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Gestenreicher Tag

Der Präsident und die Präsidentin des Parlaments haben es vorgemacht. Er überreichte ihr eine Kopie seiner Rede zur Lage der Nation. Sie wollte ihm die Hand schütteln. Er zog sie zurück. Dann hielt er seine Rede, in der es weniger um die Nation als um ihn selbst und seine grandiosen Erfolge ging. Beifall der Republikaner – da nimmt die Vorsitzende die Kopien der Rede und reißt sie (in zwei Tranchen) durch. Wie steht es um ein Land, in dem die einfachsten Regeln der Höflichkeit außer Kraft gesetzt sind? Szenenwechsel. Nach der Wahl des Ministerpräsidenten im Lande Thüringen sind manche perplex, manche jubeln, manche niedergeschlagen. Es gehört sich, dem Sieger zu gratulieren. Auch die Vertreterin der Linken hat das vor. Ihre Blumen waren für einen anderen bestimmt. Sie wirft sie dem Wahlsieger vor die Füße. Eine Beleidigung sollte das wohl sein. Ein Ausdruck der Verachtung und des Hasses auf „die Bürgerlichen“. Und das in einem Parlament! Wie steht es um ein Land, in dem die einfachsten Regeln der Höflichkeit außer Kraft gesetzt sind? Und noch ein Nachsatz: Es gab eine Zeit, da überboten sich die „etablierten“ Parteien in dem Gelöbnis, nie mit den Linken zu koalieren. Schließlich waren sie (und sind es immer noch) die Erben der kommunistischen DDR-Diktatur. Das hat man inzwischen völlig vergessen und auch das Geschehen von einst verziehen. Müssen wir alle heute die (ganz) Roten lieben und ihnen auch jegliche Unhöflichkeit (und ihre Politik dazu) durchgehen lassen?

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Amerikanische Missbrauchsgeschichte

Misshandlung Schutzbefohlener, dieses Thema treibt unsere Gesellschaft seit Jahren um. Auch in den USA gibt es das, verstärkt durch Rassismus. Das zeigt ein neuer Roman des amerikanischen Erfolgsautors Golson Whitehead (Die Nickel Boys, Verlag Hanser). Er hat das Erziehungsinstitut Nickel zwar erfunden, es aber nach einer tatsächlichen Einrichtung gestaltet. Die Story: Der junge, mittellose Elwood ist per Anhalter unterwegs zu seiner Highschool. Unterwegs nimmt die Polizei den Fahrer fest und auch den jungen Mann, der einfach nur mitfährt. Das Auto war gestohlen. Elwood wird wie ein Mittäter behandelt. Das Gericht weist ihn ins Nickel ein; dort soll er zu einem guten Staatsbürger erzogen werden. Das Nickel ist ein staatliches Heim, in dem Hunderte weißer und vor allem schwarzer Kinder und Jugendlicher unter kläglichen, ja brutalen Bedingungen untergebracht sind. Wer nicht spurt, wird eingesperrt, geschlagen, gefoltert, manchmal auch getötet. Es gibt einen eigenen Friedhof für die toten Boys des Nickel. Die Heimleitung und das Personal sind korrupt, man spart an allem, auch bei der Ernährung. Lebensmittel werden verkauft. Der Erlös wandert in die Hände der Heimaufsicht. Die „Erzieher“ sind Sadisten ohne jedes Mitgefühl. Die Zustände in diesen Heimen wurden bekannt, als vor ein paar Jahren Archäologiestudenten die Leichen gefolterter Insassen ausgruben. Erst dann hat man sich die Heime genauer angesehen. Viel zu spät, um den für ihr ganzes Leben traumatisierten und deformierten Heimbewohnern noch Genugtuung zu verschaffen. Heime wie das Nickel sind ein weiteres dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte.

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Die USA und meine Geheimnisse

Nachdem der Verfasser dieser Zeilen einen neuen Vertrag mit seiner Bank über die online-Nutzung seiner Konten unterschrieben hat, fragt er den Berater: „Und können Sie ausschließen, dass diese Daten an die USA weitergeleitet werden?“ – „Nein, das kann ich nicht.“ Ich könnte ja, muss ich mir hinzudenken, mit diesen Konten allerlei Geldwäsche betreiben und mit dem gewaschenen Geld terroristische Aktionen unterstützen. Das könnte ich natürlich. Mein Leben würde dadurch eine neue Wendung nehmen.

Der Bundespräsident ist glücklich über die genaue Überwachung aller Menschen. Es erhöhe sein Gefühl für Sicherheit, hat er gesagt. Aber natürlich soll alles nach gesetzlichen Regeln ablaufen. Um wessen Gesetze geht es dabei? Haben unsere Parlamente die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass die Amerikaner (und die Briten und?) unsere elektronische Kommunikation nach Verdächtigem durchstöbern? Wenn ja, dann habe ich nicht aufgepasst.

An dieser Stelle möchte ich deutlich machen, dass auch ich kein Opfer des islamistischen Terrors werden will. Aber mein Gefühl für Sicherheit sinkt eher, wenn ich weiß, dass unsere Freunde in den USA digitale Akten über mich anlegen, dass 800000 Menschen Zutritt zu meinen kleinen Geheimnissen haben, dass sie wissen können, von wem ich Geld erhalte und wofür ich es ausgebe. Noch unsicherer macht es mich, für einen potenziellen Staatsfeind gehalten zu werden. Das, lieber Herr Gauck, sind keine guten Gefühle.