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Gesellschaft Technik

Vergessener Zug

Es mag ein wenig langweilig wirken, wenn nach dem letzten Eintrag schon wieder einer folgt, der sich mit Bahnerlebnissen beschäftigt. Aber es ist halt so: Die Fahrt mit der Deutschen Bahn ist eines der letzten Abenteuer der Menschheit. Und was geschah diesmal? Der Schreiber dieser Zeilen wollte einen privaten Besuch in der Hauptstadt machen. Die Fahrkarten hat er Wochen vorher gebucht. Die Kosten hielten sich in Grenzen. Ein ganz besonderer E-Mail-Service teilte uns mit, dass der ICE von Stuttgart nach Berlin dort eine halbe Stunde später ankommen und der von Berlin nach Stuttgart eine halbe Stunde früher (um 13.00 Uhr) abfahren würde. Bei der Hinfahrt kann man den Titel einer Geschichte zitieren: „Der Zug war pünktlich.“ Allerdings galt das nur bis zur Haltstelle Südkreuz. Dort verweilte er. Nach einer Viertelstunde – inzwischen sollten wir längst den Hauptbahnhof erreicht haben – kam die Durchsage, die Weiterfahrt des ICE sei „nicht eingeplant“ (also doch wohl vergessen worden), wir sollten doch in einen Regionalexpress umsteigen. Was alle taten – mit dem Ergebnis, das besagter RE so überfüllt war dass die Türen nicht mehr schlossen. Nach langen Minuten setzte er sich doch noch in Bewegung und erreichte irgendwann den Hauptbahnhof. Die Rückfahrt ein paar Tage später sollte um 13.00 Uhr auf Gleis 2 sein. Daraus wurde Gleis 4. Die Anzeigen über die Abfahrt wechselten alle fünf Minuten. Irgendwann verschwand der Zug ganz von der Anzeige. Das Personal wurde hektisch und erfreute die Wartenden schließlich mit der Botschaft, der ICE 1211 werde doch fahren, aber erst um 13.28 Uhr. So geschah es. Die halbe Stunde Verspätung hatten wir auch noch bei der Ankunft in Stuttgart. Aber wir sind angekommen!

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Wirtschaft

Kurzfristige Erkrankung

Man sollte ja meinen, dass die Lokführer nun zufrieden sind und die üppige Gehaltserhöhung ihre Arbeitslust steigert. Die Bahnrealität lässt allerdings daran zweifeln. Am letzten Sonntag durften wir erleben, dass der Anschluss von der S 1 (Herrenberg nach Böblingen) an die S 60 (Böblingen-Renningen) scheiterte, weil die Bahn um 15.04 Uhr ausfiel. Warum? Es gab, so die Durchsage am Bahnsteig, eine „kurzfristige Erkrankung“. Was ist das? Ist der Bahnlenker zu spät vom Mittagsschlaf erwacht? Hatte er einen allergischen Hustenanfall – kein Wunder bei der Wärme – oder sich beim Schälen eines Apfels in den Finger geschnitten? Vielleicht aber war es auch etwas Schlimmes: ein Herzinfarkt zum Beispiel. Da könnten wir ja froh sein, denn derlei Attacken während der Fahrt wären ziemlich bedrohlich. Was einen aber schon wundert: Gibt es bei der Bahn keinen Bereitschaftsdienst, der bei solchen kurzfristigen Erkrankungen einspringt. Offenbar nicht. Wahrscheinlich muss die Bahn nach der Tariferhöhung kräftig sparen. Dafür eignet sich der Verzicht auf eine personelle Notreserve vorzüglich.

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Gesellschaft Gewerkschaft

Immobile Totengräber

Es fällt schwer, nicht ausfällig zu werden. Dass es in Deutschland ein Streikrecht gibt, ist eine Errungenschaft, die den arbeitenden Menschen Schutz vor Ausbeutung bieten soll. Es ist das letzte Mittel, wenn man durch Verhandlungen keinen ausreichenden Erfolg hat. Vor einigen Jahren wurde der Warnstreik erfunden. Er ist nicht die ultima ratio des Tarifkonflikts, sondern sein Einstieg. Die GDL mit ihrem vor dem Ruhestand stehenden Boss W. benutzt derzeit den Warnstreik auf besonders perfide Weise. Von heute auf morgen den Zugverkehr lahmzulegen ist ein starkes Stück. Wenn ich die Geschichten hochrechne, die mir als Folgen dieses Ausstands in den letzten Stunden erzählt wurden, dann tut sich ein Jammertal auf, das seinesgleichen sucht. Was alles gestört, ja zerstört wird durch diesen sinnlosen Streik, geht auf keine Kuhhaut. Da beschließt ein diktatorischer Gewerkschaftsführer, dass alle Räder stillstehen sollen, weil sein starker Arm es will. Was er damit den betroffenen Menschen antut, ist ihm absolut egal. Der Deutschen Bahn beschert es allenfalls ein wenig Mehrarbeit – Züge streichen und die Apps mit wahrscheinlich ungenauen Daten füttern. Die Opfer sind die Fahrgäste, die für ihre Fahrten zahlen und damit den Zugführern Lohn und Brot sichern. Die dagegen tun alles, den Menschen das Bahnfahren zu verleiden. Die notwendige Verkehrswende und also auch der Klimawandel sind diesen Typen so was von egal. Und ihre Forderungen: 11 % mehr Gehalt (die würden sie sogar bekommen), 3000 € Einmalzahlung (die würden sie fast bekommen) und die Krönung: 35 Stunden Arbeitszeit statt 38 bei vollem Lohnausgleich, also nochmals fast 8 % mehr Gehalt. Das ist vollkommen überzogen. Wenn die Bahn nachgibt, steigt der Preis für die Fahrkarten ins Unerschwingliche. Nein, Herr W. so nicht!