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Vernachlässigte Kinder

Natürlich sind nicht alle Kinder in der Krise, es gibt viele, die mit dem heimischen Lernen klarkommen. Das liegt zum großen Teil an ihren Eltern, die mit der Situation unter Mühen zwar, aber doch einigermaßen fertig werden. Es liegt gewiss auch an jenen Lehrerinnen und Lehrern, die sich große Mühe geben, dem unnatürlichen Zustand des ständigen digitalen Lernens einen Hauch von persönlicher Zuwendung zu geben. Es liegt auch an den Schulleiter*innen, die versuchen, die Rahmenbedingungen dieses gestörten pädagogischen Zustands so erträglich wie möglich zu gestalten. Und es liegt nicht zuletzt an den kommunalen Verantwortlichen, die mehr tun als man von Behörden üblicherweise erwarten kann. Das alles sei im Blick, wenn man dennoch die Feststellung treffen muss, dass es so nicht weitergehen kann. Viele, die mit Kindern zu tun haben, erheben ihre warnende Stimme, weisen auf die Gefahren für Leib und Leben der Schülerinnen und Schüler hin, befürchten Schlimmes für die Ausbildung und Bildung der Corona-Jahrgänge. Wenn es in normalen Zeiten das Ziel von Erziehung und Bildung ist, dass kein Kind, kein Jugendlicher „auf der Strecke“ bleibt, dass niemand „verloren“ geht, dann muss man in diesen unnormalen Zeiten konstatieren, dass die pädagogisch Tätigen nicht wenige ihrer Klientel aus dem Auge verloren haben, dass sie nicht wissen, was dieser Junge oder jenes Mädchen tut oder nicht tut, was sie noch wissen, was sie vergessen haben, nicht mehr können oder noch nie gekonnt haben. Wenn diese Kinder eines Tages wieder in einem Klassenraum sitzen, wird es ein ganz wichtiges, aber sehr schwieriges Unterfangen sein, zu erheben, woran es ihnen mangelt – und es ihnen dann zu vermitteln. Aber woher soll die Zeit herkommen, das zu leisten? Häckerling hofft, dass man in den Schulverwaltungen intensiv über Konzepte brütet, wie man die pädagogischen Folgeschänden der Pandemie beheben kann.

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Verunsicherte Verimpfer

Das Präfix ver- gehört zu den variabelsten unserer Sprache. Es gibt Hunderte von Verben, die so beginnen, positiv klingende (versichern, sich vergnügen, vernaschen) und negativ anmutende (verlieren, verletzen, verkrampfen, verraten) oder auch neutral wirkende (verleihen, vermuten, verschieben, verrücken). Zu diesen Neutralen gehört auch das neue Verb „verimpfen“. Es ist so neu, dass es weder dieses Schreibprogramm noch die gängigen Wörterbücher kennen. Gemeint ist ein Vorgang des Verbrauchens: Ein Impfstoff wird heutzutage nicht mehr „ge“-, sondern verimpft. Er befindet sich zunächst in einem Fläschchen, gelangt dann in eine Spritze, wird durch die Haut des Oberarms gepumpt, lagert dort eine Weile subkutan und verbreitet sich anschließend im Körper, wo er seine segensreiche Wirkung entfaltet. Mit dem „ver-“ verbindet sich die Assoziation, dass der Impfstoff möglichst rasch seinem Zweck zugeführt, quasi vernichtet wird und dem Virus, das der Menschheit ziemlich zu schaffen macht, an den Kragen geht oder an seine Ärmchen. Die Impfstoffe sind verschieden, vermutet man, angeblich unterscheiden sie sich in ihrer Wirksamkeit. Daher sind sie auch unterschiedlich beliebt. Einer wird sogar verschmäht und liegt nun ungenutzt in den Kühlschränken. Aber die Politik ist um eine Lösung nicht verlegen: Eine Zielgruppe bietet sich für ihn an, die Lehrerschaft. Die Lehrkörper und die Leiber der Kita-Mitarbeiterschar sind die idealen Empfänger dieses britisch-schwedischen Produkts. Von einem Tag auf den anderen wurden sie als Zielgruppe ausgemacht. Man ordnet sie nun in die Gruppe 2 ein, zu den 70- bis 79-Jährigen, den Polizist*innen und den geistig Kranken. Die Gruppe 2 ist nach der Gruppe 1 mit dem Impfen dran. Aber unter denen gibt es noch viele Volatile, die auf den Piks warten. Aber bald werden wir die Leute der Gruppe 1 vergessen haben. Denen dürfte es irgendwann egal sein, ob sie immun gegen Covid-19 sind. Warum? Es wird sie nicht mehr geben, weil sie inzwischen verstorben sind.

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Volatile Grenzwerte

Wir müssen neue Zahlen lernen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Als wir noch bei 200 lagen, war das Ziel klar: runter mit der Inzidenz. Jene, die uns regieren, wurden nicht müde, von der Zahl 50 zu reden. Die Begründung war einleuchtend. Bei dieser Ansteckungsrate sei es den Gesundheitsämtern möglich, die Infektionskette nachzuverfolgen. Mit der annoncierten Software Sormas bestünde sogar die Möglichkeit, das Nachverfolgungsziel bei höheren Werten zu erreichen. Aber nun geschah etwas Seltsames. Je näher wir der 50 kamen, desto unwichtiger wurde sie. Seit ein paar Tagen gilt die 35, auch im Fernsehen bei den Balkengrafiken. Nun bestreitet niemand, dass 35 niedriger ist als 50 und eine niedrigere Inzidenz besser ist als eine höhere. Eine andere Begründung für die 35 bekommen wir aber nicht. Geht es vielleicht um die Krankenhausauslastung? Aber inzwischen geistern noch weitere Zahlen durch die Medien, die 10 zum Beispiel. Sie wird von Virolog*innen favorisiert. Zwischen 50 und 35 liegen 15 Punkte, zwischen 35 und 10 sind es 25. Damit man Häckerling nicht missversteht: 10 ist besser als 35 und 35 ist besser als 50. Und 50 ist deutlich besser als 200. Aber nun gibt es ja unter der 10 noch weitere zehn Zahlen, wenn man die Null einbezieht. Zwei Bewegungen ringen hier miteinander: die no-Covid-Gruppe und zero-Covid-Gruppe. Die Gruppe zero ist radikaler als die Gruppe no. Letztere wäre auch mit 7 zufrieden, zero will die Null. Natürlich ist 0 besser als 7, und 7 ist besser als 10 etc. Zum Glück gibt es unter der Null nur noch Minuszahlen. Die kann man zwar bei Strafzinsen ins Spiel bringen, aber nicht bei Covid-19 und seiner Mutantenschar. Mal sehen, welches Ziel die Merkel-MP-Gruppe am 7. März ausgibt. Ich schlage 17 vor, 1 Kanzlerin plus 16 MPs.