Verdi klingt auf der Opernbühne harmonisch. Die gleichnamige Gewerkschaft erzeugt Misstöne. Natürlich darf sich eine Gewerkschaft für ihre Mitglieder einsetzen, sie darf auch streiken, um Forderungen durchzusetzen. Aber nicht immer heiligt der Zweck die Mittel. Derzeit Kitas zur bestreiken ist purer Sadismus. Eltern, die monatelang ihre Kinder nicht den Kitas anvertrauen durften, sondern sie selbst betreuen mussten, Eltern, die wegen geschlossener Kitas Urlaub nehmen mussten, jetzt dasselbe wieder zuzumuten, ist eine grandiose Unverschämtheit. Es ist im Öffentlichen Dienst eh eine offene Frage, ob das Bestreiken Dritter dem Wesen eines Arbeitskampfs entspricht. Wer eine Firma bestreikt, um höhere Löhne zu erwirken, schadet der Firma. Wer eine Kita bestreikt, um für die Mitarbeiter*innen mehr Geld zu erstreiten, schadet den Eltern und ihren Kindern und belohnt die Arbeitgeber. Die müssen für Streiktage keine Löhne bezahlen und schonen so die öffentlichen Kassen. Ein solcher Streik trifft also die Falschen. Er nimmt die Kinder und ihre Eltern in Beugehaft. Aber diese Kinder und ihre Eltern zahlen keine Löhne, sie finanzieren sie nur über die öffentlichen Kassen. Das Ende vom Streiklied wird sein, dass die Gemeinden ihre Kindergartengebühren erhöhen. Ganz vergessen sollte man in diesem Zusammenhang nicht, dass in der Corona-Pause die Mitarbeiter*innen relativ wenig beschäftigt waren. Manche Städte ließen sie gar als Hostessen im Rathaus arbeiten. Aber auch die öffentlichen Arbeitnehmer hätten anders handeln können. Die frühe Vorlage eines vernünftigen Angebots hätte diesen ganzen Streikzirkus vermieden. Die Rituale dieser Arbeitskämpfe wirken wie aus der Zeit gefallen.
Monat: September 2020
Angegriffene Pädagogen
Soll ich Pädagog*innen schreiben, mit einem Stern in der Mitte? Nun, eine Sternstunde war es nicht, als gestern die neuen Zahlen zur Aggressivität von Schülern gegenüber Lehrerinnen und Lehrern bekanntgegeben wurden, eher ein Stunde der Wahrheit. Viele, die öffentliche Aufgaben bekleiden, werden zunehmend attackiert. Ersthelfer, Polizisten, Politiker, Pflegende und eben auch Lehrkräfte. Dabei überwiegen die psychischen Attacken, worunter man sich Beleidigungen, Verunglimpfungen, Herabwürdigungen und dergleichen vorstellen muss. Auch physische Angriffe habe es mehr gegeben. Nun wird gefordert zu reagieren. Aber wer soll wie reagieren? In den USA würde die Bewaffnung der Lehrenden gefordert. Wir werden es wohl eher mit sanfteren Mitteln versuchen. Vielleicht sollte man die Motive der Aggressiven erforschen. Aber bis eine Studie zu Ergebnissen kommt, dauert es Jahre. Schon jetzt muss die Schule, genauer: die Schulleitung, vor der Verhängung einer Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme alle Seiten anhören: den Täter, die Eltern, die Klassenkonferenz. Das ist ausreichend, um falsche Reaktionen zu verhindern. Aber was sind die richtigen? Natürlich wird man es zunächst mit pädagogischen Mitteln versuchen, Gesprächen, Strafarbeiten, in denen die Täter ihre Motive schriftlich niederlegen müssen. Manchmal hilft das weiter, zumindest erhöht es Verständnis für die Tat. Aber wer einen Pädagogen oder eine Pädagogin attackiert hat, darf nicht ohne Sanktion davonkommen. Wenn das Nachsitzen nicht ausreicht, ist ein Ausschluss auf Zeit fällig. Auch der verordnete Wechsel in eine Parallelklasse kann etwas bewirken. Und er ist schon deshalb geboten, weil der attackierten Lehrkraft eine weitere Unterrichtung des Übeltäters nicht mehr zuzumuten ist. Hartnäckig Aggresive müssen die Schule verlassen. Wehrlos ist die Schule nicht, sie muss sich aber auch wehren. Die Schulverwaltung ist gehalten, den Schulen den Rücken zu stärken. Klare Worte gegenüber Eltern sind alternativlos. Einigkeit im Kollegium erhöht die Wirkung der Maßnahmen.
Lustlose Kontrolleure
Kontrolliert zu werden finden die meisten nicht gut. Sie betrachten es als Zeichen des Misstrauens und nehmen es persönlich übel. Dabei ist „Schwachheit dein Name, Mensch“. Wenn man weiß, dass niemand auf das schaut, was ich treibe, traue ich mir Unredlichkeiten, z.B. bei der Steuer, oder Überschreitungen der Geschwindigkeit am Steuer. Wenn Hausaufgaben nie nachgesehen werden, sinkt die Lust, sie zu erledigen. Wenn fürs Wegwerfen von Müll Bußgelder drohen, aber nie jemand welche verhängt, hält sich die Freude am Vermüllen der Landschaft. Mehrfach in der Woche sammeln wir weggeworfene Kippen vor dem Haus ein. Dabei ist deren Wegwerfen streng verboten. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – das kommt uns irgendwie bekannt vor. Wer hat eigentlich Wirecard kontrolliert? Offenbar keiner so richtig. Wer hat die Umsetzung des Digitalpakts kontrolliert? Niemand, sonst hätte man feststellen können, dass kaum Geld abfließt. Wer hat die Autoindustrie in der Abgasgeschichte kontrolliert? Keiner, sonst hätten die längst von ihren Betrügereien Abstand genommen. Immerhin: Die Polizei kontrolliert in den S-Bahnen die Einhaltung der Maskenpflicht. Dabei sitzen dort genügend strenge Bürger, die den Nachlässigen mit Bemerkungen auf die Sprünge helfen. Wir sind dabei, eine Fehlerkultur aufzubauen. Eine Kontrollkultur wäre auch nicht schlecht.