausbildung.

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Scheingefechte

Es ist in diesen Tagen schier unmöglich, die Wahrheit in der Wirklichkeit zu erkennen. War der Gestörte von Nizza fremdgesteuert oder kam die Vernichtungswut aus seiner kaputten Seele? Haben wir es mit IS-Irrsinn oder einfach „nur“ einem Irrsinnigen zu tun? Und wenn wir es wüssten, was würde es uns sagen? Dass der persönliche Wahnsinn den globalen religiösen Wahn anzieht und ihn quasi „verkörpert“? Und der türkische Putsch? Es fällt mir schwer, ihn irgendwelchen Offizieren zuzuschreiben, denn ein gelernter Kriegsmann fängt keinen Kampf an, von dem er schon zuvor wissen kann, dass er ihn verliert. Es bleibt als Drahtzieher also nur der Mann an der Spitze übrig. Seit Schillers „Maria Stuart“ wissen wir Germanisten, dass die ganz Mächtigen vor keiner Untat zurückschrecken, wenn es um den Erhalt oder die Festigung ihrer Macht geht. Kann man den Satz „Dieser Mortimer starb euch sehr gelegen“ umschreiben auf türkische Verhältnisse? „Dieser Putsch kommt euch sehr gelegen“, Herr E., denn nun könnt ihr endlich jene Säuberungen vornehmen, die schon lange anstehen. Mit „Säuberungen“ (was für ein harmloses Wort für ein blutiges Geschäft), mit solchen Machtsicherungsaktionen kennen wir uns aus: Stalin und Hitler waren darin Spitze. Wer auch nur ein wenig nach Gegner riecht, wird gefangen gesetzt und irgendwann liquidiert. Ein Fünftel der Richter in der Türkei sei bereits entlassen worden und hinter Schloss und hinter Schloss und Riegel. Haben die geputscht? Oder sind sie nur keine AKP-Parteigenossen? Es ist schon schlimm, dass man mit einem solchen Regime paktieren muss.