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Wohlfeile Ratschläge

Es ist unstrittig, dass die Bilder vom Krieg in der Ukraine schrecklich sind, es herrscht auch Einigkeit, dass der Frieden dem Krieg vorzuziehen ist. Und es wäre wirklich eine gute Nachricht, wenn sich die Kriegsparteien (also der Angreifer und der Angegriffene) auf einen Waffenstillstand oder gar eine Friedenslösung einigen könnten. Es zeugt von Verantwortungsgefühl, wenn 28 Menschen der Feder und des Geistes unsere Regierung beschwören, alles zu tun, um eine diplomatische Lösung zu erreichen. Was sie aber auch fordern: Verzicht auf Waffenlieferungen. Die Logik ist bestechend: Wenn die Ukraine sich militärisch nicht verteidigen kann, weil ihr die Waffen fehlen, muss sie kapitulieren. Auch das wäre eine Art von Frieden. Im Text der Schreiberschar heißt es sinngemäß: Eine zweite ‚Grenzlinie‘ sei das menschliche Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung. Es sei die Frage, ob die weiteren ‚Kosten‘ an Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung moralisch verantwortbar sei. Darüber dürfe nicht allein die ukrainische Regierung entscheiden, so die Unterzeichner. – Wer entscheidet dann, wenn man die Ukraine in dieser Frage entmündigt hat?  Die Verantwortung für eine Eskalationsgefahr gehe auch diejenigen an, die dem Aggressor ‚sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern‘. Also den Lieferern von Waffen. Sie sollen die Ukraine durch einen Lieferungsstopp zum Frieden zwingen. Ein merkwürdiges Argument. Wir sind die, die besser wissen, was für das angegriffene Land gut ist. Dieser moralische Imperialismus hat in Deutschland eine lange, unselige Tradition.

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Einfache Lösung

Viele sagen, es gebe keine einfache Lösung für den aktuellen Krieg in Europa. Aber manche haben diese einfache Lösung vor Augen: Die Ukraine soll kapitulieren. Dann käme von einem Tag auf den anderen das Ende des Schießens und Mordens. Die Regierung erhielte Asyl im Westen. Die Geflohenen könnten zurück in die Heimat. Das würde uns Kosten sparen. Russland müsste nicht mehr unter Sanktionen leiden. Gerne würde es die freigegebenen Milliarden in den Wiederaufbau der Ukraine stecken. Es würde dem Land weitgehende Autonomie gewähren. Es käme überhaupt eine bessere Zeit für das ukrainische Brudervolk. Zum Beispiel würde es nicht mehr von drogensüchtigen Nationalisten regiert. Auch für uns im Westen hätte das beträchtliche Vorteile. Bald käme wieder Weizen aus dem Osten. Wir könnten weiter billige Energie von Russland beziehen, Nord Stream 2 könnte in Betrieb gehen. Die Firmen dürften wieder Geschäfte mit dem Land treiben. Der Index, der den Optimismus der Industrie misst, würde steigen. Auch die Aktienkurse hätten wieder eine Tendenz nach oben. Putin könnte im Bundestag eine Friedensrede halten und dafür stehend Ovationen bekommen. Er würde zum Kandidaten für den Friedensnobelpreis. Warum nur gehen wir nicht offen diesen einfachen Weg in Richtung Frieden und begnügen uns damit, bei den Waffenlieferungen Zurückhaltung zu üben und so die Zeit bis zur Kapitulation zu verkürzen?

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Verblichene Impfpflicht

Das Ergebnis der Impfpflicht-Abstimmungen gestern im Bundestag ist eindeutig. Scholz hat recht, wenn er sagt, es gebe keine Mehrheit für irgendeinen Antrag. Ergo wird daraus bis auf Weiteres nichts. Die Lage ist eh ziemlich desolat. Wir vernichten derzeit Impfstoffe, weil wir sie nicht brauchen. Die Quote der Erst-, Zweit- und Drittimpfungen stagniert. Die Zahlen, die den Vorteil des Geimpft-Seins belegen sollen, verlieren an Eindeutigkeit. Allenfalls mit dem milderen Verlauf kann man offenbar noch argumentieren, aber der Hinweis, dass die Impfung Ansteckungen verhindere, trifft offenbar auch bei den Geboosterten nicht zu. Wenn man im Internet nachfragt, welche Staaten eine Impfpflicht haben, stößt man auf den Vatikan und Turkmenistan. Von dort wurde bisher noch keine einzige Ansteckung gemeldet. Warum verpflichten sie dann zum Impfen? Dann wird noch Ecuador genannt. Und als größter Staat Indonesien. Dort hat die Impfpflicht es aber auch nicht vermocht, die Quote auf wenigstens 50 % zu heben. Zu viele Inseln behinderten die Logistik, heißt es. Wenn also Deutschland keine Impfpflicht hinbekommt, ist es weltweit in guter Gesellschaft. Denn das muss man ja auch sagen: Wo die Pflicht zum Impfen besteht, im Pflegebereich, ist sie auch nicht zu 100 % umgesetzt. Man sammelt immer noch Meldedaten. Strafbewehrte Bußgeldbescheide wurden offenbar noch nicht verschickt, Entlassungen nicht vorgenommen. Das Jahr 2022 wird vergehen, ehe man dieses Kapitel als abgeschlossen betrachten kann. Die Ersten verlangen schon die Abschaffung dieses bereichsbezogenen Impfpflichtgesetzes. Und was die Gerichte zur Impfpflicht sagen werden, steht noch in den Sternen. Wir brauchen wohl einen abermaligen heißen Corona-Herbst – und neue Impfstoffe gegen neue Varianten –, um das Thema wieder zum Laufen zu bringen.