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Ratlose Ratgeber

Ein Virus geht um in Europa – und nicht nur dort. Es ist nicht das erste Virus, aber das bisher einzige, das unsere Gesellschaft ziemlich durcheinander bringt. Wir sollen Abstand halten, Kontakte meiden, nicht ins Kino oder Theater gehen, die Hände häufig waschen, Mundschutz tragen. Und warum? Um Ansteckungen zu vermeiden, um die Verbreitung des Virus zu „verlangsamen“. Nur dann seien die Kliniken in der Lage, Schwerkranke aufzunehmen. Das leuchtet alles ein. Das hat auch geklappt. Die Bremsung der Epidemie ist gelungen. Oder doch nicht? Viele Klinikbetten werden nicht gebraucht, Ärzte und Pflegende stehen vor Kurzarbeit. Die Erträge der Krankenhäuser brechen ein. Der Staat wird ihnen irgendwann Geld zuschießen müssen. Er hat offenbar genug. Die Diskussionen über Lockerungen des Lockdown werden intensiver. Die Kanzlerin nennt das „Lockerungsorgien“. Sie will nicht, dass wir den Lockungen des Exits erliegen und locker lassen beim Kontaktvermeiden. Als Begründung wird gegeben, was weiter oben im Text steht. Merkel folgt offenbar dem Rat des Robert-Koch-Instituts. Dort redet man von einem zweiten Ausbruch, den es zu verhindern gelte. Vielleicht haben sie ja Recht. Aber es wäre schön, wenn man ihren Argumenten folgen könnte. Wie lange soll R unter 1 liegen? Oder ist R völlig belanglos? Auf wie viel Prozent soll die tägliche Zuwachsrate der Infizierten sinken? Wie soll das Verhältnis zwischen Neuinfizierten und Gesundeten sein? Haben wir das Ziel erreicht, wenn es mehr Gesunde als Infizierte gibt? Nützt der Mundschutz (auch Maske genannt) überhaupt etwas? Wie muss er beschaffen sein, dass er etwas nützt? Reicht schon ein Schal, wie MP Kretschmann meint? Machen es die Schweden besser oder sind sie auf einem gefährlichen Weg? Wann kommt eigentlich die berühmte App, die verrät, wo es Infizierte gibt? Sind Kinder als Überträger gefährlich oder harmlos? Auf solche und andere Fragen gibt es nur dürftige Antworten. Wollen die Fachleute nichts sagen oder können sie es nicht, weil sie zu wenig wissen? Noch was: Wann muss Herr Scholz eigentlich die Notbremse ziehen, weil sogar seine Möglichkeiten, Geld zu erzeugen, erschöpft sind? Hat er ein Konzept, wie diese Schulden bezahlt werden? Wenn alle gerettet sein werden (Luftfahrt, Automobilindustrie, Kurzarbeiter, Künstler etc.), sind wir dann noch zu retten? Offenbar gilt: Kommt Zeit, kommt Rat. Wenn er denn kommt.

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Geschützte Datensphäre

Die App, die unsere Virus-Probleme lösen soll, sie will einfach nicht kommen. Wahrscheinlich sind es nicht so sehr die Programmierhürden, die zu überwinden sind, sondern die Hürden durch rechtliche Vorgaben. Die App soll freiwillig genutzt werden. Aber sie soll auch etwas bringen, wie in Südkorea, heißt es, wo man das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben nach ihrer Einführung freier gestalten konnte. Aber in Südkorea ist die App nicht freiwillig, sondern verpflichtend. Das will man hier nicht. Und man will auch die Grundsätze des Datenschutzes streng beachten. Das klingt edel, ist aber unsinnig. In Zeiten des rigorosen Eingriffs in Grundrechte soll ausgerechnet der Datenschutz dem Gesundheitsschutz übergeordnet sein? Man möge mich nicht falsch verstehen. Ich bin für den Datenschutz. Aber warum kann er nicht auch – wie die anderen massiven staatlichen Eingriffe – befristet außer Kraft gesetzt werden, und zwar mit der Begründung, dass wir damit mehr früher andere Freiheiten zurückbekommen und den Virus rascher besiegen könnten? Wir sind zurzeit ein Rechtsstaat, der seinen Bürgern – gewiss zu Recht – Freiheitsrechte vorenthält. Ein solcher Zustand darf nicht zu lange dauern. Wenn uns die Einschränkung des Datenschutzes dem Schutz der Gesundheit rascher näher brächte, wäre – so meine bescheidene Meinung – eine zeitweise Ungeschütztheit der Mitteilung, ob ich angesteckt bin oder nicht, zu vertreten.

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Heilige Ferien

Der Aufschrei kam prompt. Als Bundestagspräsident Schäuble (übrigen im Einklang mit Häckerling) ein Nachdenken über die Nutzung der Schulferien zur Kompensation virusbedingter Lerndefizite ins Spiel brachte, fielen fast alle über ihn her. Ein renommierter Jungsozialist betonte das Recht auf Familienferien. Aber welche Familie kann sich sechs Wochen Nordsee leisten? Die Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg verwies darauf, dass manche Eltern den Urlaub schon gebucht hätten, es also Probleme geben könne, wenn es dann keine Ferien mehr gebe. Als ob in den letzten Wochen nicht zahlreiche Urlaubsreisen hätten storniert werden müssen. Aber man sollte in diesem Zusammenhang bedenken, dass Frau E. nächstes Jahr gewählt werden will und es daher mit niemandem verderben darf. Ein Lehrerverband hat darauf hingewiesen, es sei sinnlos über die Nutzung der Ferien für Unterricht nachzudenken, solange es kein pädagogisches Gesamtkonzept gebe. Wenn das von der KMK kommen soll, ist allerdings alle jede Hoffnung vergebens. Aber warum sollten die deutschen Schulen nicht in der Lage sein, ein Konsolidierungs- und Kompensierungskonzept für die Nach-Corona-Zeit zu entwickeln? Man kann den Lehrenden schon einiges zutrauen. Dass der Tourismus-Verband aufschreit, weil er seine Verluste mit Elternurlauben kompensieren will, versteht man. Und wie ist es mit dem Recht der Lehrkräfte auf 80 freie Tage im Jahr? Dieses Recht gibt es, mit Verlaub, nicht. Ergo: Wenn man in BW den August für die Ferien freihielte, müsste eine erholte Rückkehr der Kinder am 1. September möglich sein.