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Verwaltung

Achtfacher OB

Es gibt in Sindelfingen eine Stadtzeitung, das „Amtsblatt“, wie es auch genannt wird. Auf einer Seite kann die Verwaltung darin der Bürgerschaft kundtun, was ihr wichtig geworden ist in der zurückliegenden Woche. Der inzwischen in den Ruhestand getretene OB zeigte sich auf dieser Seite gerne auf Fotos mit Bürgerinnen und Bürgern. Sein Rekord: sieben Konterfeis auf einer Seite. Seit August hat die Stadt einen neuen OB. Man durfte gespannt sein, wie er sich in der Fotofrage platzieren würde: zurückhaltender oder noch eitler. Nun wissen wir es. In der neuen Ausgabe der Stadtzeitung, Nummer 38 vom 19. September, sieht der beglückte Bürger „seinen“ OB gleich acht Mal: unter anderem bei einer Mode Fashion, in einem Ruderboot, als Maurer und im Freibad. Er ist offenbar ständig unterwegs und lächelt in die Kamera. Natürlich ist dem Schreiber dieser Zeilen klar, dass der Neue alles tun muss, um bekannt zu werden. Die Sindelfinger sollen wissen: Ihr habt einen Bürgermeister, der überall präsent und sich nicht zu schade ist, die Aktivitäten in „seiner“ Stadt (Modeschauen, Festivitäten, sogar die Altenpflege) zu würdigen. Man fragt sich: Wann arbeitet der Mann eigentlich? Wann sitzt er an seinem Schreibtisch, wann berät er sich mit seiner Mitarbeiterschar, wann leitet er eine Sitzung der gewählten Gremien? Aber vielleicht sehen wir davon demnächst auch Fotos in der Stadtzeitung.

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Marode Infrastruktur

Zwei schwierige Wörter: Das Adjektiv kommt aus dem Französischen. Es erinnert an die Marodeure, die einst in Deutschland wüteten, Soldaten, die raubend, mordend und zerstörend von jenseits des Rheins kamen. Ein dunkles Kapitel aus der Zeit deutsch-französischer Feindschaft. Das Substantiv ist lateinischen Ursprungs und drückt hier aus: das Gesamte alles Gebauten, was für die Mobilität und den geregelten Alltag des Landes wichtig ist, also Straßen und Wege, Brücken, Schienen und die darauf fahrenden Bahnen, Flugplätze, auch öffentliche Einrichtungen wie Parkplätze, Spielplätze, Parks, Ämter, Schulen … Von all dem wird gesagt, es sei marode. Die Marodeure waren nicht französische Soldaten und Freischärler, sondern wir alle, indem wir die Infrastruktur benutzten und damit abnutzen. Nun weiß jeder, der etwas ständig in Gebrauch hat, dass es irgendwann ersetzt oder wenigstens repariert werden muss. Beides kostet Geld. Wer das weiß, legt Geld dafür zurück. Man nennt das auch Rücklagen. Auch unsere Infrastruktur muss laufend erneuert werden. Kluge Verantwortliche legen dafür Geld in den öffentlichen Haushalten zurück, damit sie das Marode wieder instand setzen können. Das muss laufend geschehen, denn wenn man alles auf einmal reparieren muss, geht nichts mehr. An diesem laufenden Instandsetzen hat es in den letzten Jahre (Jahrzehnten?) gefehlt. Jetzt ist der Jammer groß und das Geld knapp. Knapp sind auch die Menschen, die das Erneuerungswerk vollbringen müssen. Das ist kein Staatsnotstand, aber ein ständiges Ärgernis. Jenen, die fragen, warum manche Bürger so verdrossen sind, könnte man sagen: Weil es an der haushalterischen Stetigkeit gemangelt hat, weil man sich ärgert, wenn Straßen schlecht sind, Brücken zerbröseln, Fahrpläne nicht gelten, Parks vergammeln, Ämter überlastet sind usw.

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Sprachliche Integration

Das große Versprechen lautete: „Wir schaffen das.“ Es wurde nicht eingehalten, denn wir haben es nicht geschafft. Deutschland schlägt sich seit Jahren mit den Problemen der Migration herum. Die rasche Eingliederung der vielen, die zu uns gekommen sind, ist nicht geglückt. Unsere ausufernde Bürokratie schafft es weder, Asylanträge rasch zu bearbeiten, noch die Qualifikationen der Neuen zu bewerten und anzuerkennen. Dabei brauchen wir sie dringend. Es fehlt an Ärzten, Pflegekräften, an Facharbeitern und Lehrkräften. Die Kitas brauchen dringend mehr Personal, es mangelt an Bauarbeitern und Busfahrern, an Polizisten und Handwerkern. Unter den Millionen zugewanderter Menschen müssten sich doch einige finden, die diese Aufgaben übernehmen könnten. Stattdessen sitzen sie monate-, ja jahrelang in Lagern. Sie verlieren ihre Motivation. Manche kommen auf dumme oder böse Gedanken. Denn die Propagandisten übler Ideologien sind aktiver als unsere Verwaltungen. Neben der bürokratischen „Bearbeitung“ liegt auch die sprachliche Eingliederung im Argen. Sie ist, wie jeder weiß, die Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft. Aber sie misslingt oft schon im Kindesalter. Was schon lange bekannt ist, scheint nun auch in den Köpfen der baden-württembergischen Schulverwaltung angekommen zu sein. Offenbar weiß man sogar dort inzwischen, dass der Grundschulunterricht unter den sprachlichen Defiziten der Kleinen leidet. Dagegen will man nun etwas tun. Das ist lobenswert, aber ich kann mir einige Fragen nicht verkneifen: Warum geht ihr dieses Problem erst jetzt ernsthaft an? Warum habt ihr die Sprachförderung lange Zeit nur auf Sparflamme betrieben? Und warum habt ihr nicht schon längst den Eltern gegenüber Druck gemacht, wo doch seit Jahren bekannt ist, woran es hapert?