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Religiöse Impfgedanken

Natürlich kann man bei Pandemien an die göttlichen Strafmaßnahmen im Alten Testament denken. Mit der Sintflut wurde die Menschheit und das Getier eliminiert. Nur Noah war weitblickend genug, sich und seine Familie und etliche Tiere mit einem Schiff zu retten. Warum sind die anderen nicht auf diese Idee gekommen? Sie haben die Katastrophe nicht kommen sehen. Ein Impfgegner, denke ich mir, wäre Noah nicht gewesen. Manche Fromme sehen alles Schlimme als von Gott verhängt. Naturkatastrophen wollen sie mit Gebeten überstehen. Gott prüfe oder strafe die Menschen für ihre Sünden, glauben sie. In dieses Schema passt auch das Virus. Weil die Menschheit sich nicht mehr an die göttlichen Gebote hält, reagiert der Herr mit Attacken auf sie. Zum Glück sterben nur die Sündigen an Covid, die guten Menschen überleben es. Und wenn es mal anders kommt, so wird sich Gott schon was dabei gedacht haben. Krankheiten sind der Test unseres Glaubens. Josua Kimmich, der wahrscheinlich nicht zu den Frommen gehört, will sich nicht impfen lassen. Er meint, der Impfstoff sei noch nicht lange genug erprobt. Misst man seine Haltung am Kernstück des christlichen Glaubens (Liebe deinen Nächsten wie dich selbst), dann besteht seine Liebe der Nächsten darin, sie als Versuchskaninchen für die eigene Impfung zu sehen. Wenn diese Kaninchen die Impfung gut überstehen, dann kann ich mich auch irgendwann unbesorgt impfen lassen. Es gibt auch Impfgegner, die einfach warten, dass die anderen sich impfen lassen und so eine „Herdenimmunität“ entsteht, die auch sie schützt. Hier steht die Selbstliebe über allem. Was scheren mich die andern? In den Gottesdiensten muss man Zettel ausfüllen und ständig Maske tragen, auch beim Singen. Ob man Luft genug hat, ob man unter Sauerstoffmangel leidet, das interessiert die Kirchenleitungen nicht. Sie verzichten auf 2G oder 3G, weil sie „offen“ sein wollen für alle, auch für Impfverweigerer. Hier triumphiert die „Nächstenliebe“, auch wenn der ungeimpfte Gottesdienstbesucher dafür sorgt, dass der geimpfte sich unter seiner Maske schwer tut, auf religiöse Gedanken einzulassen.

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Unentspannte Lockerungsübungen

Eine Zeit der heftigen Diskurse beschert uns das das global agierende Virus. In Brasilien bestreitet die Führung immer noch dessen Existenz und will die „Zählerei“ beenden. Naturgemäß sind nicht alle Brasilianer damit einverstanden. In den USA wird unablässig und hunderttausendfach am und mit dem Covid-19 gestorben, aber das regt offenbar nur die betroffenen Angehörigen. Die Trump-Administration dagegen forciert aus wirtschaftlichen Gründen das Lockern. In Südeuropa wartet man sehnsüchtig auf Touristen, auch hier haben sich die Lockerlassenden gegenüber den Zögernden durchgesetzt. In unseren Kirchen finden Gottesdienste mit und ohne mundgeschützte und nasenbedeckte Gläubige  statt. Ein Blick in die kirchlichen Nachrichten gibt Auskunft über die Pflichten und Nichtpflichten in Sachen Verhüllung und Abstand. Die Kinder sollen alle in die Kitas zurück, weil dort – sagen die einen – kaum Ansteckungsgefahren bestehen. Das gehe nicht, sagen andere, weil es an Erzieherinnen fehle, über ein Fünftel bleibe als risikobehaftet zu Hause. Warum eigentlich, wo doch mutmaßlich kaum Gefahr besteht? In den Schulen werden merkwürdige Stundenpläne umgesetzt. Ohne Warn-App (Paul hat heute mal wieder Unterricht, Lisa ist in Homeschooling, Jens hat sich nur an ungeraden Tagen in der Schule einzufinden) ist das kaum zu schaffen. Dabei gehen die Meinungen der Fachleute über die Folgen der Vollbeschulung auseinander. Forcieren wir mit der Rückkehr der Kinder und Jugendlichen die „zweite Welle“ oder werden wir weiter auf den ersten Hotspot in einer Kita oder einem Schulgebäude warten? Über nichts kann man so gut diskutieren als über das, was man nicht weiß. Wird der Herbst uns die „neue Normalität“ bescheren oder gar die alte oder evtl. die Rückkehr des Virus in neuer Form? Denn auch das hören wir immer wieder: Viren verändern sich laufend, mutieren, werden noch gefährlicher – oder vielleicht auch harmloser. Wie gut, dass wir nichts Genaues wissen.

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Gebremste Religion

Es gibt nur wenige Ereignisse, bei denen christlich geprägte Menschen etwas von ihrer Kirche erwarten: Geburt, Hochzeit, Krankheit und Tod. Wenn ein Kind ins Leben tritt, kann den Angehörigen durch dessen Taufe vermittelt werden, dass dieses Wesen nicht ihr Eigentum ist. Eine kirchliche Trauung sagt dem Paar, dass es nicht einfach so zusammenlebt, sondern in einem Sinnzusammenhang steht. Bei einer ernsthaften Erkrankung kann die Erkenntnis helfen, dass man nicht nur dem medizinischen Apparat ausgeliefert ist, sondern sich in einem Größeren geborgen wissen darf. Führt die Krankheit mit einiger Wahrscheinlichkeit zum Tode, ist es gut, wenn Worte des Trostes und der Zuversicht dem Sterbenden das Gefühl vermitteln, dass sein Leben und damit auch sein Tod einen Sinn haben, der nicht mit seiner Lebensleistung identisch ist. In den letzten Wochen sind Menschen an einem Virus erkrankt, das mit dem Attribut „neuartig“ versehen ist. Neu ist offenbar, dass sich alle vor ihm schützen wollen, auch die Pfarrer und Priester. Das ist einerseits zu verstehen. Wer steckt sich schon gerne an? Aber die Folge war, so ist zu hören, dass die Geistlichen Kranke und Sterbende gemieden haben und einige ohne den Trost der Religion gestorben sind. Das ist traurig. Man fragt sich, ob es nicht zum Beruf des Krankenhausseelsorgers gehört, mit den Risiken einer Ansteckung zu leben. Sollte es tatsächlich keine Möglichkeit gegeben haben, die Ausübung des Berufs (oder der Berufung) möglich zu machen? Auch die Pflegenden in den Kliniken und Heimen sind gefährdet, aber sie arbeiten trotzdem. Zu den Zahlen, die nach der Seuche zu erheben sein werden, wird auch jene gehören, wie viele Menschen ohne geistliche Begleitung geblieben sind, obwohl sie eine wollten.