Kategorien
Politik Schule

Miese Leistung

Die baden-württembergischen Grundschüler zeigen – wenn man den Durchschnitt betrachtet – schwache Leistungen beim Lesen und Schreiben. Das hat das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen festgestellt. Ein Fünftel erreicht nicht den Mindeststandard beim Lesen, mehr als ein Viertel hat Probleme mit der Rechtschreibung. Diese Feststellung ist bar jeder Originalität, denn das ist schon seit Jahren so. Leider hat das Wissen darum nichts geändert. Wer trägt dafür die Verantwortung? Natürlich in erster Linie die Grundschullehrkräfte, denn sie sind es, die ihren Unterricht so gestalten müssen, dass am Ende der Grundschulzeit jedes Kind lesen und schreiben kann. Nun gibt es eine Ausrede, die wir seit Langem in allerlei Variationen hören: Es liegt an den Schülerinnen und Schülern. Sie haben entweder einen Migrationshintergrund oder sind sozial nicht gut aufgestellt oder beides. Mit anderen Worten: Die Schule hat die falschen Schüler, deshalb ist sie nicht erfolgreich. Könnte es sein, dass die Pädagogen es versäumt haben, sich auf die realen Zöglinge einzustellen? Aber sie haben zum Glück noch eine weitere Ausrede: Die Politik hat versagt. Daran könnte etwas dran sein. In der Regierungszentrale müsste es sich ja allmählich herumgesprochen haben, welche Kinder tatsächlich in den Schulen sind. Diese Kinder brauchen einen bestimmten Unterricht und eine andere Weise des Umgangs. Sie müssen (welches Wort!) etwas lernen, also bestimmte Zusatzstunden besuchen, nicht freiwillig, sondern verpflichtend. Dazu genügen die bisherigen erzieherischen „Zwangsmittel“ nicht. Also muss man sie ändern. Das kostet kein Geld, sondern nur Entschlossenheit. Geld würde es kosten, kleine Lerngruppen zu bilden, in denen spezielle Defizite aufgearbeitet werden. Aber mit dem Geld hat es Grün-Schwarz nicht so. Baden-Württemberg rangiert bei den Bildungsausgaben eher hinten.

Kategorien
Geschichte Gesellschaft Recht

Offene Fragen

In Sindelfingen gab es am 15. November einen zweieinhalbstündigen Geschichtsunterricht im Odeon, dem Saal der Jugendmusikschule. Gesprochen hat der österreichische Historiker Stefan Karner. Sein Thema: Siegfried Uiberreuther. Er war in den Jahren 1938 bis 1945 der mächtigste Mann der Steiermark und ein gehorsamer Diener seiner nationalsozialistischen Herren. Er hat viele Menschen auf dem Gewissen und war vor auch an der Erstellung des sinnlosen Ostwalls beteiligt, der Tausenden jüdischen Mitmenschen das Leben gekostet hat. In Eva Menasses Roman „Dunkelblum“ lässt sich diese üble Geschichte nachlesen. Uiberreuther hat es nach dem Krieg geschafft, sich der fälligen Strafe zu entziehen. Er floh und galt lange Zeit als verschollen. Manche vermuteten ihn in Argentinien. Erst Jahre nach seinem Tod 1984 wurde öffentlich bekannt, dass er mit seiner Familie in Sindelfingen Unterschlupf gefunden hatte. Die Familie bestand aus seiner Frau, einer geborenen Wegener, die Tochter des berühmten Geowissenschaftlers Wegener, und aus drei Söhnen, die alle in Sindelfingen eine neue Identität bekommen haben. Die Firma Bitzer nahm Uiberreuther, der sich nun Schönharting nannte, als Mitarbeiter auf, die Stadtverwaltung Sindelfingen versorgte ihn mit neuen Papieren. Am Ende der Veranstaltung blieben einige Fragen offen: Warum ging der Kriegsverbrecher aus der Steiermark ausgerechnet nach Sindelfingen? Hat er dort in frommen Kreisen Verständnis für seine mörderische Vergangenheit bekommen? Welche Rolle hat der damalige Oberbürgermeister gespielt, den man auch zu den Frommen im Lande Württemberg zählen durfte? Wer hat sonst noch Bescheid gewusst, den Mund gehalten und sich damit der Strafvereitelung schuldig gemacht?

Kategorien
Gesellschaft Literatur

Schwedischer Pandemiekrimi

Die Corona-Pandemie bietet den Kriminalschriftstellern reichlich Stoff. Das erfolgreiche schwedische Autorenpaar Börjlind hat sich als Drehbuchverfasser von TV-Serien wie „Kommissar Beck“ einen Namen gemacht. „Die Springflut“ war ihr erster Roman, dem weitere folgten, die zum Teil verfilmt wurden. Mit dem neuen Krimi „Der gute Samariter“ (erschienen 2022 bei btb) tauchen sie tief ein in die Welt der Seuche. Infizierte kommen auf die Intensivstation und ringen dort mit dem Leben, Krankenschwestern und Ärzte opfern sich auf, das öffentliche Leben verarmt. Zwei Morde lösen eine komplizierte Fahndung aus. Die Opfer sind Frauen, Mutter und Tochter. Die Ermittlungen führen in eine Szene, die auch uns in Deutschland vertraut ist, zu den Impfgegnern und ihren zum Teil abstrusen Ideen und Wahnvorstellungen. Die Warnungen vor dem Impfen beschränken sich dabei nicht auf verbale Attacken und Drohungen. Es gibt offenbar eine kriminelle Szene, die der Impf-Angst mit vergifteten Ampullen nachhelfen will. Vier Ermittlerinnen arbeiten die Hand in Hand: Olivia, Lisa, Isidora und Mette. Auch Oskar, der eigentlich mit der Aufklärung von Drogenverbrechen beschäftigt ist, kommt auch noch ins Spiel. Er ist in das Geschehen verwickelt, weil es sich bei den Getöteten um seine Mutter und seine Schwester Sara handelt. Steckt hinter den Verbrechen die Anti-Impf-Mafia? Die beiden Autoren bieten eine zwar komplizierte, aber schlüssige Story. Sie erzählen sie rasant, mit vielen interessanten Nebenfiguren und raschen Szenenwechseln. Die Auflösung des Falles ist plausibel. Ein erhofftes Happyend tritt tatsächlich ein.